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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nils Petersen "Ich hatte Angst davor, wie es mit dem Fußball weitergeht"
Die Bundesliga findet aktuell vor wenigen Zuschauern statt. Spieler müssen regelmäßig einen Corona-Test machen. Doch wie ist die Situation hinter den Kulissen? Freiburgs Nils Petersen spricht über die Herausforderungen.
Die Corona-Infektionszahlen in Deutschland steigen laut Robert Koch-Institut wieder an. Die Bundesliga spielt aktuell vor wenigen Zuschauern, maximal 20 Prozent der Karten dürfen verkauft werden. Auch für Spieler ist die neue Situation eine Herausforderung.
Doch wie genau fühlt es sich an, dauernd getestet zu werden und immer unter Beobachtung zu stehen? Freiburg-Stürmer Nils Petersen spricht im Interview mit t-online über seine Erfahrungen, den Lockdown und die "Sonderrolle" des Fußballs.
t-online: Herr Petersen, wie gehen Sie mit den andauernden Corona-Tests um?
Nils Petersen (31): Es ist zur Gewohnheit geworden, den Test zwei Mal die Woche zu machen. Allerdings ist es so, dass ich immer mehr Respekt vor dem Test habe. Inzwischen gibt es teilweise auch positive Befunde. Es ist nicht selbstverständlich, negativ durch die Testung zu kommen. Ansonsten hoffe ich immer, dass wieder eine Woche vergangen ist und wir Samstag 15.30 Uhr haben, damit nichts dazwischenfunkt. Ich freue mich, dass es gut angelaufen ist und drei Spieltage stattgefunden haben. Das Konzept scheint zu funktionieren.
Wie haben Sie sich gefühlt, als der Fußball wieder losging, als die Welt noch stillstand?
Der Fußball hat gute Konzepte erarbeitet. Konzepte, die auch von anderen Sportarten und Berufssparten übernommen worden sind. Aber natürlich war anfangs Beklemmung da, weil wir wussten, dass viele gerade leiden. Viele andere Berufszweige und Existenzen standen zu dieser Zeit auf dem Spiel. Ich war erst wieder glücklich, als die Leute auf den Straßen sich gefreut haben, dass es wieder losging und ich wieder angesprochen wurde. Montags konnten die Leute wieder unser Spiel auseinandernehmen. Davor war auch das schlechte Gewissen teilweise da. Ich habe auch im eigenen Freundeskreis gesehen, dass es ganz andere Probleme als Fußball gab.
War das bei Ihnen und Ihrer Verlobten daheim ebenfalls ein Gesprächsthema durch die unterschiedlichen Berufszweige?
Sie arbeitet im Amtsgericht. Wir hatten beide das Glück, einen Beruf zu haben, den wir auch ausüben durften. Der Fußball ging weiter. Auch in ihrem Job konnte sie nicht wegbleiben.
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Wie haben Sie den Lockdown wahrgenommen?
Es war eine neue Situation für mich. Ich habe überall das Wort 'Entschleunigung' gehört. Das ist total treffend. Sonst sehe ich in den sozialen Netzwerken, wer gerade im Urlaub und unter Palmen ist und denke, ich verpasse etwas oder muss wie die anderen aktiv sein. Nun war die Entschleunigung gezwungenermaßen da, und ich konnte mich mit meinen eigenen vier Wänden beschäftigen und neue Hobbies entwickeln. So kann ich andere Dinge, wie ein volles Fußballstadion, wieder mehr genießen, weil es einfach selbstverständlich geworden war.
Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Ich bin gut durchgekommen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es eine Katastrophe war. Ich hatte mehr Angst davor, wie es mit dem Fußball weitergeht, weil es unsere Berufung ist.
Wie haben Sie die freie Zeit genutzt?
Wir haben Fernsehabende gemacht oder ich habe mir die Tageszeitung abonniert. Das habe ich die letzten Jahre nie gemacht. Mein letztes Abo hatte ich, als ich noch zu Hause gewohnt habe. Sonst funktioniert alles immer online. Ich habe auch mal nichts getan, das gibt es ja heutzutage nicht mehr.
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Wie ist Fußball ohne Zuschauer für Sie als Spieler?
Wenn ich eine Pro- und Kontra-Liste erstellen müsste, dann wäre der einzige Vorteil das Auswärtsspiel, bei dem wir weniger Gegenwehr haben. Zuschauer können Bälle über die Linie schreien. Wir hatten gegen Wolfsburg 3.000 Zuschauer im Stadion und ich hatte Gänsehaut. Ich habe die 3.000 Zuschauer im ersten Moment wie sonst die 24.000 wahrgenommen. Wenn man sich überlegt, dass 24.000 Fans da gewesen wären, dann kann man sich das gar nicht mehr vorstellen. Das ist alles so selbstverständlich gewesen: Volle Hütte, gute Stimmung, alle stehen im Stau danach. Auf einmal ist alles anders und man vermisst es total. Ohne die Zuschauer war es weniger Druck, aber ich habe diesen Druck vermisst. Beim Tor ein paar tausend Zuschauer mitzunehmen, das fehlt brutal.
Glauben Sie, dass es noch in dieser Saison wieder volle Stadien geben wird?
In der Hinrunde auf gar keinen Fall. Selbst bis zum Saisonende würde es mich überraschen. Herbst und Winter kommen jetzt erst. So lange die Infektionszahlen steigen, gibt es keinen Grund für weitere Lockerungen. Ich hoffe, dass es mindestens dabei bleibt, wie es aktuell ist. Ein volles Stadion wäre ein Traum.
Was haben Sie für sich aus der Situation mitgenommen?
Die Entschleunigung und sich Zeit zu nehmen. Das Leben ist schon schnelllebig genug geworden. Es ist ein innerer Kampf, abzuschalten und das Handy wegzulegen, aber ich kann es nur empfehlen. Ab und zu erwische ich mich dabei, wie ich sinnlos Zeit am Handy verplempert habe. Es gibt einfach Dinge, die sinnvoller sind. Gerade in meinem Alter, wenn man weiß, dass der Fußball mal vorbei ist.
Wie lange können Sie Ihre Form noch halten?
Mein Wunsch ist es, noch drei, vier Jahre in der Bundesliga zu spielen. Ob ich das schaffe, liegt nur an mir.
Welches Ziel haben Sie mit Freiburg?
Wir hatten personelle Verluste, aber wir haben auch gute Spieler dazu bekommen. Deswegen würde ich mich freuen, wenn wir uns gut im Tabellenmittelfeld positionieren. Das wäre aber auch optimistisch gedacht. Glücklich bin ich auch, wenn wir weiter oben landen.
Sie haben mal in einem t-online-Interview gesagt, dass Sie lieber die 2. Liga anstelle der Premier League anschauen. Ist das immer noch so?
Ich habe Paderborn gegen Hamburg geschaut und nicht Arsenal gegen Liverpool. Ich denke, das sagt alles.Ich schaue schon auch die Spiele von Robin oder Luca (Petersens Ex-Teamkollegen Koch und Waldschmidt, Anm. d. Red.) an. Aber ich schätze und liebe den deutschen Fußball.