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Heim-EM 2024: DFB-Team überzeugt gegen Ungarn defensiv


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DFB-Elf nach dem zweiten Sieg
Das System als größte Schwäche?


20.06.2024Lesedauer: 4 Min.
Jamal Musiala: Er ist bislang der einzige Spieler, der bei dieser EM zweimal getroffen hat.Vergrößern des Bildes
Jamal Musiala: Er ist bislang der einzige Spieler, der bei dieser EM zweimal getroffen hat. (Quelle: Marijan Murat)
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Die deutsche Mannschaft bezwingt Ungarn trotz kleinerer Schwächen verdient. Auch, weil sie eine lange währende Serie beendet hat.

Erinnern Sie sich noch an den 26. Juni 2016? Deutschland gegen Slowenien, Achtelfinale der Europameisterschaft in Frankreich. Deutschland gewinnt dank der Tore von Jérôme Boateng, Mario Gomez und Julian Draxler mit 3:0. Mesut Özil verschießt in diesem Spiel sogar noch einen Elfmeter, doch das schmälert den Erfolg nicht.

Die deutsche Mannschaft sicherte sich souverän das Viertelfinale gegen Italien, das sie wenige Tage später deutlich dramatischer im Elfmeterschießen gewann. Insofern ist der Sieg gegen die Slowenen keiner, der in der Geschichte der Nationalmannschaft von besonderer Bedeutung ist. Nach dem 2:0 der Deutschen am gestrigen Mittwoch gegen Ungarn endete jedoch eine acht Jahre lange währende Durststrecke, die an jenem Abend 2016 in Lille begann.

Der Dreier gegen die Ungarn in Stuttgart markierte nämlich den ersten Zu-Null-Sieg des DFB-Teams bei einem Turnier seit dem Achtelfinalsieg über Slowenien vor acht Jahren. Die Abwehr, über die vergangenen Jahr immer wieder die deutsche Achillesferse, sie machte gegen die Ungarn kaum Fehler – und belohnte sich nun auch auf Turnierebene endlich mit einem Spiel ohne Gegentor.

Ohnehin war es eigentlich absurd, dass Schottland beim Eröffnungsspiel zu einem Treffer gekommen war. Das Eigentor von Antonio Rüdiger war aber mehr der leichten Unachtsamkeit der Deutschen als dem Offensivvermögen der Schotten geschuldet.

Gegen Ungarn passte nun – zumindest ergebnistechnisch – alles. Dass Keeper Manuel Neuer, bis auf zwei späte kleine Wackler, mit einem sehr starken Auftritt (t-online-Note 2), nicht hinter sich greifen musste, hatte er sich selbst und seiner starken Viererkette zu verdanken.

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
1
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Deutschland
32108:2+67
2
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Schweiz
31205:3+25
3
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Ungarn
31022:5-33
4
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Schottland
30122:7-51

Joshua Kimmich ließ sich trotz eines kleinen Wacklers zu Beginn und der einen oder anderen zu gierigen Offensivaktion nicht von seinem überlegten Spiel abbringen. Der Bayern-Spieler rückte immer wieder nach vorne auf, setzte seine Nebenleute mit Übersicht in Szene und vergaß es (meistens) nicht, seine Defensivaufgaben zu erledigen. Gleich zweimal klärte der Rechtsverteidiger in höchster Not.

Maxi Mittelstädt, sein Pendant auf der linken Seite, stach zunächst kaum hervor, hielt er doch seine linke Seite sauber, ohne dass diese übermäßig oft attackiert wurde. Das merkte der Stuttgarter dann auch, weswegen er sich mehr nach vorne wagte. Doch erst im zweiten Durchgang wurde dieser Offensivgeist auch belohnt, der VfB-Profi lieferte in seinem "Heimspiel" die Vorlage zum letztlich gewinnbringenden 2:0 durch İlkay Gündoğan. Auch wenn bei seinen Flanken noch Luft nach oben ist (nur zwei von neun fanden einen Abnehmer): Mittelstädt rechtfertigt seine Startelfeinsätze immer mehr, auch weil er mit sechs Ballrückeroberungen gegen Ungarn einen Topwert aufweisen kann.

Links neben dem VfB-Profi agierte Jonathan Tah von Meister Bayer Leverkusen. Und das nicht etwa wie im Eröffnungsspiel gegen Schottland als etwas unsicherer Mitläufer, sondern als Turm in der Innenverteidigung. Bis auf einen Moment, in dem Leverkusener ein leichter Stellungsfehler unterlief (60.) Minute, überzeugte Tah durchweg. Sechs Pässe ins Angriffsdrittel spielte der 28-Jährige, das 1:0 resultierte aus einer aggressiven Balleroberung Tahs, der zudem für eine Rettungsgrätsche frenetisch vom Stadion-Publikum gefeiert wurde.

Und da wäre zu guter Letzt noch Abwehrchef Antonio Rüdiger. Wie Tah (102 Ballkontakte) ordnete Rüdiger (105) das Spiel von hinten. Ruhe ausstrahlend, immer noch mit einer Spur Wahnsinn im Spiel, aber abgeklärt, ballsicher und mit einem erfrischenden Offensivdrang. Vier seiner langen Bälle kamen an.

Nagelsmanns riskantes System

Doch was wäre die deutsche Defensive ohne ihren heimlichen Chef. Toni Kroos ließ sich immer wieder tief fallen und ordnete das Spiel von weit hinten, wenn auch nicht ganz so überzeugend und fehlerfrei wie noch gegen Schottland. Ex-DFB-Präsident Rainer Koch attestierte dem Real-Star im Gespräch mit t-online gar, "den Libero neu erfunden" zu haben.

Trotz der in Summe überzeugenden Leistung zeigte sich die deutsche Mannschaft auch defensiv nicht immer sattelfest, was allerdings weniger mit der Leistung einzelner Spieler als vielmehr mit dem System zusammenhängt, das Bundestrainer Julian Nagelsmann spielen lässt.

Sowohl gegen Schottland als auch nun gegen Ungarn rückte das DFB-Team sehr weit auf, erzeugte in der zweiten Halbzeit einen handballartigen Kreis, um den Gegner am eigenen Sechzehner einzuschnüren. Ein System, das zu Konteranfälligkeit führt und Mannschaften mit schnellen Spitzen in die Karte spielen könnte. Nagelsmanns riskantes Konstrukt als größte Schwäche der deutschen Mannschaft?

Nicht, wenn man den 36-Jährigen selbst fragt. Auf eine entsprechende t-online-Frage reagierte der Bundestrainer gelassen. "Wir haben die Fähigkeit, Dinge zu erkennen. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir gegen Kylian Mbappé gespielt, da hatte ihn Joshua Kimmich gut im Griff. Wenn eine Mannschaft extreme Konterspieler hat und viel Tempo, kann man Dinge anpassen", antwortete Nagelsmanns.

Gegen die Schweiz am Sonntag kann er nun mit der Gewissheit ins Spiel gehen, dass ein Horror-Szenario abgewendet wurde. Das Debakel-Vorrundenaus, es kann in diesem Jahr nicht mehr passieren. Schon mit einem Punkt gegen die Eidgenossen in Frankfurt stünde man als Gruppensieger fest.

Übrigens: Es wäre das erste Mal seit 2016, dass Deutschland in seiner Gruppe gewinnen könnte. Damals hatte man sich vor die Ukraine, Polen und Nordirland an die Spitze gesetzt. Dann kam Slowenien.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion
  • Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann nach Deutschland - Ungarn
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