Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Hertha-Retter Magath Er hat es allen gezeigt
Als Felix Magath im März nach Berlin kam, wurde er belächelt, als Trainer von vorgestern abgestempelt. Doch selbst mit 68 Jahren hat er seine Kritiker alt aussehen lassen.
Felix Magath ist ein großer Trainer. Als ich – Jahrgang 1994 – angefangen habe, Fußball zu gucken, wurde er wenige Jahre später Deutscher Meister mit dem FC Bayern, gewann zweimal in Folge das Double. Magath war für mich automatisch ein Mann des Erfolgs. Als er dann 2008/09 das Wunder mit dem VfL Wolfsburg schaffte und seinen dritten Meistertitel feierte, war er für mich endgültig einer der Besten seines Fachs.
Eine Täuschung
Und trotzdem schüttelte ich fast 13 Jahre später den Kopf, als Hertha BSC im März den inzwischen 68 Jahre alten Felix Magath zu der Person machte, die den Krisenklub aus Berlin-Westend retten sollte. Andere waren noch kritischer, belächelten ihn und stempelten ihn als Trainer von vorgestern ab. Denn in diesen 13 Jahren zwischen dem Titelgewinn mit Wolfsburg und seinem Job bei Hertha war viel passiert.
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2014 sollte er den FC Fulham in der Premier League retten – dieser stieg ab. 2016 und 2017 schaffte er zwar mit einem Klub den Klassenerhalt, das war aber in China. Und von Januar 2020 bis März 2021 arbeitete er als Manager bei den Würzburger Kickers und feuerte in dieser Zeit drei Trainer. Im Sommer 2021 stieg Würzburg aus der 2. Bundesliga ab.
Der Glaube daran, dass er im modernen Fußball auf dem Niveau der Bundesliga nun bestehen könnte, fehlte vielen. Und das war eine Täuschung.
Hertha zeigte Leben
Denn Magath wusste ganz genau, worauf es ankommt. Er gab einer leblos wirkenden Mannschaft, die er auf Platz 17 übernommen hatte, einen klaren Fokus. Er gab ihr Emotionen, Zusammenhalt und Leidenschaft. Er setzte nicht auf taktische Tricks oder ein komplexes Spielsystem. Er wollte, dass diese Mannschaft Grundtugenden zeigt. Und er wusste, an welchem wichtigen Teil eines Fußballspiels er in kurzer Zeit Veränderungen sehen kann: an den Standards.
All das ging auf. Seit der ersten Partie unter Magath zeigte Hertha Leben. Es war selten schön, was die Mannschaft in Blau-Weiß auf den Platz brachte, aber es war oft effektiv. Sechs der elf Tore vor der Relegation unter Magath fielen nach Ecken, Freistößen und Elfmetern. Sein Wirken war zu spüren.
Er hat es allen gezeigt
Was ebenso wichtig war: Der erfahrene Trainer bewahrte die Ruhe. Als Hertha im Derby gegen Union klar verlor, blieb er gelassen. Als Hertha nach einem 2:0 gegen den VfB Stuttgart als gerettet galt, bremste er die Euphorie der Fans. Und als Hertha nach dem 0:1 im Hinspiel der Relegation gegen den Hamburger SV für viele als Absteiger feststand, nutzte er die Gunst der Stunde und schob den Druck in den Norden. "Jetzt hat der HSV etwas zu verlieren", sagte er. Und behielt recht.
Im Rückspiel, dem großen Finale der Relegation, vertraute er seinen Spielern, allen voran Kevin-Prince Boateng. Der Leitwolf dieser Hertha durfte die Mannschaft aufstellen, Magath gab sein Go. Die Spieler kämpften, rannten, gaben alles. Und sie erzielten zwei Tore – natürlich per Standard. Sie zeigten all das, was Magath von ihnen wollte. Sein Plan ging auf.
Damit hat Magath es allen gezeigt. Allen, die ihn unterschätzt und belächelt hatten. Allen, die ihm den Klassenerhalt mit Hertha nicht zugetraut hatten. Auch mir.