Der Trainer und die Bayern-Krise Dieser Fakt spricht klar gegen Tuchel
Er war angetreten, um Titel zu gewinnen. Doch die (Zwischen-)Bilanz von Thomas Tuchel liest sich bescheiden. Schlechter war sein Punkteschnitt nur in Mainz.
Vor exakt 333 Tagen trat Thomas Tuchel sein Amt als Trainer des FC Bayern an. Mit ihm sollte all das wieder besser werden, was den Bayern-Bossen, die damals noch Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić hießen, unter Julian Nagelsmann nicht mehr gut genug war. Allen voran die Leistungen der Mannschaft. Zudem erhoffte man sich wieder mehr Ruhe im und um den Klub.
Rund elf Monate später ist die Bilanz ernüchternd. Statt um die Frage, wie viele Titel der FC Bayern in dieser ersten kompletten Saison unter Tuchel holt, geht es nur darum, ob die Münchner überhaupt noch eine Trophäe gewinnen. Nach dem Sensations-Aus gegen Drittligist Saarbrücken ist der DFB-Pokal bereits seit November passé. Durch die deutliche Topspiel-Pleite in Leverkusen (0:3), dem peinlichen 2:3 in Bochum und nunmehr acht Punkten Rückstand auf die Tabellenspitze ist es die Meisterschaft praktisch auch. Ein Weiterkommen in der Champions League ist nach dem Hinspiel-0:1 bei Lazio Rom ebenfalls in großer Gefahr.
Erste titellose Saison seit zwölf Jahren immer wahrscheinlicher
In dieser Verfassung kann der FC Bayern ohnehin nicht als ernsthafter Anwärter auf den Titel in der Königsklasse gelten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Tuchel und die Bayern also ohne Titel aus dieser Saison gehen, ist größer als umgekehrt. Es wäre die erste Spielzeit seit zwölf Jahren ohne einen einzigen Titel für den Rekordmeister.
Schon im vergangenen Jahr stolperten die Bayern gerade noch so zur Meisterschaft – unter gütiger Mithilfe von Konkurrent Dortmund. Es war der bisher einzige Titel unter Tuchel. Vorher hatten sie mit einer Heim-Niederlage gegen den SC Freiburg (im zweiten Pflichtspiel unter Tuchel) ihre Pokal-Reise völlig überraschend im Viertelfinale beendet. In der Champions League kam das Aus ebenfalls im Viertelfinale gegen den späteren Sieger Manchester City.
Für Tuchel persönlich ist es zudem die punkteärmste Trainerstation, seitdem er bei Top-Klubs arbeitet. In Dortmund (2,12), bei PSG (2,35) und Chelsea (2,08) sammelte er im Schnitt durchweg mehr Punkte (in allen Wettbewerben) als aktuell beim FC Bayern (2,02). Nur bei seiner ersten Profi-Station in Mainz (1,43), die er in seinen fünf Jahren in der Bundesliga hielt, waren es weniger.
Zum Vergleich: Nagelsmann musste bei Bayern mit einem Punkteschnitt von 2,31 gehen. Dessen Vor-Vorgänger Niko Kovac mit 2,26.
Tuchel: Schicksalsspiel Leipzig?
Noch einen weiteren Titel verpassten die Bayern unter Tuchel deutlich: Im DFL-Supercup gab es im ersten Pflichtspiel der aktuellen Saison eine krachende Pleite vor eigenem Publikum. 0:3 gegen RB Leipzig. Ironie der Ereignisse: Ausgerechnet auf die Sachsen treffen die Münchner am kommenden Samstag (18.30 Uhr) an gleicher Stelle im möglichen Schicksalsspiel für Tuchel.
Gewinnt er das, hat er wohl noch Gelegenheit seine bescheidene Punkt- und Titelbilanz aufzubessern. Wenn nicht, geht auch der einstige Wunschtrainer und fachlich hoch angesehene Tuchel mit dem Stempel "vorzeitig gescheitert" in die lange Trainer-Historie des FC Bayern ein.
Und die Klubbosse hätten mit dem Nagelsmann-Rauswurf vor knapp einem Jahr genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie sich erhofft hatten: mehr Unruhe, weniger Titel.
- transfermarkt.de: Trainer-Profil von Thomas Tuchel und Saisonbilanzen des FC Bayern