Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Neuer im Clinch mit Bayern Vielleicht besser, den Verein zu verlassen
Es ist ein Interview, das wohl in die Fußball-Geschichte eingehen wird. Einen Gefallen hat sich Manuel Neuer damit nicht getan.
Manuel Neuer hat sich selbst in diese extrem problematische Situation hineinmanövriert mit seinem Unfall, über den er jetzt sagt, normal wäre das "Kindergeburtstag" für ihn. Man hat ja nun gesehen, dass das definitiv nicht der Fall ist.
Dass er dann damit rechnen muss, dass der Verein reagiert, ist klar. Und mit der Verpflichtung von Yann Sommer haben die Verantwortlichen alles richtig gemacht.
Der Verein hat sich öffentlich gut verhalten und ihn geschützt in dem Moment, als es passiert ist. Sie haben ihn nicht öffentlich an den Pranger gestellt, sondern das professionell und ruhig wegkommentiert. Davon habe ich in seinem Interview jetzt aber überhaupt nichts gelesen.
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Und es irritiert mich extrem, dass er so etwas dann vergisst. So eine Geschichte wie die Entlassung von Toni Tapalovic gehört dazu. Das ist im Leben und im Fußball eben so. Manchmal trennen sich Wege, wenn gewisse Dinge vorgefallen sind. Die Verantwortlichen hatten mit Sicherheit ihre Gründe dafür, da eine Veränderung vorzunehmen – und das haben sie getan. Damit trifft der FC Bayern Entscheidungen für die Zukunft des Klubs.
Das hat ein Spieler, auch wenn er Kapitän ist, schlichtweg zu akzeptieren. Denn nichts und niemand steht über dem Verein. Kein Spieler, kein Trainer ist größer als Bayern München. Nein, der Verein ist immer das Allerwichtigste. Wenn Neuer Tapalovics Entlassung jetzt so getroffen hat – und das alles so schlimm für ihn ist – dann muss man vielleicht jetzt auch sagen: Man wünscht ihm erst mal eine gute Genesung und, dass er fit zurückkommt.
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Und dann sollte er darüber nachdenken, ob es überhaupt sinnvoll für ihn ist, nach diesen erhobenen Vorwürfen seinen bis 2024 gültigen Vertrag beim FC Bayern überhaupt noch zu erfüllen, oder ob es vielleicht besser ist, den Verein zu verlassen. Vom Gefühl her kann es gut sein, dass es sogar darauf hinauslaufen wird. Es würde mich nicht wundern, wenn es im Sommer zur Trennung kommen würde.
Vor allem seine Aussagen, ihm sei das Herz herausgerissen worden und so etwas habe er in seiner Karriere noch nie erlebt, lassen da schon tief blicken. Das sind keine guten Voraussetzungen mehr für eine weitere gute und harmonische Zusammenarbeit. Die Frage ist, ob das nun überhaupt Sinn macht. Beide Seiten haben jetzt ein paar Monate Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie es über den Sommer hinaus weitergehen soll – oder eben auch nicht.
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Auch im Verhältnis zu Julian Nagelsmann, der bei Tapalovics Entlassung ebenfalls eine gewisse Rolle spielte, sehe ich eine gewisse Problematik. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass gerade die Verbindung zwischen dem Trainer und dem Kapitän bei so einem Klub extrem wichtig ist, da musst du in ständigem und vertrauensvollem Austausch sein. Mit diesem Interview hat sich Neuer das Leben für die Zukunft bei Bayern mit Sicherheit sehr schwer gemacht, wenn nicht unmöglich.
Weiter in der Ergebniskrise
Das alles kam jetzt in einer sportlich schwieriegen Zeit. Mit drei Unentschieden in den ersten drei Spielen des Jahres steckt der FC Bayern in der Bundesliga noch immer in einer Ergebniskrise. Für die Spannung in der Liga ist das gut, den Ansprüchen des Rekordmeisters entspricht das dagegen nicht.
Mit dem 4:0-Sieg im Pokalachtelfinale in Mainz haben die Münchner am Mittwoch aber gezeigt, wozu sie in der Lage sind. Die Bayern hatten die Partie von der ersten Minute an komplett im Griff und waren im Spiel nach vorne wieder so dominant und durchschlagskräftig, wie man das von ihnen kennt. Sie haben vor allem ihre Power über außen gut ausgespielt.
Das war noch nicht der Turnaround
Negativ aufgefallen sind mir die vielen Flüchtigkeitsfehler, die sich vor allem Dayot Upamecano mit gleich mehreren Fehlpässen im Spielaufbau geleistet hat. Das müssen sie dringend abstellen, denn das wird gegen stärkere Gegner mit Sicherheit bestraft werden. Gegen Paris Saint-Germain wirst du so nicht ohne Gegentor bleiben.
Gegen Gegner, die offensiv eine gewisse Power haben, musst du auch im Spiel gegen den Ball vor allem eine gewisse Ordnung haben. Da wurden sie in Mainz kaum gefordert. Deshalb kann man auch noch nicht sagen, dass das der Turnaround war, dafür war der Gegner einfach nicht gut genug.
Trotzdem war es enorm wichtig, im Pokal weiterzukommen. Denn in diesem Wettbewerb sind sie in den vergangenen beiden Jahren jeweils sang- und klanglos in Runde zwei gescheitert und haben jetzt etwas gutzumachen.
