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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Endlich Meister? Das Ende des Unvollendeten
Als Marco Reus zum BVB wechselte, war der Klub Deutscher Meister. Elf Jahre später könnte der Kapitän den Titel wieder nach Dortmund holen – und seine eigene Karriere krönen.
84 Minuten waren beim BVB-Gastspiel in Augsburg gespielt. Der BVB führte dank eines Treffers von Sébastien Haller mit 1:0. Dass das Match für die Schwarz-Gelben am Ende nicht zur Zitterpartie wurde, dafür hatte auch Marco Reus gesorgt, der mit seinem Abschluss zwar an FCA-Keeper Koubek gescheitert war, damit aber zum Vorlagengeber für Hallers wohl vorentscheidenden Treffer zum 2:0 avancierte.
In der Bundesliga-Tabelle ist der BVB durch den Dreier in Augsburg einen Spieltag vor Saisonende am FC Bayern München vorbeizogen. Nun hat der Klub im finalen Heimspiel gegen Mainz 05 (Samstag, ab 15.30 Uhr im Liveticker von t-online) die Chance auf den ganz großen Wurf: den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Und Marco Reus steht vor der Vollendung einer Karriere, die an einigen Stellen kaum steiniger hätte verlaufen können.
Zurück bei der Jugendliebe
"Er ist ein Dortmunder Junge, und wir holen ihn jetzt zurück an den Borsigplatz." Mit diesen Worten kommentierte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke im Januar 2012 im Gespräch mit der "Bild" die heißeste Transferaktie der Saison: Marco Reus.
Der damals 22-Jährige hatte mit 14 Scorerpunkten in der Hinrunde den vermeintlichen Abstiegskandidaten Borussia Mönchengladbach fast im Alleingang auf den vierten Tabellenplatz gehievt. Deshalb wollte Borussia Dortmund den verlorenen Sohn zurück nach Hause bringen.
Reus, geboren und aufgewachsen in Dortmund, hatte noch die Jugendmannschaften des BVB durchlaufen, war aber in der U17 von Trainer Peter Wazinski aussortiert worden. Über die Umwege LR Ahlen und Gladbach spielte der Offensivakteur sich wieder in den Fokus. Auch der FC Bayern galt zwischenzeitlich als potenzieller Abnehmer.
Am Ende erhielt der BVB dennoch den Zuschlag. Zudem bezahlten die Schwarz-Gelben 17 Millionen Euro Ablöse an Gladbach.
Der Anfang der Leidenszeit
Als Reus in Dortmund ankam, hatte die Mannschaft gerade zum zweiten Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft gewonnen und dazu noch den FC Bayern im DFB-Pokalfinale mit 5:2 regelrecht demontiert. Jürgen Klopp hatte aus hungrigen Spielern wie Robert Lewandowski, Ilkay Gündogan, Mats Hummels und Mario Götze eine Einheit geformt, die dem Rekordmeister aus München auch in den nächsten Jahren Konkurrenz um die Meisterschale machen sollte.
Marco Reus war für diesen Plan das nächste Puzzlestück. Und der Neuzugang fügte sich nahtlos in das Kloppsche System ein. 25 Scorerpunkte sammelte Reus in seiner ersten BVB-Saison allein in der Bundesliga.
Am Ende reichte aber selbst das nicht für die Meisterschaft. Noch schlimmer: Dortmund und Reus schafften es zwar sensationell ins Endspiel der Champions League, mussten sich im deutschen Finale im legendären Wembley-Stadion jedoch dem FC Bayern geschlagen geben.
Schmerzhafter Triumph von Berlin
Mit der verpassten Meisterschaft 2013 und der Niederlage in London begann für Reus eine Leidenszeit in mehrfacher Hinsicht. Über Jahre gelang es dem BVB nicht, dem FC Bayern den Titel in der Bundesliga streitig zu machen. Das lag unter anderem daran, dass Dortmunds womöglich bester Fußballer Saison für Saison mit etlichen Verletzungen zu kämpfen hatte, die ihn wiederholt von der Teilnahme an Welt- und Europameisterschaften mit der DFB-Elf abhielten.
Selbst in dem bis dato größten Spiel seiner Karriere, dem DFB-Pokalfinale 2017, blieb er nicht verschont. Zur Halbzeit musste der Techniker verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Dortmund holte an diesem Abend den ersten großen Titel seit Jahren. Und Reus? Der bezahlte den Triumph in Berlin mit einem Kreuzbandriss.
Über den Gewinn des Pokals konnte er sich damals dementsprechend nur teilweise freuen. "Zwei, drei Tage später, als ich alles Revue passieren ließ, kamen die Tränen noch einmal", erzählte Reus dem "Kicker". Schon in der Halbzeitpause hatte er bitterlich geweint.
Noch mal der Pokal, nur die Meisterschaft fehlt
Ein Jahr später folgte für Reus zumindest der vereinsinterne Ritterschlag. Dortmunds damaliger Trainer Lucien Favre ernannte ihn zum Kapitän. Reus war nun Anführer einer Mannschaft, die am Saisonende nur hauchzart am Meistertitel vorbeischrammen sollte.
An ihm selbst lag es nicht. Nach 17 Saisontoren und 11 Assists wurde Reus 2019 zum zweiten Mal nach 2012 zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt. 2021 holte er mit dem BVB erneut den DFB-Pokal. Nur die Meisterschaft blieb ihm weiter verwehrt. Bis jetzt.
Denn im Alter von 33 Jahren bietet sich Reus tatsächlich noch einmal die Möglichkeit, den größten Vereinstitel im deutschen Fußball zu erringen. Die Chancen stehen so gut wie nie zuvor. Es wäre die Krönung seiner Karriere. Und das in einer Saison, die für ihn persönlich ebenfalls einer Achterbahnfahrt glich.
Reus bleibt und hat die Chance auf den Titel
Ob Reus dem BVB erhalten bleiben würde, stand nämlich zumindest im Frühjahr noch in den Sternen. Sogar ein Wechsel zu dem bei den Dortmunder Fans verhassten Bundesliga-Konkurrenten RB Leipzig wurde medial ins Spiel gebracht.
Ende April dann die Nachricht, die die Herzen des BVB-Anhangs höherschlagen lassen sollte: Reus und seine Borussia hatten sich auf die Verlängerung des Vertrags um ein weiteres Jahr geeinigt. "Ich habe immer gesagt, dass ich in meiner Karriere am liebsten für keinen anderen Verein mehr spielen möchte als für den BVB", kommentierte er den Deal.
Startelfeinsätze werden Mangelware
Mit der Spielzeit des Kapitäns sieht es in der Schlussphase der Saison allerdings nicht so rosig aus. Seit dem 27. Spieltag stand Reus nicht mehr in der BVB-Startelf und kam deshalb jeweils nur für die letzten Minuten der Partien zum Einsatz.
Das dürfte ihm jedoch egal sein, wenn er am kommenden Samstagabend gegen 18 Uhr erstmals möglicherweise die Meisterschale in den Dortmunder Abendhimmel stemmen darf. Lang genug hat er darauf gewartet. Die Deutsche Meisterschaft, sie wäre das Ende von Marco Reus' Leidenszeit. Sie wäre das Ende des Unvollendeten.
- kicker.de: "Marco Reus - ein teurer Irrtum"
- kicker.de: "Reus: "Ich würde das ganze Geld verschenken, um gesund zu sein"
- bild.de: "Transfer-Hammer! Reus nach Dortmund"
- bvb.de: "Marco Reus verlängert seinen Vertrag beim BVB"