"Als wäre man da irgendwo im Irrenhaus" Kahn gibt Einblick über wilde Zeit beim FC Bayern
Eine Dokumentation über den FC Bayern erregt aktuell Aufsehen. Nun äußert sich einer ihrer Protagonisten: Oliver Kahn. Der Ex-Torwart hat eine andere Wahrnehmung der Dinge.
Die Neunzigerjahre waren die Geburtsstunde des "FC Hollywood". So wurde der FC Bayern ab dieser Zeit immer genannt, wenn er weniger durch sportliche Erfolge, sondern mehr durch Schlagzeilen außerhalb des Platzes auf sich aufmerksam zu machen wusste. Eine mehrteilige Dokumentation des ZDF beleuchtet nun eben jene von den Egos und Eskapaden zahlreicher Starspieler geprägten Jahre im Klub – unter ihnen Größen wie Lothar Matthäus, Mehmet Scholl, Mario Basler und Jürgen Klinsmann.
Auch Oliver Kahn wechselte Mitte der Neunziger zum FC Bayern und war damit Teil einer wilden Zeit beim deutschen Rekordmeister. Der heute 55-Jährige erzählte nun im ZDF-Sportstudio, was er von den jüngst erschienenen Folgen rund um seinen langjährigen Verein hält.
"Ich habe mir die Dokumentation angeschaut", so Kahn, der eigentlich geplant hatte, dies über die Woche verteilt zu tun. "Und dann habe ich sie mir doch an ein oder zwei Tagen angeschaut, weil das war ja doch ganz interessant. Allerdings hat es mich ein bisschen verstört zurückgelassen, weil ich mich gefragt habe: Sag mal, war ich da wirklich dabei? War ich da wirklich dabei? Aber scheinbar ist das ja damals alles so gewesen."
Kahn hat Zeit "gar nicht so extrem wahrgenommen"
Ganz so verrückt habe er die Zeit damals aber nicht wahrgenommen, betonte der frühere Torhüter. Dass der Eindruck des "FC Hollywood" entstehe, sei auch dem Format geschuldet. "Wenn man die Dokumentation anschaut, muss man schon auch kritisch sagen, es ist natürlich eine Aneinanderreihung an bestimmten Highlights. Und wenn ich die hintereinander schneide und dann so verdichte, dann entsteht natürlich wirklich ein Eindruck, als wäre man da irgendwo im Irrenhaus", sagte Kahn.
Und weiter: "Ich bin ja 1994/95 zum FC Bayern gekommen. Ich habe das damals gar nicht so extrem wahrgenommen. Weil für mich war erst mal wichtig, mich zu etablieren. Für mich war erst mal wichtig, beim FC Bayern München anzukommen." Er habe sich darauf konzentriert, seine sportliche Leistung zu bringen.
"Waren im Grunde darauf nicht vorbereitet gewesen"
Kahn verdeutlichte im Anschluss zudem, dass sich in der betroffenen Zeit "die mediale Berichterstattung des Fußballs massiv verändert" habe. Dabei verwies er auch auf den Einstieg des Privatfernsehens.
Durch die Veränderung der Berichterstattung stand plötzlich "nicht nur der Sport im Vordergrund, sondern es standen auch Persönliches im Vordergrund", betonte Kahn. "Auch die Geschichten der Spieler waren auf einmal interessant. Und wir als damalige Generation waren im Grunde darauf nicht vorbereitet gewesen."
Kahn scherzte, dass daraus beim Auswärtsspielen im Hotelzimmer eine Angst resultiert sei, die so weit ging, dass man erst mal geguckt habe, "ob da ein Journalist unter dem Bett liegt oder irgendwie auf der Toilette. Man kam sich teilweise vor wie ein Zirkuspferd in dieser Zeit."
"Natürlich kann das nicht funktionieren"
Auch zu den vielen Starspielern im Team in dieser Zeit äußerte sich Kahn. "Natürlich kann das nicht funktionieren", so der Ex-Nationalkeeper. "Du kannst jetzt nicht die zehn besten CEOs aus Deutschland nehmen und kannst sie alle in einer Firma arbeiten lassen. Ich weiß nicht, ob das irgendwo funktioniert. Sondern eine Mannschaft braucht ja eine gute Mischung aus unterschiedlichen Charakteren."
Es gehe darum, die optimale Zusammensetzung zu finden. "Das war damals schon außergewöhnlich, so viele Stars zu haben", erklärte Kahn, der zwischen 1994 und 2008 das Bayern-Trikot trug und mit dem Klub etliche Titel gewinnen konnte.
- ZDF: "Aktuelles Sportstudio" vom 18. Januar 2025