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Stuttgarts Aogo wirft Bundesliga-Kollegen Heuchelei vor


Aogo über Bundesligatrend
Rosenkranz-Tattoos und Jesus-Shirts? "Da ist so viel Heuchelei dabei"

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Ein Interview von Alexander Kohne

Aktualisiert am 26.01.2018Lesedauer: 5 Min.
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Stammspieler: Dennis Aogo spielt seit August beim VfB Stuttgart und hat seitdem 16 von 19 Bundesligabegegnungen bestritten.Vergrößern des Bildes
Stammspieler: Dennis Aogo spielt seit August beim VfB Stuttgart und hat seitdem 16 von 19 Bundesligabegegnungen bestritten. (Quelle: Sportfoto Rudel/imago-images-bilder)

Viele Bundesligaspieler tragen ihren Glauben offensiv nach außen. Für Stuttgarts Dennis Aogo teilweise zu offensiv. Im Interview erklärt der zwölfmalige deutsche Nationalspieler, was ihn besonders stört.

t-online.de: Herr Aogo, Sie waren im Sommer für eineinhalb Monate vereinslos. Wie war das, als Ex-Nationalspieler mit gerade einmal 30 Jahren plötzlich ohne Verein dazustehen?

Dennis Aogo: Das war eine schwierige Situation, gerade auch mit einem kleinen Baby, das damals noch nicht einmal ein Jahr alt war. Da möchte man natürlich eine gewisse Sicherheit haben. Es war schon eine stressige Zeit, aber ich hatte keine Sorgen, dass es sportlich nicht mehr weitergeht. Nach zwölf Jahren in der Bundesliga war ich ziemlich sicher, einen Verein zu finden.

Sie waren mit anderen vertragslosen Spielern (u. a. Eric Maxim Choupo-Moting, Roberto Hilbert und Jan Kirchhoff) in einem von Ihrer Beratungsagentur organisierten Trainingslager. Das hat es in Deutschland in der Größe noch nicht gegeben. Wie war die Stimmung?

Jeder hatte das Gefühl, auf heißen Kohlen zu sitzen und natürlich die Hoffnung, morgen nicht mehr da zu sein. Wir hoffen alle, dass es irgendwo weitergehen wird – waren also in der gleichen Situation, was uns schon zusammengeschweißt hat. Aber natürlich war klar, dass in den Vereinen schon trainiert wurde und wir – im Fall eines Wechsels – sofort funktionieren müssen.

Sie haben in dieser Zeit via Facebook viele Trainingsvideos gepostet. Hat Ihnen das bei der Vereinssuche geholfen?

Social Media ist eine Art Spiegel von einem selber. Und Vereine informieren sich zunehmend darüber. Natürlich möchte man potenziellen Arbeitgebern zeigen, dass man hart arbeitet und nicht auf der faulen Haut liegt bzw. erst vier Wochen nach einer Verpflichtung spielbereit ist. Deshalb haben wir diesen Weg intensiv genutzt.

Sie engagieren sich in der Initiative Common Goal, bei der Fußballprofis ein Prozent ihres Gehalts für soziale Projekte spenden. Sie geben sogar zwei Prozent. Warum?

Ich darf als Fußballprofi ein sehr privilegiertes Leben führen – auch, wenn das hart erarbeitet ist. Aber es gibt auch andere Jobs, in denen Menschen hart arbeiten, aber nicht vergleichbar honoriert werden. Meiner Meinung nach erwächst daraus eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb war es schon länger ein Wunsch, mich in dieser Richtung zu engagieren. Und als ich von Common Goal gehört habe, hat es sofort gepasst. Zumal die Strukturen dort stehen und ich weiß, dass das Geld ankommt.

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Seit Ihrem Wechsel zum VfB ist etwa ein halbes Jahr vergangen. Wie fällt die bisherige Bilanz aus?

Für mich persönlich ist es bislang ordentlich gelaufen. Ärgerlich war sicherlich die vergebene Chance in Hannover und der verschossene Elfmeter Ende Dezember im Pokal-Achtelfinale gegen Mainz. Der hat am Ende dazu geführt, dass wir nicht weitergekommen sind. Denn mit einer 2:0-Führung wäre das sicher gegessen gewesen – so haben wir noch 1:3 verloren.

Insgesamt bin ich nach meinem Wechsel gut angekommen, habe sofort gespielt. Kleine Verletzungen haben mich etwas aus dem Rhythmus geworfen, wodurch ich meinen Platz in der Mannschaft zwischenzeitlich verloren habe. Zuletzt war ich aber wieder von Beginn an dabei. Unter dem Strich ist klar, dass ich in den restlichen Saisonspielen noch einiges drauflegen kann.