Cancelo ist ein absoluter Toptransfer
Trainer Julian Nagelsmann überraschte mit seiner Aufstellung etwas und stellte taktisch in der Defensive auf eine Dreierkette um. Davor brachte er mit João Cancelo seinen neuen Mann direkt von Beginn an. Bei einem Spieler mit dieser Qualität musst du dir auch keine Gedanken machen, ob er möglicherweise noch etwas Anlaufzeit braucht. Das hat er bei seinem starken Debüt auch gezeigt. Er bringt eine ganz andere Dynamik auf die rechte Außenbahn und tut dem Spiel der Bayern richtig gut.
Cancelo ist ein absoluter Toptransfer. Bayern hat von den Problemen, die er offenbar mit Pep Guardiola bei Manchester City hatte, profitiert. Er hatte dort wenig Spielzeit, andere Ansprüche und kam deshalb kurzfristig auf den Markt. Genau das war das Glück für Bayern und dann musstest du da auch zugreifen. Du weißt nicht, wann Noussair Mazraoui zurückkommt. Bei Josip Stanišić sieht man, dass es auf diesem Niveau dann doch nicht reicht.
Cancelo ist ein Topmann, mit ihm hast du jetzt Ruhe auf dieser Position. Es ist wichtig, dass du sieben, acht Spieler hast, die gesetzt sind, auf die du dich auch verlassen kannst. Er strahlt extrem viel Ruhe am Ball aus, ist technisch herausragend, den kannst du permanent anspielen. Ich bin gespannt, wie es in der Rückwärtsbewegung aussieht, wenn demnächst andere Gegner auf ihn zukommen werden.
Wer bleibt dran?
Mit dem Einzug ins Pokalviertelfinale hat sich Bayern jetzt erst mal wieder etwas Luft verschafft. Aber auch in der Bundesliga musst du jetzt wieder performen und Ergebnisse liefern. Wenn sie so spielen wie in Mainz, werden die Bayern auch in der Liga wieder ihre Punkte holen.
Die Frage ist dann, wer es schafft, an ihnen dranzubleiben. Es ist doch schön, dass es mit Union, Leipzig, Dortmund, Freiburg und Frankfurt momentan gleich fünf Verfolger gibt. Das macht die Sache wunderbar spannend – und das wird es bis zum Ende bleiben.
Bayern hat die Situation, in der sie stecken, selbst zu verantworten. Ich glaube aber, dass es sogar gut für sie ist, dass sie jetzt permanent unter Druck stehen und wissen, dass sie die Tabellenführung schon mit einem schlechten Spiel verspielen könnten. Das ist leistungsfördernd, denn so hältst du die innere Anspannung hoch. Die Spieler wissen, dass sie jetzt nicht nachlassen dürfen. Die Situation ist also gut für Bayern, viel besser, als wenn sie jetzt schon acht oder neun Punkte Vorsprung hätten.
Kovac hat sich keinen Gefallen getan
Niko Kovac sagte vor dem Pokalspiel bei Union, es sei im Moment leichter, gegen München zu spielen als gegen Union.
Damit hat er sich keinen Gefallen getan. Die Jungs bei Bayern haben diese Aussage sicher mitbekommen und sie wird für die letzten Prozentpunkte an Extra-Motivation sorgen, das Spiel in Wolfsburg unbedingt gewinnen zu wollen. Das macht die Aufgabe für Kovac und den VfL sicher nicht einfacher.
Isco? Der Fußballgott wollte es so
Bei Union hat der geplatzte Transfer von Isco in dieser Woche für Schlagzeilen gesorgt. Auf der einen Seite ist es schade, dass der Deal dann auf diese Art und Weise gescheitert ist. Das hätte man im Vorfeld klären müssen. Die ganze Wahrheit werden wir da wohl nie erfahren.
Ich hätte diesen Spieler gerne in der Bundesliga gesehen. Mein Gefühl sagt mir aber, dass es eigentlich besser für Union ist, dass dieser Transfer nicht zustande kam. Der hätte nämlich auch zu Problemen führen können. Unions Mannschaft funktioniert als harmonisches Kollektiv.
Wenn da dann plötzlich einer rausragt und alle anderen überstrahlt, kann das für Diskussionen sorgen – vor allem, wenn derjenige dann nicht sofort Topleistungen abliefert. Vielleicht wollte der Fußballgott es so, dass der Deal nicht klappt, damit Union bis zum Ende in der Liga oben mitspielen kann.
Fußball ist kein Monopoly
Wenn ich sehe, was der FC Chelsea auf dem Wintertransfermarkt veranstaltet hat, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Zu sagen: "Es läuft nicht, dann holen wir mal eben für knapp 330 Millionen Euro neue Spieler." Das ist schon ganz weit weg, von dem, was man kennt. Wenn man auf Teufel komm raus derart viel Geld ausgibt, dann habe ich da echt Bauchschmerzen.
Das nimmt schon groteske Züge an, die keiner mehr nachvollziehen kann. Da wird versucht, mit viel Geld Erfolg einzukaufen. Das ist sehr grenzwertig. Diese Leute kommen nicht aus dem Fußball. Fußball ist aber kein Monopoly.
Auch deshalb werde ich Dortmund in den Achtelfinalduellen in der Champions League mit Chelsea von Herzen die Daumen drücken.
Der BVB kann hoffentlich zeigen, dass das nicht die Lösung ist und man dieses Modell mit Zusammenhalt und als Kollektiv schlagen kann. Ich hoffe, dass Dortmund das der Fußballwelt beweisen kann.
- Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
- Eigene Beobachtungen