DFB-Star trifft weiter Unkaputtbar und unaufhaltbar
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Der Auftakt gegen Marokko war furios, mit Kolumbien wartet nun aber ein anderes Kaliber. t-online-Kolumnistin Tabea Kemme warnt.
G'day aus Australien,
mein Name ist Tabea Kemme und ich begleite Sie durch die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland. Gemeinsam mit Josephine Henning, wie ich ehemalige Nationalspielerin, bereise ich aktuell Australien und bin schon jetzt fasziniert von der Offenheit, Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen. Seit gut einer Woche sind wir nun schon "Down Under" unterwegs und genießen Land und Leute – es ist phänomenal.
Vom kühlen Melbourne ging es für uns am Dienstag mit dem Nachtzug über Sydney ins warme Brisbane, wo Deutschland sein finales Gruppenspiel gegen Südkorea absolvieren wird. Doch zunächst trifft das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg am Sonntag in Sydney auf Kolumbien. Und die Südamerikanerinnen werden der härteste Test für die deutsche Mannschaft bei dieser WM-Vorrunde.
Man setzt sich ja immer neue Maßstäbe – und das wird die deutsche Elf auch gegen Kolumbien tun. Auf das DFB-Team wartet ein zweikampfstarker Gegner, der körperlich noch mal anders dagegenhalten wird als die Marokkanerinnen. Ich gehe davon aus, dass Kolumbien weniger das Spiel gestalten wird und sich auf ein schnelles Umschaltspiel für seine Chancen fokussieren wird. Die deutsche Mannschaft kommt mit Selbstvertrauen aus dem Marokko-Spiel, in dem sie spielerisch überzeugt hat. Wenn wir konzentriert sind, die Leichtigkeit bewahren und nicht allzu viel anders machen als zum Auftakt, dann habe ich ein supergutes Gefühl.
Als größte Gefahr sehe ich das Verletzungsrisiko. Beim DFB-Team befinden sich einige Spielerinnen mit Blessuren, dazu hat sich am Freitag Felicitas Rauch das Kniegelenk verstaucht. Ich hoffe sehr, dass wir zukünftig davon verschont bleiben. Es wäre, auch für den weiteren Turnierverlauf, elementar, dass sich keine weiteren Verletzungen dazugesellen.
Eine der Spielerinnen, die angeschlagen den Auftakt verpasste, nun aber zurückkehren könnte, ist Lena Oberdorf. Sie ist die Abräumerin, das Herzstück vor der Abwehrkette und entlastet mit ihrer Verlässlichkeit die Offensivspielerinnen. Wir müssen vorsichtig sein. Wenn man nach einer Muskelverletzung zu früh wieder mit hoher Belastung einsteigt, könnte sie längerfristig darunter leiden. Martina und ihr Team werden sich sehr genau überlegen, wann und wie sie Obi einsetzen. Deutschland will lange im Turnier bleiben – und dafür brauchen wir Lena Oberdorf.
Und wir brauchen Alex Popp. Wenn jemand ein absoluter Wettkampftyp ist, dann sie. Im Auftaktspiel war sie auf den Punkt da. Wie sie das zweite Tor gegen Marokko erzielt hat: einmalig! Alex ist unkaputtbar und unaufhaltbar. Das ist ein riesiges Plus für diese Mannschaft.
Auch wie sie nach hinten mitarbeitet, ist beeindruckend. Sie ist ein absoluter Anker für das Team. Sie hat eine Kopfballqualität und -wucht, die ihresgleichen sucht. Power, Dynamik, Timing – ich kenne keine Frau, die so physisch ins Kopfballspiel geht wie Alex Popp. Sollte sie eines Tages ihre Karriere beenden, werden wir sie schmerzlichst vermissen.
Jetzt heißt es aber erst einmal Kolumbien schlagen und ins Achtelfinale einziehen. Wenn das Team bei sich bleibt und auf seine spielerische Qualität vertraut, dann sehe ich trotz der Physis des Gegners einen klaren Sieg.
- Tabea Kemme spielte von 2013 bis 2018 für die deutsche Nationalmannschaft, wurde 2016 in Rio Olympiasiegerin. Bei der WM 2023 arbeitet sie vor Ort unter anderem für t-online als Kolumnistin. Ab der kommenden Spielzeit ist sie neben ihrem Experten-Job in der Männer-Bundesliga bei Sky auch für MagentaSport als TV-Expertin der Frauen-Bundesliga aktiv.