Trainer-Legende wird 80 Trapattoni: "Ich träume, dass ich noch immer Trainer bin"
Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Die Trainer-Ikone feiert Geburtstag. Der "Maestro" erklärt, was ihm am heutigen Fußball nicht gefällt, spricht über seine neueste Leidenschaft – und verrät ein Geheimnis.
Er ist einer der erfolgreichsten Trainer der Fußballgeschichte, hat mit seinen Mannschaften über 20 Titel gewonnen. Hat insgesamt 45 Jahre als Trainer gearbeitet, für Weltklubs wie Juventus Turin, Inter Mailand – und den FC Bayern München. In zwei Amtzeiten (94/95 und von 1996 bis 98) leitete "Trap" den deutschen Rekordmeister, führte den Klub zu einer Meisterschaft und einem DFB-Pokal-Gewinn – und wurde mit seiner berühmten Pressekonferenz am 10. März 1998 zur Legende.
"Ich habe fertig", "wie eine Flasche leer" oder "was erlaube Strunz?" sind in den täglichen Sprachgebrauch in Deutschland übergegangen. Auch in Italien wird er noch immer geliebt für seine unterhaltsamen Auftritte, seine Begeisterung für den Sport und seinen Humor.
In Deutschland aber überragt der kuriose Auftritt – zu Unrecht – eine einmalige Karriere. Trapattoni war zu aktiven Zeiten stets ein gewiefter Taktiker, ein Motivator, ein Defensiv-Virtuose, emotional an der Seitenlinie. Er trainierte Legenden wie Michel Platini, Lothar Matthäus oder Roberto Baggio, formte immer wieder Weltklasse-Mannschaften, galt über Jahre als Instanz im Weltfußball.
Heute wird der "Maestro" 80 Jahre alt. Im Interview spricht er über Fehlentwicklungen im aktuellen Fußball, über seine neueste Leidenschaft – und verrät ein Geheimnis.
- Salihamidzic: So plant Bayern mit Lewandowski
- "Wie auf dem Spielplatz": Hamann kontert Hoeneß-Kritik
t-online.de: Signore Trapattoni, Sie werden am Sonntag 80 Jahre alt. Haben Sie einen Geburtstagswunsch zum aktuellen Fußball?
Giovanni Trapattoni (79): Oh ja! Ich wünsche mir, dass die Werte unseres schönen Sports nicht verloren gehen, sondern erhalten bleiben.
Was meinen Sie genau?
Spieler und Trainer sollen ihre Vorbildfunktion weiter nutzen, um der Jugend ein gutes Beispiel zu sein und die nachkommenden Generationen zu inspirieren.
Ein sehr unschuldiger Gedanke – der aber angesichts immer mehr Fußball-Übertragungen und Plänen der Fifa für eine WM mit 48 Teams in den Hintergrund zu rücken scheint...
Fußball ist immer mehr zum Geschäft geworden. Er wird immer interessanter für Investoren, dadurch ist immer mehr Geld im Spiel – und wo viel Geld im Spiel ist, können die Werte ganz leicht verloren gehen.
Das klingt ernüchtert…
Natürlich ist im heutigen Fußball aber nicht alles schlecht. Mir gefällt aktuell besonders, dass immer mehr Wert auf die Inklusion von Frauen, auf den höheren Stellenwert des Frauenfußballs gelegt wird. Eine großartige Entwicklung.
Sie haben auch mal gesagt, es gäbe keinen spezifisch deutschen, italienischen oder sonstigen Spielstil mehr. Es könne nichts mehr versteckt oder gar neu entdeckt werden.
Ich sage es so: Fußball ist globaler denn je. Spieler und Manager sind in der Welt unterwegs und nehmen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten überall hin mit. Dazu kommt: Der technische Fortschritt macht es mittlerweile unmöglich, Taktiken und Strategien geheimzuhalten. Informationen sind so einfach zugänglich wie nie zuvor.
Das war zu Ihrer Zeit noch anders…
Da liegen Welten dazwischen! Als ich noch Spieler war, sind wir im Europapokal auf Gegner getroffen, über die wir nur wenige Gerüchte kannten (lacht).
Schon durch Social Media sind die Möglichkeiten heute fast unendlich – auch Sie haben die sozialen Medien für sich entdeckt…
Sie meinen sicher meinen Instagram-Account (lacht)…
Ganz genau. Giovanni Trapattoni und Instagram – das hätte man sich vor einer Weile nicht vorstellen können…
Ich sage Ihnen was: Ich selbst hätte mir das auch nicht vorstellen können (lacht). Aber es ist einfach wunderbar.
Was gefällt Ihnen daran besonders? Gerade für Fußballer 2019 sind die Social-Media-Auftritte enorm wichtig…
Es ist ein wunderbares Werkzeug, das muss ich zugeben. Natürlich kommt es auch immer darauf an, wofür Social Media genutzt wird. Ich würde mir wünschen, dass Spieler ihre Accounts verantwortungsbewusst nutzen, wichtige Werte transportieren und positive Botschaften senden.
Und Sie persönlich?
Erst einmal muss ich meinem Enkel Riccardo dafür danken, dass er mich davon überzeugt hat. Ich freue mich einfach darüber, mit meinen Fans zu interagieren und meine Gedanken und Ansichten zu teilen – auch wenn ich ja im Ruhestand bin (lacht).
Vermissen Sie die Arbeit im Fußball?
Natürlich! Ich bin dankbar und unbeschreiblich glücklich über die vielen Jahre, in denen ich meinen Traum leben konnte. Aber ich bin nicht unsterblich. Ich habe mein ganzes Leben im Fußball verbracht, also ist es unmöglich, dass mir die Trainerarbeit nicht fehlt. Aber wissen Sie was?
Ja bitte?
Im Schlaf träume ich davon, dass ich noch immer Trainer oder Spieler bin.