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FC Bayern: So viel Kompany steckt in der Krise


Nächster erschreckender Auftritt
Der große Traum ist nur noch eine Illusion


Aktualisiert am 19.02.2025Lesedauer: 5 Min.
Vincent Kompany: Dem Belgier wurde der nasse Rasen zum Verhängnis.Vergrößern des Bildes
Vincent Kompany: Dem Belgier wurde der nasse Rasen zum Verhängnis. (Quelle: IMAGO/Bernd Feil/M.i.S.)
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Der FC Bayern schrammt gegen Glasgow nur knapp an der sportlichen Katastrophe vorbei. Die Münchner rätseln selbst über die Gründe ihres Formabsturzes. Auch der Trainer hat seinen Anteil daran.

Vincent Kompany hatte keine Zeit zu verlieren. Schließlich lief bereits die 80. Spielminute und seine Mannschaft lag im Playoffrückspiel gegen Celtic Glasgow mit 0:1 zurück. Bei diesem Spielstand drohte dem FC Bayern nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel vergangene Woche in Schottland die Verlängerung.

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Also trat Kompany aus seiner Coachingzone auf das Spielfeld. Beim Versuch, den Ball, der auf ihn zuflog, zu fangen, damit Bayern keine wertvollen Sekunden verliert und schnell weiterspielen kann, rutschte der Belgier aber auf dem nassen Rasen aus. Er griff knapp am Ball vorbei, geriet ins Stolpern und landete mit dem Hintern auf dem Boden. (Mehr zu dieser kuriosen Aktion lesen Sie hier.)

Eine Szene mit Symbolcharakter. Nein, an diesem Abend wollte dem FC Bayern wirklich nichts gelingen. Wer dafür noch einen endgültigen Beleg brauchte, der bekam ihn spätestens damit geliefert.

Mit dem späten Tor in der letzten Minute der Nachspielzeit zum 1:1 rettete der eingewechselte Alphonso Davies die Bayern zwar doch noch vor der Verlängerung. Die vielen Probleme, mit denen Bayern momentan zu kämpfen hat, waren aber dennoch schlicht nicht mehr zu übersehen.

Freund bei t-online: "Es gibt einige Dinge aufzuarbeiten"

"Es war wichtig, dass wir weitergekommen sind", sagte Sportdirektor Christoph Freund anschließend exklusiv bei t-online. "Wir können natürlich besser Fußball spielen. Es war kein einfaches Spiel, am Ende des Tages ein bisschen glücklich natürlich mit dem Tor in der letzten Minute, aber ganz, ganz wichtig." Freund gab aber auch unumwunden zu: "Es gibt einige Dinge aufzuarbeiten." (Das komplette Exklusivgespräch mit Freund lesen Sie hier.)

Sportvorstand Max Eberl sah das nicht anders. Die letzten beiden Spiele seien "keine Offenbarung" gewesen. Es sei nicht so, dass "wir jetzt dasitzen und sagen: Wir sind in Topform, alles fantastisch", führte Eberl aus. "Das ist es momentan nicht. Es ist alles ein bisschen schwerer."

Doch er hielt fest: "Aber wir sind durch. Das ist erst mal das Wichtigste. Wir haben Leverkusen auf Abstand gehalten. Das war das Zweitwichtigste. Jetzt müssen wir ein paar Dinge daraus lernen." Durch das 1:1 gegen Celtic steht der FC Bayern im Achtelfinale der Champions League. In der Bundesliga liegt der deutsche Rekordmeister nach dem 0:0 am Samstag in Leverkusen in der Tabelle weiterhin acht Punkte vor seinem großen Meisterrivalen.

Thomas Müller fasste die Dinge beim Verlassen der Arena im Gespräch mit t-online folgendermaßen zusammen: "Souverän ist anders, aber weiter ist weiter."

Wo ist Kompanys Spielansatz hin?

Die Art und Weise, wie sich die Bayern in diesen beiden Spielen präsentiert haben, gibt den Verantwortlichen allerdings zu denken. In Leverkusen waren die Münchner über 90 Minuten komplett unterlegen und retteten mit viel Glück und unter anderem nach zwei Lattentreffern ihres Gegners ein torloses Remis. Gegen die vermeintlichen Außenseiter aus Glasgow fehlte nun erneut die Durchschlagskraft in der Offensive.

Vom dominanten Spielansatz, dem Pressing und dem Ballbesitzfußball, den Kompany mit seiner Mannschaft eigentlich zeigen will und in der Hinrunde auch noch erfolgreich praktizierte, war nichts mehr zu sehen. Dieser Negativtrend ist bereits seit der Winterpause und den Spielen gegen Holstein Kiel (4:3), Wolfsburg (3:2), in Rotterdam (0:3), Glasgow (2:1) und erst recht in Leverkusen (0:0) zu beobachten.

"Es waren jetzt zwei Spiele, die ein bisschen anders waren", sagte Freund. Die verlorene fußballerische Linie ist keinesfalls gewollt. "Nein, nein. Wir wollen eigentlich schon weiter dominant auftreten."

Nur gelang den Bayern das zuletzt eben nicht mehr. Das mag unter anderem in Formkrisen einzelner Spieler oder teilweise auch mit Verletzungen, wie der von Torschütze Davies, begründet sein.

