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Bundesliga-Abstiegskampf – Peter Neururer: "Das wird ein Hauen und Stechen"


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Experte Neururer äußert sich
Der heiße Tanz im Abstiegskampf


Aktualisiert am 21.01.2023Lesedauer: 6 Min.
Davie Selke, Kevin-Prince Boateng und Thomas Reis: Sie alle stecken tief im Abstiegskampf.Vergrößern des Bildes
Davie Selke, Kevin-Prince Boateng und Thomas Reis: Sie alle stecken tief im Abstiegskampf. (Quelle: imago/Beautiful Sport, Jan Huebner, Nordphoto, Montage: UF/t-online)

Die Bundesliga geht wieder los, besonders spannend ist der Abstiegskampf. Fachmann Peter Neururer schätzt die Lage bei den Sorgenkindern ein.

68 Tage Winterpause – eine solch lange Unterbrechung sind die Mannschaften der Bundesliga nicht gewohnt. Nun startet die höchste deutsche Spielklasse ins Jahr 2023. Könnte die Rekord-Winterpause Auswirkungen auch auf den Abstiegskampf haben?

"Davon gehe ich nicht aus", sagt Peter Neururer im Gespräch mit t-online. Er muss es wissen: Der Kult-Trainer war über Jahrzehnte im deutschen Profifußball tätig, hat viel erlebt, betreute bereits unter anderem den VfL Bochum, Hertha BSC und Hannover 96 im Abstiegskampf – und ist noch immer gefragter Experte.

Neururer hat eine andere Meinung zur langen Pause: "Das ist für die Top-Teams schädlicher als für die Teams unten. Denn die meisten Spieler, die lange bei der WM vertreten waren, spielen in den besten Mannschaften."

Ganz anders im Tabellenkeller: Ab Platz 13 kämpft ein Drittel der Liga um den Klassenerhalt. Direkt am Samstag (ab 15:30 Uhr im Liveticker auf t-online) steht mit dem Duell zwischen dem VfL Bochum und Hertha BSC ein heißer Tanz im Abstiegskampf an. Auch der VfB Stuttgart steht unter Zugzwang und sollte im Heimspiel gegen den 1. FSV Mainz 05 direkt mit drei Punkten starten.

t-online hat sich die Ausgangslage im unteren Bereich der Tabelle genauer angesehen – und Abstiegskampf-Experte Neururer erklärt, welche Teams es seiner Meinung nach am Ende der Saison erwischen wird.

Platz 13: 1. FC Köln, 17 Punkte

Über weite Strecken der ersten Saisonhälfte spielten die Rheinländer eine solide Runde – bis der Einbruch kam. In den letzten fünf Bundesliga-Spielen gab es keinen Sieg mehr. Der Vorsprung auf die Abstiegsränge ist auf drei Punkte geschrumpft. Zum Ende der Vorbereitung gab es die nächste Hiobsbotschaft für den "Effzeh": Mit Innenverteidiger Luca Kilian und Linksverteidiger Kristian Pedersen (beide Muskelblessuren) werden zwei Verteidiger den Kölnern rund sechs Wochen fehlen. Auch Offensivspieler Jan Thielmann fällt vorerst aus (Oberschenkelverletzung).

Neururer ist aber sicher: "Die sind trotz der Verletzungen zu stabil. Steffen Baumgart ist ein hervorragender Trainer, sie werden aus dem Tabellenkeller herauskommen und nicht bis zum Saisonende im Abstiegskampf dabei sein." Ein Neuzugang sorgte in der Winter-Transferperiode für Aufsehen: Stürmer Davie Selke wurde von Konkurrent Hertha BSC verpflichtet. "Er war mal einer der talentiertesten Stürmer Deutschlands. Das hat er aber sowohl bei Hertha als auch in Bremen nicht zeigen können. Jetzt ist es an der Zeit, es zu beweisen", meint Neururer. Von der Spielanlage passe Selke zu den Geißböcken.

