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1:5-Niederlage des FC Bayern: Die Mannschaft lässt Thomas Tuchel im Stich


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Historische Bayern-Pleite
Die Mannschaft lässt Tuchel im Stich


10.12.2023Lesedauer: 6 Min.
Thomas TuchelVergrößern des Bildes
Bayerns Trainer Thomas Tuchel will sich nicht nur auf Daten verlassen. (Quelle: Sven Hoppe/dpa/dpa)
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Das bittere Déjà-vu, das der FC Bayern mit der 1:5-Niederlage in Frankfurt erlebt, erinnert an dunkle Zeiten und wirft Fragen auf. Auch die nach Führungsspielern der Mannschaft.

Was eine 1:5-Niederlage bei Eintracht Frankfurt für Folgen beim FC Bayern haben kann, das weiß Niko Kovac nur zu gut. Der Ex-Trainer der Münchner wurde im November 2019 nach einer solchen Klatsche ausgerechnet bei seinem vormaligen Klub als Trainer des Rekordmeisters entlassen. Um es gleich vorwegzunehmen: Ähnlich schwerwiegende Maßnahmen muss Thomas Tuchel, nachdem auch er mit den Bayern am Samstag in Frankfurt eine 1:5-Pleite miterleben musste, nun nicht befürchten. Der Chefcoach steht bei den Bayern nicht zur Diskussion. Zumindest noch nicht.

Ein äußerst bitteres Déjà-vu war es zweifellos dennoch, das Tuchel und die Münchner mit dem 1:5 erlebten. Ähnlich vernichtend waren sie vor zwei Jahren nur noch beim 0:5 in der zweiten Runde des DFB-Pokals in Mönchengladbach geschlagen worden.

Unerwarteter Patzer im Titelrennen

Dass die Bayern, die bis dahin in der laufenden Bundesligasaison noch unbesiegt waren, überhaupt in Frankfurt verloren, kam bereits überraschend. Die Eintracht war mit zuletzt vier Niederlagen in Folge in das Duell gegangen. Und Bayern wollte mit einem Sieg eigentlich zumindest vorübergehend auf Platz eins vorrücken und damit Druck auf Tabellenführer Bayer Leverkusen aufbauen, das am Sonntagnachmittag (ab 15.30 Uhr im t-online-Liveticker) ein anspruchsvolles Duell beim Überraschungsdritten VfB Stuttgart zu bestreiten hat.

Mit diesem Plan sind die Bayern allerdings krachend gescheitert – stattdessen leisteten sie sich selbst einen unerwarteten Patzer inmitten des Titelrennens. Vor allem die Art und Weise, wie diese Niederlage zustande kam und ihre Deutlichkeit gibt ihnen zu denken.

"Die gesamte Mannschaftsleistung war ungenügend", sagte Tuchel hinterher und fügte eilig hinzu: "Und da zähle ich mich mit dazu." Seine schonungslosen Generalabrechnungen mit seinen Spielern, die er nach früheren Niederlagen bisweilen hatte folgen lassen, waren in der Vergangenheit schließlich alles andere als gut bei den Klubbossen angekommen. Genau darauf haben die ihn mittlerweile auch mehrfach hingewiesen.

"Herber Rückschlag"

Er sei "sehr enttäuscht und sauer", das Team habe "nichts von dem, was wir uns vorgenommen haben, auf den Platz bekommen", kritisierte er zwar. Es gebe "viel aufzuarbeiten und viel zu verdauen".

Er betonte aber auch sein "Vertrauen in meine Mannschaft, auch wenn das für uns ein herber Rückschlag ist", so Tuchel weiter: "Es bringt jetzt nichts draufzuhauen und alles schlechtzureden. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir brauchen exakt die Tugenden, die wir nur mangelhaft auf den Platz gebracht haben."

Aber auch, wenn Tuchel es dieses Mal nicht in aller Deutlichkeit aussprach, seine Mannschaft hatte in Frankfurt im Kollektiv versagt und ihn damit im Stich gelassen. Ein haarsträubender individueller Fehler reihte sich an den nächsten.

Kimmich mit folgeschwerem Fehler

Beim 0:1 (12., Omar Marmoush) half vor allem Noussair Mazraoui mit seinem missratenen und viel zu kurz geratenen Klärungsversuch im Strafraum kräftig mit. Beim 0:2 (31., Eric Junior Dina Ebimbe) brachte Min-jae Kim sein Team mit einem verlorenen Zweikampf in die Bredouille. Vor allem Alphonso Davies irrte anschließend durch den Strafraum und ließ sich dort auch noch tunneln.

Vor dem 0:3 (36., Hugo Larsson) spielte Joshua Kimmich einen Fehlpass direkt in die Füße des Torschützen – unter anderem gegen Darmstadt, wo er nach Notbremse dann sogar vom Platz flog, und Galatasaray hatte er sich in dieser Saison bereits ähnlich folgenschwere Ballverluste geleistet. Das konnte er auch mit seinem sehenswerten Fernschusstreffer zum zwischenzeitlichen 1:3 (44.) nicht wiedergutmachen.

Den vierten Gegentreffer (50., Dina Ebimbe) verursachte Dayot Upamecano, der schon beim 0:2 nicht gut ausgesehen hatte, mit einem fatalen Fehler im Spielaufbau, mit dem er an seine Aussetzer in der entscheidenden Phase der Vorsaison erinnerte. Und auch beim 1:5 (Ansgar Knauff, 60.) ließen sich Upamecano und Kim erneut viel zu einfach überspielen.

