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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trainersuche beim FC Bayern Interne Zweifel an drei Kandidaten – Bosse unter Druck
Max Eberl gerät bei der Trainersuche des FC Bayern in die Bredouille. Auch, weil es nach t-online-Informationen klubinterne Zweifel an den Alternativen zum Wunschkandidaten gibt.
Dass er "kein Heilsbringer" sei, das betonte Max Eberl schon bei seiner Vorstellung als neuer Sportvorstand des FC Bayern vor ziemlich genau einem Monat. Ausgerechnet am Osterwochenende wurde das nun auch allen Träumern, die insgeheim möglicherweise doch darauf gehofft hatten, dass sich all die Probleme des Rekordmeisters allein durch Eberls Anwesenheit in Luft auflösen wurden, nochmals vor Augen geführt.
Der Realitätscheck am Samstagabend ließ diese Illusion einer vermeintlichen Bayern-Auferstehung mit einer bitteren 0:2-Heimniederlage gegen Borussia Dortmund nämlich jäh platzen. Nicht nur Ersatzkapitän Joshua Kimmich schlug aufgrund der ernüchternden Art und Weise, mit der die Pleite zustande kam, Alarm. (Mehr zu der Charakterfrage, die Kimmich der Mannschaft des FC Bayern stellte, lesen Sie hier.)
Auch Eberl fand anschließend deutliche Worte. "So einen Auftritt kann ich nicht erklären. Das war mein erster German Classico, und dafür war es mir einfach zu wenig. Zu wenig Energie, zu wenig Wille", monierte der 50-Jährige. Und richtete den Fokus seiner Kritik klar auf die Mannschaft. "Man kann natürlich den nächsten Trainer rauswerfen und sagen: wieder der nächste Trainer und wieder der nächste Trainer. Also es sind da schon noch die Jungs auf dem Platz, die ihre Leistung bringen müssen."
Diese offene Frage hat für Eberl höchste Priorität
Eberl dürfte spätestens durch die ernüchternde Niederlage gegen Dortmund endgültig klar geworden sein, wie groß die Aufgabe ist, die auch in Sachen Kaderplanung in München auf ihn zukommt. Mit der Charakterfrage, die Kimmich stellte, wurde er noch einmal daran erinnert, wo er ansetzen muss.
Zuvor gilt es aber, einen viel dringenderen Punkt zu klären: die nach wie vor offene Trainerfrage. Auch, dass die zunächst die oberste Priorität vor allem anderen habe, hatte er bereits bei seiner Vorstellung erklärt. Weitergekommen ist er bei der Suche zwar schon, eine passende Antwort hat er aber noch immer nicht. Im Gegenteil.
Fest steht nach wie vor nur, dass Trainer Thomas Tuchel die Bayern am Saisonende verlassen muss. Und seit Karfreitag und Xabi Alonsos öffentlichem Bekenntnis zu Bayer Leverkusen nun auch, dass der Wunschkandidat als sein Nachfolger nicht nach München wechseln, sondern Chefcoach der Werkself bleiben wird.
Alonso und Hoeneß planen ihre Zukunft ohne Bayern
Nach Sebastian Hoeneß, der seinen Vertrag zuletzt bereits beim VfB Stuttgart verlängerte, ist Alonso der nächste Trainer, der seine Zukunft geklärt hat – und zwar ohne die Bayern dabei zu berücksichtigen. Demzufolge musste Eberl beide bereits von seiner Kandidatenliste streichen.
"Ich weiß, dass das die ganze Öffentlichkeit interessiert und dass jeder teilhaben möchte an den Gedanken, die wir haben", sagte Eberl nach dem BVB-Spiel am Samstagabend darauf angesprochen in den Katakomben der Arena. "Aber ich habe es oft genug gesagt, wir klopfen ab und deswegen hat mich auch dann die Entscheidung von Xabi überhaupt nicht mehr berührt, weil wir schon lange woanders unterwegs waren", führte Eberl aus.
Alonso sei ein Ehrenmann, der stets eng verbunden mit seinen Mannschaften sei, mit dem er noch zu Gladbacher Zeiten schon mal verhandelt habe, als der Spanier noch als Trainernovize bei der zweiten Mannschaft von San Sebastián tätig war. "Deswegen war für mich klar: Er wird Leverkusen nicht verlassen", so Eberl.