Platz 14: FC Augsburg, 15 Punkte

"Augsburg hält sich jedes Jahr irgendwie in der Liga. Vor Beginn dieser Saison habe ich sie noch weiter unten in der Tabelle einsortiert", so Neururer. Nach Schwierigkeiten zum Saisonstart steigerte sich die Mannschaft von Neu-Trainer Enrico Maaßen beachtlich, schlug sogar den FC Bayern mit 1:0. Dennoch gibt es in Augsburg keine Zeit zum Ausruhen. Der Klub aus Bayern steht zwar auf dem 14. Tabellenplatz, hat aber nur einen Punkt Vorsprung auf Platz 16 – und das Programm direkt zum Restart hat es mit Spielen gegen Dortmund, Mönchengladbach, Freiburg und Leverkusen in sich.

In der Winterpause war Augsburg so aktiv wie kein anderer Klub im Abstiegskampf. Fünf Spieler wechselten in die Fuggerstadt. Für drei Millionen Euro wurde Mittelstürmer Dion Beljo vom kroatischen Klub NK Osijek verpflichtet. Alle Neuzugänge sind unter 25 Jahre alt. Neururer sieht das kritisch: "Junge Leute sind dazu da, um etwas weiterzuentwickeln. Im Augenblick muss Augsburg aber nichts weiterentwickeln, sondern etwas retten. Erst danach kann man mit der Weiterentwicklung starten." Abgegeben wurde dafür der erfahrene Bundesliga-Stürmer Florian Niederlechner – und das ausgerechnet an Hertha BSC, einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf. Neururer geht davon aus, dass Augsburg im Kampf um den Relegationsplatz dabei bleibt.

15. Platz: Hertha BSC, 14 Punkte

Nur aufgrund des besseren Torverhältnisses vor dem VfB Stuttgart steht Hertha BSC nicht auf dem Relegationsplatz. Wieder einmal spielt der Hauptstadtklub eine Saison unter den Erwartungen. "Erst einmal sind sie weit weg von Union, das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Hertha-Fan", meint Neururer, der 1991 selbst gut zwei Monate Trainer der "alten Dame" war. "Sie werden es ganz, ganz schwer haben, auch wenn sie von der Mannschaft her das größte Potenzial haben." Die Schuld an der anhaltenden sportlichen Misere sieht Neururer bei den Hertha-Verantwortlichen der letzten Jahre: "Wenn ich mir überlege, was da für Geld verbrannt wurde – hätte man es in die Mannschaft gesteckt, dann hätte man ein Team, mit dem man oben mitspielen könnte." Und weiter: "Die Zusammenstellung der Mannschaft scheint vorne und hinten nicht zu stimmen."

Von den Einzelspielern könne ein Großteil zwar international spielen, komme aber längst nicht an seine Top-Form heran. Zum Start ins neue Jahr geht es zunächst gegen den VfL Bochum, bevor dann der VfL Wolfsburg nach Berlin kommt. Zum Rückrunden-Auftakt steht dann das Hauptstadt-Derby gegen Union an. Neururer hat nicht viel Hoffnung: "Es ist gut möglich, dass sie noch einen Platz in der Tabelle abrutschen – und dann vier Wochen vor Saisonende wieder Felix Magath anrufen."

16. Platz: VfB Stuttgart, 14 Punkte

Alles neu beim VfB Stuttgart: Neben Trainer Pellegrino Matarazzo musste auch Sportdirektor Sven Mislintat Ende des Jahres gehen. Bruno Labbadia und Fabian Wohlgemuth übernahmen. "Durch die Umstrukturierung im Verein ist dort keine Ruhe gegeben. Das kann für das junge Team schädlich sein", befürchtet Neururer.

