Julian Nagelsmann: Bundestrainer kommt an Deniz Undav nicht vorbei

Tore wie am Fließband

Der Neue für Nagelsmann

Beim VfB Stuttgart trumpft Deniz Undav groß auf. Bald wird er wohl auch für die deutsche Nationalmannschaft treffen.

Die Quote kann sich sehen lassen: 13 Tore in 17 Partien. Deniz Undav vom VfB Stuttgart mischt die Bundesliga in dieser Saison ordentlich auf. Und die Leihgabe vom englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion hat sich dadurch auch in den Fokus von Bundestrainer Julian Nagelsmann gespielt.

Das Trainerteam des DFB beobachtet Undav ganz genau. Nagelsmann plant, den in Niedersachsen geborenen Stürmer zu den nächsten beiden Länderspielen im März 2024 einzuladen. Nagelsmann und Undav stehen in Kontakt. Alles andere als eine Nominierung für die Partien gegen die Niederlande (in Frankfurt) und Frankreich (in Lyon) wäre derzeit eine große Überraschung.

Für Deutschland oder die Türkei? Entscheidung steht

Stand jetzt könnte Undav aber tatsächlich auch für die Türkei auflaufen: Seine Familie hat kurdische Wurzeln und stammt ursprünglich aus dem Südosten der Türkei. Im deutschen Kader könnte er wiederum eine Alternative zu BVB-Stürmer Niclas Füllkrug werden. Dass Undav klar zu Deutschland tendiert, machte er jedoch Anfang Dezember nach dem Pokalerfolg über Borussia Dortmund deutlich.

"Ich habe eine Entscheidung für mich selber getroffen. Ich habe mit meiner Familie und meinem Berater gesprochen und dem Bundestrainer signalisiert, was mein Ziel ist", sagte Undav beim Pay-TV-Sender Sky und ergänzte lächelnd: "Einigkeit, Recht und Freiheit. Ich hatte beide Optionen und habe ihm gesagt, dass ich die Chance ergreifen möchte, für Deutschland zu spielen – wenn ich die Chance kriege."

Für den t-online-Kolumnisten Stefan Effenberg ist klar, dass Undav mit zur EM muss: "Für mich ist er Stand jetzt der Stürmer, den Deutschland braucht. Er performt Woche für Woche. Niclas Füllkrug gelingt das bei Dortmund dagegen nicht", so die Einschätzung des früheren Bayern-Spielers.

Und auch Klub-Trainer Sebastian Hoeneß lobte seinen Angreifer in den höchsten Tönen. "Deniz macht genau das, was er machen kann und muss: mit Leistung auf sich aufmerksam. Das macht er richtig gut. Wenn er das weiter so macht, dann hat er Riesenchancen, dann ist fast nicht an ihm vorbeizukommen", so Hoeneß auf der Pressekonferenz vor dem Leverkusen-Spiel über eine potenzielle EM-Teilnahme seines Schützlings. Dass Undav 2024 tatsächlich bei der Heim-EM für Deutschland auflaufen könnte, hätte er selbst wohl noch vor wenigen Jahren für undenkbar gehalten.

Über Meppen und Belgien in die Premier League

Undavs Weg zum Profi ist kein klassischer, geradliniger gewesen. Der 27-Jährige ist einer, den man in der Branche gerne als "Spätstarter" bezeichnet. 2012 in der Jugend von Werder Bremen aussortiert, tingelte er durch die Regionalliga, ehe 2018 Drittligist SV Meppen auf ihn aufmerksam wurde. Das Jahr, in dem Deutschland den Zuschlag für die EM 2024 erhielt.

Nach einer passablen ersten Saison drehte Undav in seiner zweiten Spielzeit in Meppen so richtig auf. 2019/2020 gelangen ihm in 34 Partien 17 Treffer, 13 weitere legte er seinen Mitspielern auf. Anstatt in Deutschland zu bleiben, wechselte der damals 24-Jährige in die zweite belgische Liga zu Royale Union Saint-Gilloise, mit denen er 2021/2022 nicht nur den Aufstieg schaffte, sondern zudem sensationell die Meisterschaft feierte.

Undav steuerte in 33 Spielen 35 Torbeteiligungen bei (25 Tore, 10 Vorlagen), sodass sich der englische Erstligist aus Brighton seine Dienste sicherte. Nach einer durchwachsenen Spielzeit, bei der Undav erst in den letzten Saisonspielen sein Können unter Beweis stellte, folgte schließlich der Lockruf aus Stuttgart.

Für 700.000 Euro wurde der Mittelstürmer an den Neckar ausgeliehen – und ließ sich auch von einem zu Saisonbeginn zugezogenen Außenbandriss im Knie nicht stoppen. Bei seinem ersten Kurzeinsatz gegen Mainz Mitte September bereitete er gleich einen Treffer vor, zwei Wochen später erzielte er beim Auswärtsspiel in Köln seine ersten beiden Bundesligatore.

Undav aus der VfB-Startelf nicht mehr wegzudenken

Seit Ende Oktober steht Undav nun durchgehend in der Startelf – und gibt mit seinem Erfolg Trainer Sebastian Hoeneß kaum eine Möglichkeit, ihn wieder auf die Bank zu setzen. Dafür sind seine Leistungen zu konstant, ist sein Torriecher zu gut.

Im Schnitt trifft Undav in der Liga alle 87 Minuten. Ein Undav-Treffer pro Partie ist damit gewissermaßen programmiert. Dass er aber auch als Vorlagengeber glänzt, zeigte er erst am vergangenen Wochenende in Freiburg, als er die Tore von Chris Führich und Maximilian Mittelstädt exzellent auflegte. Mit seinen jüngsten Leistungen, darunter ein Dreierpack im Topspiel gegen RB Leipzig, ließ er gar den zuletzt beim Afrika Cup weilenden Star-Torjäger Serhou Guirassy vergessen machen.

Im Pokalspiel gegen Leverkusen hätten beide wieder gemeinsam in der Startelf stehen können. Allerdings wird der Mann aus Guinea für die Partie bei der Werkself wohl noch aussetzen müssen. Guirassy plagen ein Magen-Darm-Infekt sowie die Strapazen vom Afrika Cup.

Erstmals standen die beiden Angreifer beim 2:0 gegen Bremen Anfang Dezember auf dem Platz. Beide trafen prompt. Schon beim 2:1-Heimerfolg gegen Borussia Dortmund am 11. November hatten sich beide in die Torschützenliste eingetragen. Und auch beim Hinrundenabschluss gegen den FC Augsburg Ende Dezember zeigten sich beide treffsicher. Es war das bis dato letzte Spiel, in dem beide gemeinsam auf dem Platz standen.

Die Rückkehr der Afrika- und Asien-Cup-Teilnehmer (neben Guirassy ist auch Hiroki Ito wieder beim VfB) stellt Trainer Sebastian Hoeneß schon fast vor ein Luxusproblem – trotz des bitteren Saisonaus von Abwehrchef Dan-Axel Zagadou. Dass der 41-Jährige mit seinem Team unterschiedliche Formationen in unterschiedlichen Besetzungen spielen kann, hat er allerdings in dieser Spielzeit schon mehrfach unter Beweis gestellt.

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Nur auf Deniz Undav wird er am Dienstag sicher nicht verzichten wollen.