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Pokal für Rasenballsport
Lautes Schweigen: Bundesliga gratuliert Leipzig nicht


Aktualisiert am 22.05.2022Lesedauer: 5 Min.
Einsamer Gewinner: Leipzigs Trainer Domenico Tedesco mit dem DFB-Pokal.Vergrößern des Bildes
Einsamer Gewinner: Leipzigs Trainer Domenico Tedesco mit dem DFB-Pokal. (Quelle: Tom Weller/dpa)
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Der ungeliebte Sieger: Rasenballsport Leipzig holt den Pokal, und Vereine der Bundesliga schwiegen demonstrativ oder zeigten Freiburg Mitgefühl. Der AfD-Vorsitzende Chrupalla dagegen lobt den "österreichischen Unternehmergeist" der Mannschaft.

Das Spiel von Rasenballsport Leipzig gegen den SC Freiburg im Berliner Olympiastadion war zehn Minuten vorüber, da gratulierte der VfL Bochum dem frischen Pokalsieger: "Herzlichen Glückwunsch an den FV Engers zum Gewinn des Rheinlandpokals! Vielleicht trifft man sich ja wieder in der 1. DFB-Pokalrunde." Der Bundesligist würdigt den Fünftligisten aus einem Neuwieder Stadtteil, und reagiert nicht auf den Verein aus dem Red Bull-Imperium.

Schweigen auch von anderen Clubs, die vergangene Woche noch Eintracht Frankfurt direkt nach dem Sieg im Europa League-Finale gratuliert hatten. Die Frankfurter selbst blieben ebenfalls still, bei ihren Heimspielen gegen Leipzig zeigen sie auf dem Videowürfel nicht mal das Rinder-Logo von Rasenballsport.

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Die Reaktionen sagen viel darüber aus, wie die Bundesliga zu dem vor 13 Jahren gegründeten Konstrukt steht: ablehnend. Freiburg selbst hatte zum großen Unmut der Leipziger untersagt, dass für das Finale gemeinsame Fanartikel mit dem Freiburger Logo produziert werden dürfen – kein Finalschal mit beiden Vereinen, auch das ein Signal.

Werder und Union spenden Freiburg Trost

Nach dem Abpfiff waren es die Freiburger, die Nachrichten von anderen Clubs bekamen: Werder Bremen und Union Berlin spendeten Trost, ohne Leipzig zu erwähnen. "Kopf hoch", twitterte Werder. "Ihr habt eine tolle Pokalsaison gespielt und das sind Bilder, die man sich für Geld nicht kaufen kann." Die "Eisernen" aus Berlin schrieben den Breisgauern: "Ihr hättet es verdient gehabt. Lasst euch dennoch feiern, diese historische Pokalreise kann euch keiner nehmen!"


Ähnlich wie der VfL Bochum machte es der HSV: Kurz nach Abpfiff schickten die Hamburger postwendend Glückwünsche raus – Glückwünsche "an den besten Torschützen der diesjährigen DFB-Pokal-Saison." Bobby Glatzel, ein HSV-Spieler mit fünf erzielten Treffern. Kein Wort zum Pokalfinale.

Kahn und Hoffenheim gratulieren

Der FC Bayern war auf Twitter still, allerdings gratulierte Vorstandschef Oliver Kahn Richtung Sachsen. Er schrieb "Gratulation aus München an @RBLeipzig zum DFB-Pokal-Sieg und zum ersten großen Titel. Wir sehen uns im Supercup! MiaSanMia WeiterImmerWeiter." Darunter brach eine Diskussion aus, ob der Tweet unangebracht ist. Kritik an Kahn überwog.

Der einzige Verein, der am Samstag vorbehaltlos Leipzigs Erfolg würdigte, war die TSG Hoffenheim, die durch die Mittel von Milliardär Dietmar Hopp in die Bundesliga gekommen ist: Nach der Botschaft "Glückwunsch zum DFBPokal-Sieg, Domenico Tedesco & RBLeipzig" forderten aber auch Hoffenheim-Fans in Kommentaren vom Verein, die Botschaft zu löschen.

Hoffenheim ist seit dem Aufstieg der Leipziger in die 1. Bundesliga nicht mehr Hauptzielscheibe von Hass. Noch unbeliebter als Dietmar Hopps Projekt ist Dietrich Mateschitz' Konstrukt. Dazu muss man wissen: Der milliardenschwere österreichische Besitzer von Red Bull hat vor 13 Jahren in Leipzig den Verein gegründet, in dem ausschließlich Red Bull-Getreue das Sagen haben und Vereinsmitglied werden durften. Die Lizenz eines Leipziger Vorort-Vereins war Sprungbrett und Notlösung: Zunächst hatte der Getränkekonzern beim FC St. Pauli und bei Fortuna Düsseldorf angeklopft und sich deutliche Abfuhren geholt.

Auch in Leipzig durfte das Team nicht "Red Bull" heißen, also bekam das Gebilde den sonderbaren Namen "RasenBallsport", abgekürzt RB. 100 Brause-Millionen, die mal als Darlehen gedacht waren und den Durchmarsch aus den Fußballniederungen erkauft haben, hat die Leipziger GmbH zwischenzeitlich in Eigenkapital umwandeln dürfen.