Wer wird jetzt neuer Bayern-Trainer?
"Es ist meine Pflicht, abzuklopfen. Möglichkeiten abzuklopfen bei unterschiedlichsten Trainern. Wenn ich das nicht täte, dann würde ich meiner Pflicht nicht nachkommen", sagte er und stellte fest: "Aber nach dem Abklopfen haben sich einige verabschiedet, deswegen sind wir in anderen Linien unterwegs."
Es habe auch keine Absage von Alonso an die Bayern gegeben, "weil wir nie verhandelt haben", betonte Eberl. "Wir haben nie ein Angebot unterbreitet, wir haben nie diskutiert." Aber wer wird denn nun der neue Bayern-Trainer? "Es stehen noch genug Trainer auf der Liste", versicherte Eberl, "aber der Kreis derer, die wir wollen, war immer sehr klein – und den versuchen wir zu realisieren."
Dem Vernehmen nach sollen dazu unter anderem Zinédine Zidane (vereinslos), Ralf Rangnick (Nationaltrainer von Österreich), Robert De Zerbi (Brighton) und Bundestrainer Julian Nagelsmann gehören. Je nach berichtendem Medium werden nach Alonsos Absage nun mal Rangnick ("Kicker") oder De Zerbi und Nagelsmann (Sky) als vermeintliche Top-Alternativen genannt.
"Da sieht man, wie pervers und wie kurios unsere Trainersuche ist"
Auf die konkrete Nachfrage, wie viel Substanz die entsprechende Schlagzeile um Rangnick habe, sagte Eberl im ZDF-"Sportstudio": "So viel, dass Antonio Conte uns schon Spielerlisten schickt, welche Spieler wir suchen wollen." Der Hintergrund: Der momentan vereinslose Italiener wurde ebenfalls bereits mit Bayern in Verbindung gebracht.
Ähnlich süffisant reagierte er auch darauf, als er in der Mixed Zone der Arena gefragt wurde, ob er eine Rückkehr des erst vor ziemlich genau einem Jahr bei Bayern entlassenen und mittlerweile als Bundestrainer tätigen Nagelsmann ausschließen könne.
Er habe noch nie einen Namen irgendwie kommentiert und wiederholte auch, dass er bereits von Spielerlisten gelesen habe, die ihm Conte angeblich schon geschickt habe. "Da sieht man, wie pervers und wie kurios unsere Trainersuche ist, wer alles schon zu- und abgesagt hat oder was auch immer."
Eine Ideallösung ist nicht mehr in Sicht
Eine Ideallösung, von der alle Entscheider im Verein überzeugt sind, die Alonso gewesen wäre, ist momentan nun jedenfalls nicht mehr in Sicht. Nach t-online-Informationen gibt es unter den wichtigsten Lenkern des Rekordmeisters nämlich durchaus kritische Stimmen, sowohl was eine mögliche Rückholaktion von Nagelsmann als auch ein Engagement von Rangnick oder De Zerbi betrifft, die auch Eberl sehr ernst nimmt.
"Es ist ja kein Wunschkonzert. Also Bundesliga ist nicht 'Wünsch dir was', sondern so ist es. Nur weil alle schreiben und jeder sagt: 'Das müsste doch sein und das muss doch sein'", sagte Eberl zur komplizierten Trainersuche. "Wir arbeiten daran, wir werden unsere Lösung finden, die wir für Bayern München machbar realisieren können – und andere Entscheidungen können wir nicht beeinflussen."
Seine ganz persönliche Oster-Agenda fasste der neue Bayern-Boss folgendermaßen mit einem Augenzwinkern zusammen: "Ich habe tatsächlich Freunden von mir geschrieben: 'Ihr sucht am Sonntag Eier, und ich suche den Trainer.'" Am Erfolg dieser Suche wird Eberl sofort gemessen werden. Es ist eine nach keinem Geringeren als einem neuen Heilsbringer.
- Eigene Beobachtungen als Reporter vor Ort in der Allianz Arena
- Eigene Recherche und Hintergrundgespräche
- Mixed-Zone-Gespräch mit Max Eberl
- Aussagen von Max Eberl im ZDF-Sportstudio