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Julian Baumgartlinger: Wir müssen uns der Politik nicht anpassen


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Österreich-Kapitän
Baumgartlinger: Wir müssen uns der Politik nicht anpassen

InterviewVon Tobias Ruf

21.03.2019Lesedauer: 4 Min.
Julian Baumgartlinger ist seit 2016 Kapitän der österreichischen Nationalelf.Vergrößern des Bildes
Julian Baumgartlinger ist seit 2016 Kapitän der österreichischen Nationalelf. (Quelle: GEPA pictures/imago-images-bilder)
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Klare Worte von Julian Baumgartlinger. Im Interview spricht der Kapitän der österreichischen Nationalmannschaft über Sport und Politik in seinem Heimatland, zieht Vergleiche zu Deutschland und nennt seine Zukunftspläne.

Bereits im Alter von 13 Jahren wagte der Österreicher Julian Baumgartlinger den Sprung nach Deutschland. In seiner Jugend wurde der Mittelfeldspieler von Bayer 04 Leverkusen beim TSV 1860 München ausgebildet, wo er 2007 sein Profidebüt feierte. Nach einem zweijährigen Gastspiel bei Austria Wien kehrte der 31-Jährige nach Deutschland zurück. Er spielte von 2011 bis 2016 bei Mainz 05 und war dort auch Mannschaftskapitän.

Das ist er auch in der österreichischen Nationalmannschaft, für die er 2009 debütierte. Im Interview mit t-online.de äußert sich der Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen dezidiert über Entwicklung und Potenzial im österreichischen Fußball, zieht Vergleiche zu Deutschland und spricht über Politik und Sport in seinem Heimatland.

Herr Baumgartlinger, wie talentiert ist der österreichische Fußball?

Der österreichische Fußball muss sich vor der internationalen Konkurrenz nicht verstecken. Wir haben in den letzten zwanzig Jahren eine solide Basis geschaffen, die zunehmend Früchte trägt. Die Jugendnationalmannschaften qualifizieren sich regelmäßig für große Turniere und auch die Aufstiegsrate in die A-Nationalmannschaft ist entsprechend hoch.

Wie ist der Fußball infrastrukturell aufgestellt?

Auch in diesem Bereich hat sich viel zum Positiven entwickelt. In Salzburg ist ein Kompetenzzentrum für die Ausbildung junger Spieler entstanden, das mit dem Gewinn der UEFA Youth League 2017 ihr Potenzial unter Beweis gestellt hat. Bei den meisten Profiklubs sind Jugendakademien fest etabliert und in die Stadien, wie beispielsweise bei Austria und Rapid Wien, wird zunehmend investiert. Auch im Verband macht man sich viele Gedanken. So wurden beispielsweise Profiligen reformiert und seit dieser Saison wird der Meister erstmals im Play-off-Verfahren ermittelt. Das erhöht die Spannung und hoffentlich auch den Zuschauerzuspruch.

Wie groß ist der Rückstand im Vergleich zu Deutschland?

Die Situation in Österreich ist mit der in Deutschland nicht vergleichbar. In Deutschland gibt es viele Metropolen und Ballungszentren, die infrastrukturell ideale Rahmenbedingungen für den Fußball bieten. Man muss sich immer bewusst sein, wie Österreich als Land gewachsen ist. Viel konzentriert sich auf die Metropole Wien, daneben gibt es noch weitere größere Städte wie Salzburg, Linz, Innsbruck oder Graz. Da ist es vermessen, den Anspruch zu haben, dass außerhalb dieser Städte jeder Klub über ein 20.000-Zuschauer-Stadion und die dazugehörige Infrastruktur verfügt.

Welchen Stellenwert hat der Fußball in der Gesellschaft?

Grundsätzlich ist Österreich sehr begeisterungsfähig für den Fußball. Aber das hängt immer auch vom sportlichen Erfolg ab und ist ein weiterer Punkt, der Deutschland von Österreich unterscheidet. Deutschland spielt immer bei großen Turnieren mit und das auch meist sehr erfolgreich. Da ist die logische Konsequenz, dass der Sport zu einem Zuschauermagneten wird, der entsprechende Gelder generiert, die dann in die Weiterentwicklung des Sports fließen. Im Vergleich dazu hat der Wintersport in Österreich die entsprechende Tradition. Hier sind wir Teil der Weltspitze und entsprechend ist die Infrastruktur über die Zeit gewachsen.

Was bedeutet das für Sie als Sportler?

Dass es unsere Aufgabe ist, mit konstant guten Leistungen für die entsprechende Euphorie zu sorgen. Wenn wir als Nationalmannschaft keine guten Leistungen zeigen, können wir nicht erwarten, dass uns die Fans bedingungslos unterstützen und wir jedes Heimspiel vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion spielen. Wir müssen die Fans für den Fußball begeistern. Und mit der Unterstützung der Vereine und des Verbandes können wir das Niveau in Österreich noch weiter steigern.

Ist der erste notwendige Schritt dabei die Qualifikation für die EM 2020?

Klares ja. Das muss unser Anspruch sein und wir haben die Qualität, dieses Ziel auch zu erreichen.


Sie haben vor einem Jahr Bedenken über zunehmenden Rechtsruck und Populismus in Politik und Gesellschaft geäußert. Wie ist die derzeitige politische Situation in Österreich mit ihren Ansichten kompatibel? Schließlich sind Sie der Kapitän der Nationalmannschaft.

Es geht hier meiner Meinung nach nicht um Kompatibilität. Der Sport, nicht nur der Fußball, hat so eine völkerverbindende Funktion und integrative Kraft, dass er sich den politischen Gegebenheiten nicht anpassen muss. Natürlich dürfen wir als Sportler nicht die Augen verschließen und uns ganz von diesen Themen loslösen. Wir haben als Gruppe die Chance, positive Signale zu setzen und unsere Werte zu repräsentieren.

Welche Werte sind das?

Wir haben alle unterschiedliche Backgrounds und wollen gemeinsam Großes erreichen. Das ist das Zeichen, was wir an die Gesellschaft weitergeben wollen. Was die Politik daraus macht, davon wollen wir uns freimachen. Wir wollen die Werte leben, stehen als multikulturelles Team für Offenheit, Solidarität und Menschlichkeit. Daraus sind wir entstanden und damit sind wir erfolgreich.

Wie geht es für einen Typen wie Julian Baumgartlinger nach der aktiven Karriere weiter?

Zunächst, wenn es die Gesundheit zulässt, möchte ich noch einige Jahre auf dem Platz stehen. Ich habe sehr viel Spaß am Sport und möchte noch lange auf diesem Niveau spielen. Anschließend sehe ich meine Zukunft weiterhin im Fußball. Der Fußball hat mir eine so vielseitige Ausbildung ermöglicht, da wäre es verschenkt, all die Fertigkeiten und Erfahrungen nicht zu nutzen. In welcher Funktion das sein wird, lasse ich mir offen.

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