Der Drittligist VfL Osnabrück griff das sogar in einem offenen Brief zum Finale auf: Bei RasenBallsport habe anders als bei den anderen Vereinen "nicht die Förderung des Miteinanders und des Sports im Fokus [gestanden], war nicht Gemeinnützigkeit Gründungsgedanke und waren nicht die Werte des Sports Pate für die Entwicklung." Dort sei es um die Förderung der Marke 'Red Bull' und der Werte der Marke 'Red Bull'" gegangen, heißt es dort. "Der Fußball war Instrument und Mittel, statt umgekehrt externe Geldgeber Mittel zur Entwicklung des Fußballklubs."

Der klaren Positionierung ließ Osnabrück aber am Samstagabend Glückwünsche folgen. Das war bereits im offenen Brief angekündigt: "Sollte die Mannschaft aus Leipzig das Finale gewinnen, dann gratulieren wir ohne Groll und mit Anerkennung für die sportliche Leistung." Die müsse man von den Umständen trennen.

Sportministerin Nancy Faeser (SPD), im Stadion unter den Zuschauern, gratulierte knapp, ausbleibende Glückwünsche von ihr wären ein Affront gewesen.

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Aus der sächsischen Politik gab es ungeteilte Begeisterung aus dem Innenministerium mit einem langgezogenen "Jaaaaaaa! Der DFBPokal kehrt nach 81 Jahren nach Sachsen zurück." Gewürdigt wurde der "junge Verein aus Leipzig, der 13 Jahre und zwei Tage nach Gründung seinen ersten großen Titel trägt." Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), fasste die "großartige Gemeinschaftsleistung" im Glückwunsch mit "So geht sächsisch" zusammen.

Genau daran gibt es aber auch in Sachsen erhebliche Zweifel. Detlef Müller aus Chemnitz, Vize-Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und Sprecher der sächsischen Landesgruppe, beglückwünschte nach Abpfiff zunächst nur Freiburg, den "Pokalsieger der Herzen", zu einer "Super-Saison". Auf einen Hinweis, ob er dem "allerersten DFB-Pokalsieger aus dem Osten" nicht aus Höflichkeit gratulieren wolle, lenkte er ein "Sie haben natürlich recht: Herzlichen Glückwunsch RB Leipzig". Dazu schrieb er aber auch: "Mit 'aus dem Osten' gehe ich nicht konform, mit 'aus Österreich' schon eher."

"Österreich holt den DFB-Pokal"

Der Leipziger Anwalt und Grünen-Politiker Jürgen Kasek, früherer Landtagsabgeordneter, ging noch weiter: Gewonnen habe ein Verein, der in Leipzig ansässig, aber kein Leipziger Verein ist. "Österreich holt den DFB-Pokal. Glückwunsch an den rechtskonservativen Eigner und Putin-Freund und seine 14 Mitglieder", schrieb er.

Was ihn stört, kommt dafür beim AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla gut an, auch ein Sachse. Das Handspiel vor dem 1:0 sei nicht geahndet und ein Elfmeter nicht gegeben worden, leitete er ein. "Österreichischer Unternehmergeist" und "sächsische Standhaftigkeit" hätten aber letztlich den "Sieg über 'politische' Korrektheit davongetragen", schrieb er in seinem Glückwunsch.

Red Bull-Eigner Mateschitz gehört auch "Servus TV", den die "Süddeutsche Zeitung" "Heimatsender von Rechtspopulisten" nannte. Im "Corona-Quartett" hatten auch Corona-Leugner einen festen Sendeplatz. Auch diese Verstrickungen des Rasenballsport-Hintermanns sind ein Grund, warum viele Fans den Verein kritisch sehen. Und andere Bundesligisten nicht mal zum Pokalsieg gratulieren mögen.

"Purer Hass"

Der unterlegene Finalgegner zeigte sich zumindest an der Bank nicht besonders freundlich, berichtete der Leipziger Trainer Domenico Tedesco. Ein "Kollege" aus dem Stab der Freiburger habe sich bei der Roten Karte gegen Marcel Halstenberg "nicht ganz sauber" verhalten, sagte Tedesco: "Man kann sich freuen über eine Rote Karte, aber dann den puren Hass mir gegenüber zu zeigen, da habe ich meine Probleme."

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Nach dem Spiel sei er auf der Suche nach seinem Trainerkollegen Christian Streich gewesen. "Und dann kam genau diese Person auf mich zu und meinte, ich soll mich doch bitte verpieseln und feiern gehen", sagte Tedesco. Er habe mit einem "Dankeschön" geantwortet, dazu warf er ihm als Retourkutsche eine Kusshand entgegen.

"Daraufhin ist dann die Bank explodiert. Da muss ich sagen, dass das einfach schade ist", meinte Tedesco. Mit Leipzig habe er auch das Halbfinale der Europa League in Glasgow verloren. "Das tut nur weh", sagte der RB-Coach, "aber dann gibt man sich die Hand und es ist gut".

Halstenberg war nach einer Notbremse an SC-Stürmer Lucas Höler in der 57. Minute vom Platz geflogen. Leipzig gewann das Finale mit 4:2 im Elfmeterschießen.

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