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Zum journalistischen Leitbild von t-online.DFB-Star über die EM "Das war ein echter Schock"
Beim FC Bayern und in der Nationalmannschaft gehört Klara Bühl zum Stammpersonal. Das soll auch bei der WM in Australien und Neuseeland so sein.
Klara Bühl musste selbst über sich lachen. Die Nationalspielerin hatte gerade auf der Auswechselbank Platz genommen, als auf der Videoleinwand des Brentforder EM-Stadions ihre verpasste große Chance abgespielt wurde.
Es wäre das entscheidende 2:0 für Deutschland im Viertelfinale gegen Österreich gewesen, das wenig später Alexandra Popp in der Nachspielzeit erzielte. Für Bühl war der folgenlose Fehlschuss in der 82. Minute tatsächlich die letzte Aktion bei der Europameisterschaft 2022.
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Nicht etwa, weil Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg die für das Österreich-Spiel als "Player of the Match" ausgezeichnete Bühl nicht mehr einsetzte. Stattdessen machte Corona der schnellen Außenspielerin einen Strich durch die Rechnung. Bühl verpasste sowohl das Halbfinale gegen Frankreich als auch das Finale gegen Gastgeber England.
"Zwei komplett unterschiedliche Gefühlswelten"
Wie einschneidend das für Bühl war, erzählt sie sieben Monate später im Gespräch mit t-online: "Die EM, das waren für mich persönlich zwei komplett unterschiedliche Gefühlswelten.“ Anfangs sei sie froh über die Spielzeit gewesen und dass sie ihren Beitrag leisten konnte: "Das hat mir für den weiteren Verlauf viel Kraft gegeben." Dann kam der positive Corona-Test. "Das war ein echter Schock für mich, den ich lange nicht realisieren konnte. Das Halbfinale und Finale zu verpassen, das war sehr hart." Immerhin wurde sie am Finaltag negativ getestet – und konnte sich das Spiel im Stadium anschauen.
Gut dreieinhalb Jahre nach ihrem Debüt für die Nationalmannschaft ist die 22-Jährige kaum mehr wegzudenken aus der Startelf. Bereits 2019 war die damals 18-Jährige überraschend auf den WM-Zug aufgesprungen, sammelte in Frankreich ihre erste Turniererfahrung. Doch auch sie konnte das Aus im Viertelfinale gegen Schweden nicht verhindern. In ihren wenigen Spielminuten deutete Bühl jedoch schon damals an, dass ihr die Zukunft im Nationalteam gehört.
Dass in der damaligen Freiburg-Spielerin viel Potenzial steckt, blieb dem FC Bayern ebenfalls nicht verborgen, der sich 2020 Bühls Dienste sicherte – und ihren Vertrag Ende 2021 sogar bis 2025 verlängerte. "Als ich aus Freiburg weg bin, war es für mich wichtig, im Inland zu bleiben und in Deutschland weiter auf Topniveau zu spielen", sagt Bühl über ihren Wechsel. 2021 feierte sie prompt ihren ersten Meistertitel bei den Münchnerinnen.
Mit ihrer Antrittsstärke und Schnelligkeit hatte sich Bühl ins Rampenlicht gespielt. Bis zu ihrem coronabedingten Ausscheiden stand die Stürmerin vom FC Bayern München bei jeder EM-Partie in der Startelf. Im letzten Test gegen die Schweiz vor Turnierbeginn erzielte sie gar einen Dreierpack. "Ich musste mich erst einmal einfinden. Während ich mehr und mehr ins Team gerückt bin, hat sich auch das Team selbst gefunden", erinnert sich Bühl an ihre Anfangszeit beim DFB. "Insbesondere 2022 sind wir als Mannschaft gereift, viele Spielerinnen haben ihre Rolle gefunden. Wir haben eine eigene Identität bekommen."
Sie selbst fühle sich in München "unfassbar wohl", weil sie auf Topniveau spielen und weitere Erfahrungen sammeln könne. "Wir etablieren uns mehr und mehr im internationalen Spitzenfußball", so Bühl, die sich einen Wechsel in eine europäische Topliga wie England durchaus vorstellen kann. Doch das ist vorerst Zukunftsmusik.
Erst einmal steht im Sommer das nächste Großevent an: die WM in Australien und Neuseeland. Dann will auch Bühl wieder zu den Hauptdarstellerinnen gehören. Beim jüngsten Test gegen Schweden (0:0) zeigte das DFB-Team eine ausbaufähige Leistung. "Für mich persönlich geht es darum, mitzufahren und mehr und mehr Verantwortung im Team zu übernehmen", schätzt Bühl, die gegen Schweden blass blieb, ihre Rolle zurückhaltend ein. "Bei der EM ist mir das gut gelungen und ich arbeite jetzt weiter daran, meinen Impact auf die Mannschaft so groß wie möglich zu halten."
Equal Pay auch 2023 kein Thema
Beim Turnier in Australien, an dem erstmals in der Geschichte 32 Teams teilnehmen, trifft Deutschland in der Gruppenphase mit Marokko, Kolumbien und Südkorea auf vermeintlich leichte Gegner. Der DFB träumt vom ersten deutschen WM-Titel der Frauen seit 2003.
Dass aber die Frauen bei einem etwaigen Gewinn dieselben Prämien kassieren würden wie die Männer, bleibt vorerst Wunschdenken. So sagte beispielsweise Kapitänin Alexandra Popp bei einer Video-Pressekonferenz Mitte Februar in Marbella: "Das ist ja eine Never-ending-Story. Wir reden hier nicht von Equal Pay. Davon sind wir jetzt erst mal noch echt weit entfernt. Von daher wird das mit Sicherheit auch kein Thema sein."
Und auch Bühl sieht den Fokus anders gesetzt. "Im Nationalteam ist uns vor allem 'Equal Play' wichtig. Trotzdem finde ich es positiv, dass die Journalistinnen und Journalisten nach Equal Pay fragen und darüber berichtet wird – und dadurch etwas angestoßen werden kann." Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Für Klara Bühl – und den gesamten DFB.
- Telefongespräch mit Klara Bühl
- Eigene Recherche
- Fußball-EM der Frauen in der ARD