Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Neuer Ärger beim FC Bayern Tuchels Verhalten hat Konsequenzen
Schon wieder gibt es Diskussionen um Thomas Tuchel. Ist sein Verhalten Bayern-like? Und: Kann der Klub ihm jetzt noch seine Transferwünsche erfüllen?
Der FC Bayern hat Borussia Dortmund im Bundesliga-Topspiel mit 4:0 geschlagen, doch der fulminante Sieg ging unter im Ärger um Cheftrainer Thomas Tuchel. Mit Ironie und Sarkasmus begegnete der 50-Jährige den Experten von Sky um Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. "Warum haben wir heute gewonnen? Trotz des Risses in der Mannschaft und der fehlenden Entwicklung?", fragte er provokant in die Runde. Die Sky-Experten Matthäus und Dietmar Hamann hatten Tuchel unter der Woche rund um das peinliche Pokal-Aus in Saarbrücken für eine ihrer Meinung nach fehlende Weiterentwicklung der Mannschaft kritisiert.
Tuchel brach das Interview am Sky-Tisch anschließend sogar ab und ließ die Runde mit einigen Fragezeichen zurück: Warum reagiert er so impulsiv? Wie verhält sich Tuchel erst, wenn Bayern eine echte Krise durchlebt? Steckt vielleicht mehr hinter dem Frust?
Ein Thema, das den Trainer bereits die ganze Saison beschäftigt und auch frustriert, ist der Kader, der in Tuchels Augen zu dünn ist. Gerade weil den Klub in den letzten Wochen extreme Verletzungssorgen plagen, er in fast jedem Spiel improvisieren muss. Seine Hoffnungen ruhen auf der Wintertransferperiode. Der "Kicker" berichtete jüngst, dass Tuchel im Optimalfall im Winter auf zwei bis drei Neuzugänge hoffen darf. Ehrenpräsident Uli Hoeneß sagte dazu: "Unser Trainer kriegt alles, was notwendig ist." Fraglich ist allerdings, ob dieses Versprechen nach dem erneuten Ärger um Tuchel noch gelten darf.
Sollte Bayern Tuchel wirklich alle Transferwünsche erfüllen?
Ja, Tuchel weiß am besten, was er braucht
Im DFB-Pokal ist Bayern raus, in der Liga hat man mit Leverkusen einen bärenstarken Konkurrenten um den Meistertitel. Die Diskussion um den Kader ist längst neu entfacht und das Team hat enormes Verletzungspech. Wenn in dieser angespannten Situation der Trainer Alarm schlägt und Zugänge im Winter fordert, dann muss man darauf eingehen. Tuchel weiß am besten von allen, welche Spieler er braucht, um mit Bayern eine erfolgreiche Rückrunde spielen zu können. Die Klubbosse sollten ihm deshalb jeden Transferwunsch erfüllen.
Gerade in der Defensive muss Bayern nachlegen. Der Bereich ist zu schwach besetzt. Ein Innenverteidiger muss her, dazu einer für die rechte Seite und noch Spieler für das defensive Mittelfeld. Wenn man diese Positionen mit Topleuten neu besetzt bekommt, kann die Bayern-Saison ein Erfolg werden. In der Liga und der Champions League ist weiter alles möglich. Sollte Tuchel aber nicht das bekommen, was er will, kann die Spielzeit auch in einer Katastrophe enden.
Denn Bayern würde dann riskieren, dass das Team ohne Titel bleibt und man einen Trainer (oder dann bereits Ex-Trainer) hat, der sich auf die nicht erfüllten Transfer-Forderungen zur Winterpause berufen kann. Das würde erneut für enorme Unruhe im Verein sorgen. Und damit hätte keiner irgendwas gewonnen.
Nein, Bayern darf seine Philosophie nicht ändern
Ein bisschen Kritik von Matthäus und Hamann – und schon gerät Tuchel außer Kontrolle. Sein Auftritt nach dem Sieg gegen Dortmund? Ironisch, kurz angebunden, genervt, flapsig und eines Bayern-Trainers unwürdig. Es ist die Rückkehr von "Taschentuchel", wie er in Mainz und Dortmund hinter seinem Rücken genannt wurde, weil er nach Niederlagen oft ein schlechter Verlierer war. Und eine Frage bleibt offen: Wie benimmt sich Tuchel erst, wenn Bayern in einer echten Krise steckt?
Was hat das alles mit den Transferplänen im Winter zu tun? Ganz einfach: Tuchels Verhalten hat Folgen für die Transferpolitik. Die muss es haben. Denn der FC Bayern kann mit so einem unprofessionellen Trainer nicht langfristig planen und ihm entsprechend auch nicht alle Wünsche erfüllen. Zumal Tuchel natürlich nur an kurzfristige Hilfe denkt, nicht unbedingt an eine langfristige Entwicklung des Kaders. Und dann sitzt der Klub womöglich auf neuen und teuren Spielern, mit denen Tuchels Nachfolger nichts anfangen kann.
Ohnehin ist der FC Bayern in den vergangenen 20, 30 Jahren meist sehr gut damit gefahren, sich nicht nur nach einem Trainer zu richten. Ansonsten hätte der Klub zum Beispiel Manuel Neuer 2011 nicht verpflichtet, weil Louis van Gaal mit Thomas Kraft weitermachen wollte. Und wäre wahrscheinlich 2013 auch nicht Champions-League-Sieger geworden.
Sollte es noch ein Argument brauchen, Tuchels Wünsche nicht zu erfüllen: Im Winter sind nur selten gute Spieler zu vernünftigen Preisen auf dem Markt. Die Wintertransfers der vergangenen Jahre? Überwiegend Flops. Welche das waren, verraten wir hier oder oben im Video.
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