Nach Outfit-Kritik Premier-League-Profi verurteilt Aufregung um Sané
Die extravagante Jacke von Nationalspieler Leroy Sané war eines der Diskussionsthemen nach der Ankunft des DFB-Teams in Wolfsburg. Doch weshalb regen sich überhaupt so viele Menschen darüber auf? Das fragt sich auch Premier-League-Profi Leon Balogun.
Er ist in Berlin geboren und stand in der Bundesliga unter anderem bei Hannover 96 und Mainz 05 unter Vertrag. Inzwischen spielt der 30-jährige Leon Balogun in der Premier League für Brighton & Hove Albion, wo der Verteidiger in den Spielen gegen Manchester City auch auf DFB-Star Leroy Sané trifft.
"Jeder sollte bitte auf sich selbst gucken"
In den vergangenen Tagen war Sané eines der großen Diskussionsthemen in Deutschland – oder besser gesagt sein Outfit. Am Dienstag, beim Zusammentreffen der deutschen Nationalmannschaft vor dem Länderspiel in Wolfsburg gegen Serbien, trug Sané eine teure weiße und vor allem auffällige Jacke. Anschließend wurde Sané dafür im Netz aufs Korn genommen und von einigen Fußballfans gar kritisiert.
Doch weshalb ist das so? t-online.de hat dazu mit Balogun gesprochen.
t-online.de: Herr Balogun, gehen die Fußballfans in England anders als deutsche damit um, wenn Leroy Sané eine extravagante Jacke trägt?
Leon Balogun (30): Ich kann nicht genau sagen, ob deutsche Fans in diesem Fall deutlicher in ihrer Kritik sind als englische. Doch der Job und die gute Bezahlung eines Fußballprofis in England wird gefühlt mehr akzeptiert.
Finden Sie persönlich es verwerflich, wenn Sané bei der Nationalmannschafts-Ankunft eine teure und auffällige Jacke trägt?
Nein. Jeder soll doch bitte auf sich selbst gucken. Wenn Leroy sich entscheidet, diese Jacke zu tragen und diese nun mal so viel kostet, dann soll er es doch machen. Bitte nicht falsch verstehen: Man kann gerne das Outfit eines Fußballprofis kritisch diskutieren, aber man sollte sich nicht zu sehr auf irgendwelche Zahlen fixieren. Also wenn, dann bitte aus modischer und nicht aus finanzieller Sicht. Man macht sonst ein Fass auf, was ihm schaden kann – und das nur aufgrund seiner Kleiderwahl. Wenn dann nicht mal die geschriebenen Zahlen der Kleidungsstücke stimmen, ist das peinlich. Leroy ist jung, er ist Fußballspieler. Er ist Nationalspieler, steht bei ManCity, einem der besten Vereine der Welt, unter Vertrag. Man sollte sich immer fragen: Wie würde ich selbst wohl reagieren, wenn ich das alles hätte? Wofür und wieviel Geld würde ich ausgeben? Klar. Das ist sicher schwer vorstellbar. Aber bitte nicht immer mit dem Finger auf andere zeigen.
Das Foto von Sané in der Jacke lief auf den sozialen Medien rauf und runter.
Ich habe das Gefühl, als wenn für die Nationalmannschaft nach einem neuen Typen gesucht wird, der – wie geschrieben – das "Swag-Level" aufdreht. Doch was ist das denn bitte für eine Bezeichnung? Das "Swag-Level"? Sowas regt mich sehr auf. Denn damit macht man ein Fass auf. Die Kleidung von Leroy Sané ist doch völlig nebensächlich.
Was ist denn wirklich wichtig?
Bildung, die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau oder die Bekämpfung von Rassismus – auch im Fußball. Gerade erst gab es ein schlimmes Massaker in Neuseeland, kurz darauf wurden Menschen in Utrecht in einer Straßenbahn erschossen. Wir sollten uns fragen, was wir dagegen tun können. Doch wir sprechen über die Jacke von Leroy Sané. Wenn das unsere einzigen Sorgen bei all den Vorfällen sind, gibt mir das ganz schön zu denken.
Weshalb ist das so?
Ich glaube, dass viele Menschen sehr gerne über andere Menschen urteilen, sich das Maul zerreißen. Ich würde zu gerne mal wissen, wie viele von denen, die jetzt mit dem Finger auf Leroy zeigen, handeln würden, wenn sie das Geld mit ihren Jobs verdienen würden. Man kann neidisch sein. Das ist okay, weil das auch ein Ansporn sein kann. Doch das Problem ist Missgunst, und das regt mich auf.
Wie sollte man denn richtig auf solch ein Outfit reagieren?
Am besten gar nicht! Oder eben auf die Mode bezogen. Leroy Sané ist einer der besten deutschen Spieler und wird jetzt durch den Kakao gezogen. Über seine tollen Leistungen im Fußball sollte man sprechen. Leroy verdient gutes Geld. Na und? Abgesehen davon ist er jung. Er ist sicherlich noch in einer Phase, in der er charakterlich noch reift. Vielleicht schaut er in ein paar Jahren darauf zurück und sagt: Okay, das war unnötig. Doch das sollte er selbst entscheiden und nicht ganz Deutschland für ihn. Lasst ihn doch machen. Man muss doch nur mal in die Metropolen dieser Welt schauen, in Teilen von London oder Dubai durch die Straßen laufen. Was da an Kohle rumfährt und rumspaziert, das ist Wahnsinn. Da lacht man sich über das, was Leroy hat, doch kaputt. Und wenn man sich denn unbedingt über solch teure Kleidung beschweren will, dann sollte man bitte bei denen anfangen, die sie produzieren.