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Formel 1: die Chronik – so scheiterten Sebastian Vettel und Ferrari


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Formel-1-Star vor dem Abschied
Mit Binotto kam das Aus für Vettel bei Ferrari


Aktualisiert am 16.07.2020Lesedauer: 6 Min.
Nachdenklich: Vettel (r.) und Binotto bei einem Pressetermin im Februar 2020.Vergrößern des Bildes
Nachdenklich: Vettel (r.) und Binotto bei einem Pressetermin im Februar 2020. (Quelle: Sutton Images/imago-images-bilder)

Sebastian Vettel sollte der nächste Weltmeister des italienischen Traditionsrennstalls werden – und scheiterte. Dabei war das Missverständnis nicht allein die Schuld des viermaligen Formel-1-Champions. Die Chronik der Ereignisse.

Sebastian Vettel und Ferrari – am Jahresende trennen sich der 33-Jährige und der traditionsreiche italienische Rennstall. Es ist das Ende eines großen Missverständnisses – denn die ganz großen Erwartungen konnte die Zusammenarbeit zwischen dem viermaligen Weltmeister und der "Scuderia" nie erfüllen. Es sollte ab 2015 mindestens einen nächsten WM-Titel für Ferrari geben – am Ende 2020 aber liegt das Verhältnis in Scherben.

Die Chronik: So scheiterten Vettel und Ferrari

2015: Schwieriges erstes Jahr

Schon im November 2014 gibt Ferrari die Verpflichtung des Red-Bull-Piloten bekannt. Der damals 27-Jährige kommt als viermaliger Weltmeister zur Scuderia, hatte mit Red Bull von 2010 bis 2013 die Formel 1 dominiert. "Wir wollen nicht Zweiter werden", erklärt Vettel im Januar bei der Vorstellung des neuen Boliden aus Maranello, dämpft aber gleichzeitig auch die hohen Erwartungen: "Am Anfang wird es schwierig. Es wäre falsch, sofort viel von uns zu erwarten." Seit Kimi Räikkönen 2007 gab es keinen WM-Titel mehr für Ferrari.

Direkt zum Saisonstart fährt der Hoffnungsträger in Australien auf Platz drei, holt zwei Wochen später beim Großen Preis von Malaysia den ersten Erfolg in Rot. Es ist der erste Ferrari-Sieg seit 34 Rennen. Im Lauf der Saison holt der Hesse zwei weitere Siege in Ungarn und Singapur, belegt am Ende Rang drei in der WM-Wertung. Ferrari ist wieder ein Top-Team – 2014 noch endete im Desaster, als Fernando Alonso (Platz sechs) und Räikkönen (Platz zwölf) keine Chance hatten. "Er hat uns einen zusätzlichen Push gegeben", sagt Ferraris neuer Teamchef Maurizio Arrivabene im September.

2016: Ernüchterung in Jahr zwei

Das zweite Jahr bei den Italienern wird zur bitteren Enttäuschung. Ferrari gewinnt kein einziges Rennen, Vettel holt einzig sieben Podiumsplätze. Doch die Saison ist durchsetzt mit Pech und Pannen: Er kollidiert mit Teamkollege Räikkönen (in Shanghai), mit Daniil Kvyat (in Russland), Max Verstappen (in Belgien) und dem späteren Weltmeister Nico Rosberg (Malaysia).

Dazu kommen immer wieder Probleme mit Reifenhersteller Pirelli. Schon früh in der Saison schimpft der damalige Ferrari-Präsident Sergio Marchionne: "Ferrari muss immer ganz vorne stehen. Alles andere ist nicht Ferrari." Wenige Monate zuvor, im Herbst 2015 noch hatte er sein Team schon wieder "auf Augenhöhe" mit Mercedes gesehen und große Taten für 2016 angekündigt. Doch selbst das Machtwort des mächtigen Konzernchefs hilft nicht, es erhöht nur den Druck. Nur Rang vier in der WM-Wertung für Vettel.

2017: Team-Patzer und Durchhalteparolen

Drei Siege in den ersten sechs Rennen, dazu drei Mal Platz zwei – die Saison startet endlich, wie es sich Vettel und Ferrari vorstellen. Er siegt in Australien, Bahrain und Monaco, hat bereits 25 Punkte Vorsprung auf seinen ewigen Rivalen Lewis Hamilton – doch dann folgt der Einbruch: Von den restlichen 14 Rennen gewinnt Vettel nur noch zwei, verpasst sogar fünf Mal das Podium. Dazu kommt Vettels Temperament: Beim Großen Preis von Aserbaidschan fährt er zum Ende einer Safety-Car-Phase absichtlich in Konkurrent Hamilton, der ihm zu langsam fuhr. Die Fia bestraft ihn danach mit Sozialarbeit. In Singapur im September kollidiert Vettel beim Start mit Teamkollege Räikkönen und Verstappen, Hamilton hat dagegen einen Lauf, gewinnt sechs der letzten zehn Rennen und überholt den Deutschen in der Fahrerwertung.


Dann kommen auch noch wieder Team-Patzer hinzu: Schon im April in China lässt man den deutlich schnelleren Vettel rundenlang hinter Teamkollege Räikkönen versauern, vorne zieht Hamilton davon. Beim Rennen in Japan im Oktober bereitet eine Zündkerze Probleme, der Speed stimmt nicht, Vettel wird früh in die Box gerufen – das Aus. Danach zeigt der Leidtragende Größe: "Ich muss die Jungs verteidigen", sagt Vettel, "sie haben das ganze Jahr einen tollen Job erledigt. Ohne sie wären wir nicht da, wo wir jetzt stehen. Sowas kann vorkommen." Teamchef Arrivabene aber schlägt schon Durchhalteparolen an – er weiß um den Erfolgsdruck: "Diese Weltmeisterschaft ist nicht zu Ende. Wir kämpfen bis zum letzten Rennen, bis zur letzten Runde, bis zur letzten Kurve. Das kann ich garantieren. Wir geben nicht auf."