Kompany plädierte für mildernde Umstände. "Es ist nicht so einfach, durch dieses Programm zu kommen. Die Jungs haben jetzt so viel gegeben. Wir haben jetzt ein paar Extratage vor Frankfurt." Aber auch der Trainer weiß: "Unser Ziel ist, dass Leistung und Ergebnis stimmen." Das Thema Belastung darf da als Ausrede nicht gelten. Erst recht nicht direkt zu Beginn der heißen Phase der Saison.

Dass die Bayern mit den beiden Play-off-Spielen noch zwei zusätzliche Partien absolvieren musste, haben sie sich mit der ebenso unnötigen wie deutlichen 0:3-Niederlage am vorletzten Spieltag der Ligaphase bei Feyenoord Rotterdam selbst zuzuschreiben. Ansonsten hätten die Münchner nach ihrem Ausscheiden im DFB-Pokal im gesamten Februar nicht eine einzige Englische Woche mit zwei Spielen gehabt.

Kompany trägt Mitschuld an der Krise

Auch Kompany selbst trägt zweifellos zumindest eine Mitschuld an der Krise, in der die Bayern sich momentan befinden. Schon in den vergangenen Wochen verwunderte er teilweise mit seiner Aufstellung und der Rotation darin. Der in der Hinrunde noch gesetzte Aleksandar Pavlović muss seinen Startelfplatz seit der Winterpause in jedem zweiten Spiel an den eigentlich bereits ausgebooteten Leon Goretzka abgeben. Zur Sicherheit im Mittelfeld trägt dieses Wechselspiel nicht bei.

Am Samstag in Leverkusen überraschte Kompany mit dem Blitz-Startelf-Comeback von Hiroki Itō, der als Linksverteidiger auch prompt an seine Grenzen stieß. Gegen Glasgow standen plötzlich Serge Gnabry und Josip Stanišić, der für den eigentlich verlässlichen Konrad Laimer reinkam, in der Anfangsformation. Beide waren Totalausfälle. (Mehr dazu lesen Sie hier in der Einzelkritik).

Stanišić verschuldete mit einem stümperhaften Querpass in die Mitte und in die Füße seines Gegenspielers den Gegentreffer zum 0:1 in großen Teilen mit. Bereits zuvor hatte er unsicher gewirkt und sich teilweise in der Defensive vorführen lassen. Vor der ersten Großchance von Celtic-Torschütze Nicolas Kühn ließ er sich von Daizen Maeda tunneln und sah ganz schlecht aus (16.).

Kompany reagierte trotzdem nicht, Stanišić spielte 90 Minuten durch. Die Auswechslungen, die Kompany stattdessen vornahm, folgen vielmehr seinem Schema F aus den vergangenen Wochen: Zwei Außenspieler raus, zwei andere rein. In diesem Fall kamen Kingsley Coman und Leroy Sané aufs Feld.

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Zugutehalten muss man dem Belgier, dass er mit Davies immerhin auch den Torschützen zum so wichtigen 1:1 einwechselte. Wofür Kompany ebenfalls nichts kann, ist die Tatsache, dass er in seinem Kader keinen Back-up für Mittelstürmer Harry Kane hat. Erst recht nicht nach dem Abgang von Mathys Tel per Leihe zu Tottenham Hotspur. Aber auch Top-Torjäger Kane wirkt in den vergangenen Wochen nicht mehr richtig ins Bayern-Spiel eingebunden und traf meistens nur noch per Elfmeter.

Großer Traum? Bayern droht böses Erwachen

Gegen Glasgow ging er angeschlagen ins Spiel und kam erneut – abgesehen von seinem Lattentreffer kurz vor der Pause – kaum zur Geltung. Wenn das so ist oder er, wie nach der ersten Halbzeit gegen Glasgow, angeschlagen raus muss, hat Bayern ein großes Problem in der Offensive. Die Angriffe wirken dann oft extrem ausrechenbar. Den Flügelspielern und auch Zehner Jamal Musiala fehlen die Durchschlagskraft und Effektivität. Musiala vermag es momentan ebenfalls nicht, das Spiel der Bayern zu bestimmen. Auch er steckt – trotz seiner vollzogenen Mega-Vertragsverlängerung – seit der Winterpause im Formtief. Damit ist er aber längst nicht der Einzige.

Die Bayern müssen ihre bestehenden Probleme nun dringend in den Griff bekommen. Schließlich warten schon am Sonntag gegen Eintracht Frankfurt und in der kommenden Woche beim VfB Stuttgart zwei schwierige und wegweisende Spiele in der Bundesliga.

Direkt danach folgt dann das Achtelfinale der Champions League gegen Leverkusen oder Atlético Madrid. In Anbetracht der enttäuschenden vergangenen Auftritte muss Bayern vor beiden Gegnern angst und bange werden. Ein Achtelfinal-Aus in der Saison, in der das Finale der Königsklasse am 31. Mai in München ausgetragen wird, würde einer Katastrophe beim FC Bayern gleichkommen.

Noch auf der Jahreshauptversammlung rief Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen den anwesenden Mitgliedern vollmundig zu: "In diesem Jahr nennen wir es nicht 'Finale dahoam', sondern 'Titel dahoam'". Bei diesem großen Traum droht nun ein böses Erwachen. Eigentlich ist er momentan gar keiner mehr, sondern vielmehr eine Illusion.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort in der Allianz Arena
  • Mixed-Zone-Gespräche mit Christoph Freund, Max Eberl und Thomas Müller
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