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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bundesliga-Kapitän packt aus "Versagensängste sind ständige Begleiter geworden"
Daniel Baier gehört zu den erfahrensten Bundesliga-Profis. Im Interview spricht der Kapitän des FC Augsburg über Veränderungen im Profigeschäft und welche Auswirkungen diese auf Spieler haben können. Zudem beklagt er fehlende Konsequenz in der Öffentlichkeit und erklärt, was hinter der erfolgreichen Saison seines Vereins steckt.
Herr Baier, mit seinem Interview über Druck im Fußball hat Per Mertesacker für viel Aufsehen gesorgt. Wie stehen Sie zu dieser Thematik?
Daniel Baier (33): Es gibt mit Sicherheit weitere Spieler, die ähnliche Probleme wie Per Mertesacker haben. Das große Problem ist aber, dass sie damit nicht an die Öffentlichkeit gehen können. Das würde dem jeweiligen Spieler als Schwäche ausgelegt werden und könnte seiner Karriere schaden. Daher ist die Hemmschwelle, offen über derartige Themen zu sprechen, entsprechend hoch.
Könnte Mertesackers Offenheit für das Thema sensibilisieren?
Ich hoffe es, bin da aber sehr skeptisch. Wir haben es in der Vergangenheit ja erlebt. Nach dem Suizid von Robert Enke war die Thematik plötzlich in der Öffentlichkeit und es wurde von allen Seiten zugesichert, dass psychischer Druck im Fußball eine ernste Angelegenheit ist, auf die man mehr Rücksicht nehmen muss. Dieses Vorhaben war aber nur von kurzer Dauer. Nach dem Suizid-Versuch von Babak Rafati ist das Thema wieder aufgekommen, wieder wurde von allen Seiten mehr Sensibilität gefordert. In den Vereinen wurden vermehrt Angebote zur Unterstützung der Spieler, auch im Nachwuchsbereich, geschaffen, elementar verändert hat sich aber in der Öffentlichkeit nichts.
Was meinen Sie damit?
Es ist alles noch schnelllebiger und noch leistungsorientierter geworden. Der psychische Druck, den diese Entwicklung erzeugt, wird aber nach außen hin weitgehend tabuisiert. Das ist aber kein fußball-spezifisches Problem, sondern hat mit unserer gesellschaftlichen Entwicklung zu tun. Versagensängste und Drucksituationen sind ständige Begleiter geworden, wahrscheinlich in allen Berufsgruppen und Lebenslagen. Insgesamt muss man das Thema aber differenziert betrachten. Das hängt immer vom jeweiligen Typ ab. Ich selbst habe diese extremen Ausmaße nicht erlebt, andere offensichtlich schon. Das ist wie im normalen Leben auch. Jeder Mensch reagiert auf Drucksituationen unterschiedlich.
Sie sind seit dieser Saison Kapitän des FCA. Hat Sie die neue Rolle verändert?
Die Aufmerksamkeit ist größer geworden, als Kapitän steht man zwangsläufig mehr im Fokus. Im Innenleben der Mannschaft und des Vereins hat sich aber nichts Wesentliches geändert. Ich war schon vor meiner Zeit als Kapitän Führungsspieler, hatte immer ein enges Verhältnis zum jeweiligen Trainerstab und habe versucht, mich in verschiedene Bereiche einzubringen, wenn meine Meinung gefragt war.
Sie spielen seit 2010 für Augsburg. Was macht den Verein aus?
Neben der guten individuellen Besetzung, die wir in allen Teilen des Klubs haben, ist der Zusammenhalt im gesamten Verein einer der Erfolgs-Faktoren. Außerdem herrscht eine konstante Ruhe im Verein. Es hebt keiner ab, wenn es sportlich gut läuft. Wenn die Ergebnisse mal nicht stimmen, bricht aber auch keine Panik aus. Ich habe eine besondere Verbindung zu diesem Verein aufgebaut. Der FCA hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen. Ich bin froh und stolz, ein Teil dieses großartigen und besonderen Prozesses zu sein.
Aus sportlicher Sicht lief es in den letzten Wochen schwankend. Spielt der FCA eine Achterbahn-Saison?
Das sehe ich anders. Man darf nicht vergessen, mit welchen Mitteln wir hier arbeiten, welchen Etat wir zur Verfügung haben. Da ist es ganz normal, dass es im Laufe einer Saison schwächere Phasen und Leistungsschwankungen gibt. Das ist nicht nur in Augsburg so, sondern betrifft fast alle Mannschaften in der Liga. Außerdem haben wir derzeit viele Verletzungssorgen, das kann ein Verein wie Augsburg nicht so einfach kompensieren.
Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Saisonverlauf?
Wir haben in 27 Spielen 35 Punkte gesammelt und stehen zehn Punkte vor dem Relegationsplatz. Das haben uns vor der Saison nur die wenigsten zugetraut. Ich bin zufrieden mit der Bilanz, auch wenn natürlich gerne noch der ein oder andere Punkt dazukommen darf.
Am Samstag gastieren Sie in Leverkusen. Wie schwierig wird das Gastspiel beim Champions-League-Aspiranten?
Die Aufgabe in Leverkusen hat es natürlich in sich. Bayer 04 verfügt über viel Qualität. Aber das Spiel gegen Köln hat gezeigt, dass Leverkusen schlagbar ist. Der FC hat vorgemacht, mit welchen Mitteln man Leverkusen schlagen kann.
Welche Mittel sind das?
Wir müssen gallig sein, aggressiv in die Zweikämpfe gehen und unser spielerisches Potenzial abrufen. Unser Ziel ist es, dort zu gewinnen. Und genau so werden wir das Spiel auch angehen.