Bayern spielten bis zur Niederlage starken Herbst

Bei der Suche nach möglichen Erklärungen für ihren enttäuschenden Auftritt wirkten die Bayern ratlos und erinnerten damit an dunkle Zeiten der Vorsaison. "Es gibt nicht nur eine Erklärung. Für mich war es ein Einstellungsthema", sagte der Sportdirektor Christoph Freund am Sonntag im Sport1-Doppelpass. Die zehn Kilometer, die die Bayern im Spiel weniger als die Frankfurter gelaufen waren, liefern zumindest Indizien dafür.

Bis dato spielten die Münchner – abgesehen von dem Pokal-Aus bei Drittligist Saarbrücken (1:2) – einen starken Herbst, in dem sie von Sieg zu Sieg eilten. Im eigentlich dicht gedrängten Terminkalender hatten sie vor dem Frankfurt-Spiel zudem sogar eine zehntägige Pause, nachdem sie in der Bundesliga (witterungsbedingter Ausfall des Heimspiels gegen Union) und im DFB-Pokal (in Runde zwei ausgeschieden) zuletzt nicht spielten.

Ist diese unverhoffte Zwangspause etwa eine Erklärung dafür, dass die Bayern derart aus dem Tritt gerieten? "Das ist mit Sicherheit eine, auch wenn das als Entschuldigung nicht gelten darf", sagte Nationalspieler Leon Goretzka im ZDF. "Aber es ist für uns sehr ungewohnt, zehn Tage nicht zu spielen. Normalerweise spielen wir alle drei Tage." Der Rhythmus des Teams wirkte jedenfalls gebrochen, auch Topstürmer Harry Kane blieb dieses Mal nahezu wirkungslos.

"Zeigen, dass es ein Ausrutscher war"

Das eigentlich für die bereits als Gruppensieger feststehenden Bayern bedeutungslose Champions-League-Spiel bei Manchester United am Dienstag (21.00 Uhr) bekommt nach der Niederlage nun eine neue Bedeutung. Es bietet die schnelle Chance zur Rehabilitierung. "Wir wollen zeigen, dass das nur ein Ausrutscher war", sagte Goretzka.

Vor dem am Sonntag anstehenden Topspiel gegen Stuttgart gilt es schließlich schnellstmöglich, wieder zurück in den Rhythmus zu finden. "Der Spielplan dominiert sowieso unsere Reaktion", sagte Tuchel und warnte: "Wir können unter keinen Umständen auf diesem Niveau weiter spielen."

Durch die Niederlage in Frankfurt hat sich Bayern im Fernduell mit Leverkusen um die Meisterschaft zusätzlich unter Druck gesetzt. Thomas Müller, der sich – neben Goretzka, der im Sportstudio zu Gast war – in den Frankfurter Katakomben als einziger Bayern-Profi den kritischen Fragen der Journalisten stellte, sprach von einem "harten Schlag für uns" und dem "Wutmotor", der jetzt angehen müsse.

"Bei uns geht es um die nackten Punkte"

Müller hatte seine Kollegen übrigens bereits vor der Partie in Frankfurt eindringlich davor gewarnt, im Endspurt vor Weihnachten im Meisterkampf jetzt bloß nicht zu früh nachzulassen. "Weil die Konstellation mehr Gefahr birgt als so mancher glaubt. Bei uns geht es um die nackten Punkte in der Meisterschaft", sagte er im Vorfeld.

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Dass Bayern die Zähler in Frankfurt verlor, konnte aber auch er nicht verhindern – nicht mit seiner Warnung und auch nicht mehr als Einwechselspieler in der 66. Minute, als es bereits 1:5 stand. Dass trotzdem er derjenige war, der am Ende dessen Zustandekommen exklusiv erklären musste, störte den dritten Kapitän des FC Bayern nicht. Er liebe seinen Job "und da gehört das auch dazu. Auch wenn wir natürlich ungern verlieren", sagte der 34 Jahre alte Routinier.

Aber gehört es nicht auch zum Job der Kollegen, vor allem derjenigen, die den Anspruch darauf erheben, Führungsspieler dieser Mannschaft zu sein, Fragen zu beantworten und schwierige Situationen zu erklären? "Machen sie ja oft genug. Aber klar: Wenn man einen Elfmeterschützen hat, der sehr sicher verwandelt, dann schickt man den an den Punkt. Ich bin, was Interviews betrifft, mit Manuel Neuer der Erfahrenste hier", befand Müller.

Klubbossen sollte Niederlage zu denken geben

"Deswegen tauche ich da auch immer wieder auf. Es wäre nicht clever, wenn die 19-Jährigen sich jetzt hier hinstellen und sich vielleicht aufs Glatteis führen lassen würden." Nachvollziehbar. Für die erfahrenen Kimmich, Upamecano oder zum Beispiel auch Kim sollte das allerdings nicht gelten. Die sollten auch ihren Trainer mit einer solch absurden Aneinanderreihung von individuellen Fehlern wie in Frankfurt nicht derart in Schwierigkeiten bringen. Und sie zumindest dann auch selbst erklären – und das nicht anderen überlassen. Oder hat Bayern etwa ein Führungsproblem?

Auch den Klubbossen, sollte die 1:5-Niederlage, die auch Uli Hoeneß mit in Frankfurt auf der Tribüne verfolgte, zu denken geben – unter anderem, was etwa die Notwendigkeit an Wintertransfers angeht. Tuchel hatte sich bereits im Sommer noch einen zusätzlichen Abwehrspieler sowie einen ballsicheren und defensivstarken Sechser gewünscht. Die Niederlage bei der Eintracht hat ihm neue Argumente dafür geliefert – auch wenn er darauf mit Sicherheit gerne verzichtet hätte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Aussagen von Leon Goretzka im ZDF-Sportstudio
  • Aussagen von Thomas Müller in der Mixed Zone
  • Aussagen von Thomas Tuchel bei Sky
  • Aussagen von Christoph Freund im Sport1-Doppelpass
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