Und das könnte für die Schwaben zu großen Schwierigkeiten führen. Besonders auswärts ist der VfB bisher schwach: In sieben Partien auf gegnerischem Platz gab es nicht einen Sieg. Die Entscheidung pro Labbadia bewertet Neururer als gut: "Er ist jemand, der die Liga kennt und uns gefehlt hat. Das ist ein richtig guter Schachzug." Zunächst gehe es für Stuttgart darum, die "Basics wieder auf den Platz zu bringen. Dann hat die Mannschaft so viel Potenzial, dass sie da unten herauskommen wird."

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17. Platz: VfL Bochum, 13 Punkte

Der VfL Bochum ist einer der Herzensvereine Neururers. Von 2001 bis 2005 und von 2013 bis 2014 trainierte er den Ruhrpottklub. Der VfL hat 2022/23 bewegte erste 15 Spiele hinter sich. Nach der Entlassung des zuletzt glücklosen Aufstiegstrainers Thomas Reis übernahm Thomas Letsch, der die Mannschaft immerhin zu Achtungserfolgen gegen Europa-League-Sieger Eintracht Frankfurt (3:0), Union Berlin (2:1) und Borussia Mönchengladbach (2:1) führte. In Augsburg (1:0) folgte vor der Winterpause der erste Auswärtsdreier.

Die Siege haben dazu geführt, dass der VfL nicht hoffnungslos am Tabellenende steht. In der Winterpause wurde mit Keven Schlotterbeck (SC Freiburg) und Pierre Kunde (Olympiakos Piräus) personell nachgelegt. "Die haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten optimal verstärkt", ist Neururer sicher. Der Abstand auf Platz 16 beträgt nur einen Zähler. Neururers Prognose: "In Bochum spielt man jährlich gegen den Abstieg oder um den Aufstieg, Mentalität und Unterstützung sind gewährleistet. Sie haben berechtigte Chancen. Dennoch wird es extrem schwer, die Klasse zu halten. Platz 16 wäre ein Erfolg."

18. Platz: FC Schalke 04, 9 Punkte

Von einem Ex-Klub Neururers zum anderen: Den FC Schalke 04 coachte er von 1989 bis 1990 – und hat noch immer eine emotionale Bindung zu den Königsblauen. "Die Hinrunde verlief desaströs", muss Neururer zugeben. Und tatsächlich: Nach 15 Partien hat der Aufsteiger erst zwei Siege einfahren können. In der Winterpause blieb es aber recht ruhig bei den finanzschwachen Schalkern. Der Deal mit Union Berlins Offensivspieler Tim Skarke platzte kurzfristig. Dafür konnte aber Stürmer Michael Frey von Royal Antwerpen bis zum Saisonende ausgeliehen werden. Neururer meint trotzdem: "Mit der Mannschaft der Hinrunde wird Schalke keine Chance haben – auch, weil einige Leistungsträger verletzungsbedingt fehlen."

Dass Thomas Reis als Trainer für den glücklosen Frank Kramer übernommen hat, schätzt er indes als Glücksfall ein. "Er ist genau der richtige Mann für die Situation. Aber wie alle im Verein wird auch er wissen: Die Chance in der Liga zu bleiben ist verschwindend gering." Aber: "Ich habe noch Hoffnung. Einen großen Vorteil hat Schalke: die sensationelle Wucht der Zuschauer."

Rutscht noch ein Team überraschend in den Abstiegskampf?

Auf diese Frage gibt es eine klare Antwort von Neururer: "Nein." Aufsteiger Bremen (9. Platz, 21 Punkte) und Mainz (10. Platz, 19 Punkte) hätten schon zu viele Zähler auf dem Konto. Und der Tabellenzwölfte Bayer Leverkusen? "Denen traue ich zu, noch in die Europa-League-Plätze zu kommen." Während es Schalke und Bochum sehr schwer haben werden, erwartet Neururer zwischen Augsburg, Hertha und Stuttgart ein "Hauen und Stechen um den Relegationsplatz". Doch eines sei klar: "Der Bundesligist wird sich auch in diesem Jahr in der Relegation durchsetzen."

Verwendete Quellen
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