Wie sehen Sie die Teambilanz?

Ähnlich. Bisher haben wir Höhen und Tiefen erlebt. Auffällig ist, dass wir zuletzt sehr viele Spiele in der entscheidenden Phase verloren haben. Wenn das anders gelaufen wäre, würden wir jetzt besser dastehen. Wir haben sicherlich das Potenzial, in der Rückrunde mehr als die 17 Punkte der Hinrunde zu holen.

Hängt das auch mit fehlender Erfahrung zusammen? Der VfB hat immerhin eine sehr junge Mannschaft – obwohl erfahrene Bundesligaspieler wie Sie, Holger Badstuber oder Andreas Beck geholt wurden.

Nein, ich glaube nicht, dass das damit zu tun hat. Als ich gekommen bin, war das Team wirklich sehr sehr sehr jung, aber mittlerweile haben wir eine gute Mischung. Deshalb würde ich das nicht gelten lassen.

Seit Januar ist auch Mario Gomez zurück: Schießt er den VfB zum Klassenerhalt?

Na hoffentlich. Aber Wahrsagen kann ich nicht. Was ich aber sagen kann: Mario ist ein sehr bodenständiger Mensch, hat keine Starallüren und natürlich sportlich diesen besonderen Touch. Seine Karriere ist unglaublich – auch wenn er in Deutschland zuletzt teilweise sehr polarisiert hat. Das kann ich übrigens überhaupt nicht nachvollziehen, weil seine Quote unglaublich ist …

... was meinen Sie da konkret? Warum hat er so polarisiert?

Für das, was er geleistet hat, hat er auf nationaler Ebene nie den Stellenwert erhalten, den er verdient hätte. Ob in der Nationalmannschaft oder damals bei Bayern: Mario hat immer getroffen, stand aber auch immer in der Kritik. Dabei gibt es sportlich überhaupt keine Zweifel. Er hat dieses besondere Etwas, weiß einfach, wo er stehen muss. Deshalb ist er für uns ein unglaublicher Gewinn – und wäre das auch für jede Mannschaft in der Bundesliga.

Sie sprachen Gomez' Ex-Klub Bayern München an. Der liegt mit 16 Punkten Vorsprung auf Platz eins. Was halten Sie von der Langeweile im Meisterschaftsrennen?

Natürlich ist es für die Bundesliga insgesamt nicht so spannend, wenn Bayern immer vorne wegmarschiert. Aber die sind nun einmal das Nonplusultra. Es wäre der Bundesliga natürlich zu wünschen, dass mehr Mannschaften in die Nähe der Qualität der Bayern kommen, aber das hängt von so vielen Faktoren ab.

Zu einem ganz anderen Thema: Ihr Großvater war Pastor in Nigeria. Auch Sie sind sehr gläubig. Hat das bei der sportlichen Karriere geholfen?

Ja, sehr sogar. Denn ohne den Glauben an irgendetwas ist man eigentlich ein toter Mensch. Mir hat das definitiv geholfen – in großem Ausmaß. Mit Glauben fängt alles an – alles was man erreicht hat, hat mit dem Glauben daran angefangen. Deshalb ist er für mich so wichtig.

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Wie äußert sich das in Ihrem Alltag?

Ich bete vor dem Spiel – das ist auch das einzige Ritual, welches ich da habe. Früher war ich auch regelmäßig in der Kirche, jetzt lebe ich das eher für mich privat.

Als Sie noch beim Hamburger SV waren, haben Sie in einem Interview gesagt: "Ich bin bekehrt und lebe nach Gottes Gesetz"…

… ja, obwohl das vor fast zehn Jahren war, werde ich noch oft drauf angesprochen. Dieser Slogan war natürlich nicht zutreffend und etwas aus der Luft gegriffen.

Zumindest nach außen hin spielt das Thema auch in der Bundesliga eine Rolle – ob durch entsprechende T-Shirts oder beispielsweise Rosenkranz-Tätowierungen. Ist das zum Teil auch pseudomäßig, eine Modeerscheinung?

Zu einhundert Prozent. Ich bin überhaupt kein Freund davon. Da ist so viel Heuchelei dabei: Das nach außen zu präsentieren und sich hinter den Kulissen ganz anders zu verhalten. Und genau deshalb möchte ich den Glauben für mich privat leben und nicht weiter nach außen tragen.

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