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Flughafen Nürnberg: "Letzte Generation" blockiert Airport – gerechtfertigt?


Klimakleber blockieren Nürnberger Flughafen
"Protest muss wehtun"

Pro & KontraVon Sinem Koyuncu, Daniel Salg

16.08.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Ein Feuerwehrauto hinter dem Loch im Zaun: Hier drangen die Aktivisten mutmaßlich in den Sicherheitsbereich des Flughafens ein.Vergrößern des Bildes
Ein Feuerwehrauto hinter dem Loch im Zaun: Hier drangen die Aktivisten mutmaßlich in den Sicherheitsbereich des Flughafens ein. (Quelle: Daniel Vogl/dpa)

Die "Letzte Generation" hat wieder zugeschlagen: Unter anderem haben die Aktivisten den Nürnberger Flughafen lahmgelegt. Eine gerechtfertigte oder eine völlig überzogene Aktion?

Es war noch früh am Donnerstagmorgen, als zwei Klimaaktivisten ein Loch in den Zaun um den Nürnberger Flughafen schnitten – und sich geradewegs auf dem Rollfeld festklebten. Der Flugverkehr musste zwischenzeitlich eingestellt werden. Die Flughäfen von Berlin, Stuttgart und Köln/Bonn wurden zeitgleich durch ähnliche Aktionen lahmgelegt.

Mittlerweile ermittelt die Nürnberger Kriminalpolizei gegen die Aktivisten der "Letzten Generation". (Lesen Sie hier mehr zu der Aktion.) Ist Protest dieser Art gerechtfertigt oder schadet er dem Klimaschutz womöglich sogar? Zwei t-online-Redakteure haben dazu klare Meinungen.

Pro
Sinem KoyuncuRegio-Redakteurin und Reporterin

Veränderung beginnt da, wo Protest anfängt zu schmerzen

Protest muss nerven, er muss an den Rand des Wahnsinns treiben, und er muss vor allem wehtun. Genau das hat die "Letzte Generation" mit ihrer Klebeaktion am Nürnberger Flughafen erreicht. Mit Refill-Cups und einem Veggie-Tag in der Woche wird man den Klimawandel nicht stoppen können, das wissen die Störer.

Umso wichtiger werden Proteste wie die der "Letzten Generation". Ihre Aktionen bewirken eine breite Berichterstattung, wodurch sie ein großes Publikum für ihre Forderungen erreichen. Die Klebeaktion ist disruptiv, bleibt aber dennoch gewaltfrei. Das ist eine wichtige Grundlage für den zivilen Ungehorsam, der historisch gesehen oft entscheidend war, um gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Als Beispiel dient hier etwa die Besetzung des Hambacher Forst von 2012 bis 2020. In einer Zeit, in der herkömmliche Protestformen oft ignoriert werden, kann eine gezielte Störung des alltäglichen Lebens umso stärker das Bewusstsein schärfen und Aufmerksamkeit erregen.

Die Aktion der "Letzten Generation" hat viele Menschen Zeit gekostet. Geschäftsreisende und Vielflieger genauso wie Familien, die lange auf ihren Urlaub gespart haben.

Die Protestaktion der "Letzten Generation" mag sich auf einkommensschwache Menschen kurzfristig härter ausgewirkt haben als auf die wohlhabende Minderheit. Dasselbe gilt aber auch für die Folgen des Klimawandels: Diese treffen ebenfalls in erster Instanz armutsbetroffene und sozial schwächer gestellte Menschen – und das langfristig.

Nur die wenigsten Menschen verfügen über die nötigen (finanziellen) Ressourcen, um vor den Folgen des Klimawandels wegzulaufen und an einem kühleren Ort ihre Lebenszeit zu verbringen. Derweil leiden Hunderttausende Menschen in armen Ländern bereits an den Folgen des Klimawandels. Seien es Überschwemmungen in Pakistan oder die anhaltende Dürre in Ostafrika. Menschen leiden unter Versorgungsengpässen und Hunger, sie müssen massenhaft aus ihrer Heimat flüchten.

So ganz nebenbei sei aber gesagt: Lediglich ein einziger Flug wurde am Morgen des Protests in Franken annulliert. Dieser ging nicht etwa zu beliebten Familienreisezielen, sondern in das drei Stunden Zugfahrt entfernte Frankfurt am Main.

Kontra
Daniel SalgRegio-Redakteur in Nürnberg

Eine wahre Klimakatastrophe

"Die Klimakatastrophe ist so viel beängstigender als jede Strafandrohung: Sie zerstört unser aller Zukunft." Als die "Letzte Generation" diese Erklärung am Donnerstagmorgen im Internet verbreitete, hatten schon längst zwei Klimakleber Platz genommen – mitten auf dem Vorfeld des Nürnberger Flughafens. Also ein selbstloser Einsatz für die Menschheit? Mitnichten.

Klimaschutz ist ohne Frage eine unserer wichtigsten Aufgaben. Aber das, was die "Letzte Generation" am Morgen in Nürnberg und an anderen Flughäfen gemacht hat, erweist der Debatte um den Klimaschutz einen Bärendienst.

Durch den Protest wurde kein Gramm Kohlendioxid eingespart. Im Gegenteil: Ein Flugzeug wurde ins 250 Kilometer entfernte Prag umgeleitet – na, Glückwunsch!

Ganz nebenbei haben sich die Protestler mit ihrer Aktion selbst in Lebensgefahr gebracht – und womöglich auch noch andere. Das Rollfeld des Flughafens ist ja nicht ohne Grund abgesperrt.

Und dann wären da noch Hunderte Passagiere, denen die "Letzte Generation" den Start in den Urlaub vermiest hat. Darunter auch Familien, die womöglich das ganze Jahr auf eine gemeinsame Auszeit gespart haben. Ob die jetzt nach zwei Wochen Urlaub zurückkommen und plötzlich alle ihre Ökobilanz hinterfragen? Wohl kaum. Eher dürften sie genervt sein und dank der Aktion nichts mehr von Erderwärmung und Co. hören wollen.

Fest steht: Wir brauchen mehr Klimaschutz und wir müssen – wie es die "Letzte Generation" am Donnerstag auch forderte – von fossilen Rohstoffen loskommen. Das kann uns aber nur gemeinsam gelingen. Dazu braucht es Einigkeit und entschlossene Maßnahmen, hinter denen die Mehrheit in unserem Land steht. Aber Einigkeit ist das Letzte, was die Aktivisten geschaffen haben. Ihre Aktion ist deshalb eine wahre Katastrophe fürs Klima.

 
 
 
 
 
 
 

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