Am Ende aber wird Hamilton mit 46 Punkten Vorsprung Weltmeister.

2018: Vettel bringt sich selbst um den Titel

"Ich finde, 2017 hat Ferrari die WM verloren. Aber dieses Jahr war es Sebastian selbst", sagt Formel-1-Experte Martin Brundle am Ende der Saison 2018. Erneut wird Vettel Vizeweltmeister hinter Hamilton – und erneut ist es ein bitteres Jahr, das der Fahrer und Ferrari erleben. Erneut ist der Saisonstart stark, Vettel fährt sich einen Vorsprung heraus. Doch dann leistet er sich in Frankreich eine Startkollision mit Valtteri Bottas, erhält dazu noch eine Zeitstrafe – und verliert die WM-Führung an Sieger Hamilton. In Hockenheim leistet er sich einen Dreher, scheidet in Führung liegend aus. Auch beim Italien-Grand-Prix dreht er sich, kommt immerhin noch als Vierter ins Ziel. "Es gab ein paar Momente, in denen seine Impulsivität zum Ausbruch kam", analysiert auch Ex-Weltmeister Damon Hill bei Sky. "Das haben wir auch bei Red Bull schon ein paar Mal gesehen.“

Schon im August erliegt Ferrari-Boss Marchionne seiner Krebserkrankung, der Rennstall verliert damit auch seine große Führungspersönlichkeit. Einen Monat später erklärt das Team, dass Räikkönens Vertrag nicht verlängert wird – der Finne ist Vettels erklärter Lieblingsteamkollege. "Das ist nun mal passiert. Es ist nicht meine Entscheidung", erklärt Räikkönen etwas zerknirscht. Der junge Charles Leclerc soll ihn 2019 ersetzen. Im Dezember gibt es noch einen Wechsel: Arrivabene wird von Mattia Binotto abgelöst.

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2019: Binotto besiegelt Vettels Ende bei Ferrari

Das endgültige Schicksalsjahr. Der junge Wilde Leclerc düpiert seinen erfahrenen Teamkollegen ein ums andere Mal, holt sich schon im zweiten Saisonrennen seine erste Pole Position, Vettel spürt den Druck. Beim Großen Preis von Kanada in Montréal holt er den Sieg, eine umstrittene Strafe aber setzt ihn auf Platz zwei zurück. Nach Rennende tauscht er im Ärger die Schilder für Sieger und Zweiten an den Boliden aus, stellt "Platz 1" demonstrativ vor sein Auto, sorgt damit zusätzlich für Diskussionen. Zeitgleich liefert Leclerc regelmäßig starke Leistungen ab, Vettel dagegen leistet sich in Silverstone einen erneuten Fahrfehler, wird nur Sechzehnter. In Belgien drängt ihn Binotto dazu, Verfolger Hamilton aufzuhalten, um dem Führenden Leclerc den Sieg zu ermöglichen – es zeichnet sich immer mehr ab: Binotto und Ferrari sehen den Monegassen als Zukunft.

Der Konflikt scheint immer weiter zu eskalieren – auch, weil Binotto es verpasst, eine klare Ansage zu machen. Leclerc punktet weiter, gewinnt das Heim-Rennen in Italien, rast damit in die Herzen der Fans. In Russland dominiert Vettel das Rennen, soll dann aber den langsameren Leclerc die Führung übernehmen lassen – und zögert den Wechsel über 20 Runden hinaus. Nach 28 Runden ist mit einem technischen Problem aber Schluss für Vettel. "Das habe ich zu dem Zeitpunkt nicht verstanden", sagt er nach dem Rennen zur Aufforderung vom Ferrari-Kommandostand. "Ich bin hier, um Rennen zu fahren." Im vorletzten Saisonrennen in São Paulo kämpfen beide Scuderia-Fahrer miteinander um einen Podiumsplatz – und schießen sich in Runde 66 gegenseitig raus. "Mein Gott, muss das denn sein? So ein Bockmist aber auch!" flucht Vettel über den Teamfunk.

In der Fahrerwertung wird er Fünfter – noch hinter Leclerc –, seit 2014 lag Vettel nicht mehr so weit hinten.

2020: Fehlstart in das letzte Jahr

Was sich schon länger abzuzeichnen schien, wird im Mai bestätigt: Ferrari erklärt, den Ende 2020 auslaufenden Vertrag mit Sebastian Vettel nicht zu verlängern. Das Aus ist somit endgültig besiegelt. Es passt ins Bild, dass auch diese Erklärung nicht ohne Nebengeräusche abläuft – denn Vettel erklärt danach: Es habe "keinen Knackpunkt" bei den Verhandlungen über einen neuen Vertrag gegeben, weil gar keine Verhandlungen stattgefunden hätten: "Es war überraschend, als Teamchef Mattia Binotto mich anrief und sagte, dass das Team nicht mehr mit mir weitermachen will." Dies habe in den Wochen zuvor stets anders, ja sogar gegenteilig geklungen. "Es gab keine Diskussionen, es lag kein Angebot auf dem Tisch."

Die ersten beiden Rennwochenenden der durch die Corona-Krise verkürzten Saison verlaufen mal wieder enttäuschend: Beim Doppel-Grand-Prix in Österreich scheitert er zum Auftakt schon früh im Qualifying, wird am Ende Elfter. In der darauffolgenden Woche an selber Stelle scheidet Vettel sogar schon in Runde eins nach einer Kollision aus – ausgerechnet mit Leclerc.

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