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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Dramatische Szenen in S-Bahn-Unterführung Wie ein Mann diesen hilflosen Fahrer aus den Fluten rettete
Ein Mann rettet einen hilflosen Fahrer während des Unwetters in Nürnberg. Wie der Fotograf die Szene erlebt hat.
Es war das Bild der Nacht: Ein Mann trägt einen anderen auf Händen. Rettet ihn aus den Fluten, die das Unwetter am Donnerstag in Nürnberg mit sich brachte. Seine Miene: entschlossen; die Arme: stark; die Situation: lebensbedrohlich. Das Motiv steht für die dramatische Situation, die am Abend mancherorts vorherrschte.
Insbesondere Unterführungen wurden zur gefährlichen Falle. Bilder von schwimmenden Autos kursierten in der Nacht in den sozialen Netzwerken. Dass es hier keine Verletzten gegeben habe, grenze an ein Wunder, sagt David Oßwald. Er ist Blaulichtreporter und ihm gelang der emotionale Schnappschuss, hinter dem so viel Dramatik steckt. Der Fotograf war am Donnerstagabend für die Agentur News5 im Einsatz, um Medien mit Bild- und Videomaterial zu versorgen.
"So etwas habe ich noch nicht erlebt", erklärt er am nächsten Morgen noch immer bewegt. Seit sechs Jahren arbeite er in dem Beruf, unzählige Unwetter habe er begleitet. Doch, dass es schon mal so ein heftiges Unwetter mit solchen Folgen gegeben habe, daran könne er sich nicht erinnern. Am Freitagmorgen ist er nun schon wieder auf den Beinen, um die Aufräumarbeiten einzufangen: vor Ort am Steinbühler Tunnel, wo sich am Vorabend ähnliche Szenen abgespielt hatten.
Mehrere Autos schwammen meterhoch im Wasser
Vor dieser Kulisse schildert er t-online die Hintergrundgeschichte zu dem Motiv, das in der Nacht durch Deutschland ging. Oßwald sei mit seinem Wagen gegen 18.30 Uhr auf der Nopitschstraße in Nürnberger Stadtteil Sandreuth unterwegs gewesen, erzählt er, als er Stau vor der S-Bahn-Unterführung bemerkte. Er habe sein Auto am Rand stehen lassen, um das Geschehen zu fotografieren. Dabei seien ihm sofort mehrere Fahrzeuge aufgefallen, die dort im meterhohen Hochwasser schwammen.
Er erinnert sich: Ein offener Kofferraum habe aus dem Wasser geragt. Besonders erschreckend: Drei Autos hätten so tief unter Wasser gestanden, dass man nicht habe sehen können, ob sich darin noch Menschen befanden. Schnelles Handeln sei gefragt gewesen. Er habe den Notruf gewählt, so der Blaulichtfotograf. Bestimmt dreimal. Doch es sei kein Durchkommen gewesen. Die Leitung sei so überlastet gewesen, dass er nach rund fünf Minuten in der Warteschleife jedes Mal unvermittelt rausgeflogen sei.
Mann rettet beherzt hilflosen Fahrer
Ein Autofahrer habe sich selbst befreien können – der vom Bild. Als er bemerkt habe, dass sich in einem anderen Wagen ein Fahrer in scheinbar hilfloser Lage befand, sei er zu Hilfe gekommen. So beschreibt es Oßwald nun, der die Szene vom Rand aus mitverfolgte. Der Mann habe die Fahrertür aufgerissen – angesichts des Drucks der Wassermassen keine leichte Aufgabe, weiß Oßwald aus jahrelanger Unwetter-Erfahrung. Dann habe er den Mann mit Gehbehinderung kurzerhand auf den Arm genommen. Um den Hals klammernd bringt er sich und den offenbar Fremden in Sicherheit. Emotionale Bilder, die berühren.
Vierköpfige Familie brachte sich in letzter Sekunde in Sicherheit
In der Zwischenzeit seien auch Passanten den Menschen in den unter Wasser stehenden Autos zu Hilfe gekommen. Oßwald ist besonders eine vierköpfige Familie in Erinnerung geblieben, die sich gerade noch so aus ihrem Auto befreien konnte – Mutter und Vater wateten mit ihren Kindern auf dem Arm aus dem Wasser.
"Das Wasser ist regelrecht in die Unterführung geschossen", erzählt der Augenzeuge noch immer sichtlich fassungslos. Das seien richtige Fluten gewesen, nicht nur ein Fluss. Kein Wunder, dass die Menschen davon so überrascht wurden.
Für die Polizei findet Oßwald trotz des zeitweise überlasteten Notrufs lobende Worte: Die sei dennoch schnell vor Ort gewesen – und habe sofort reagiert. Die Kräfte seien ohne zu zögern bauchtief ins Wasser gestiegen, um zu helfen. Später kam die Wasserrettung hinzu, die mit Schlauchbooten die schwimmenden Fahrzeuge auf potenzielle Insassen überprüfte.
- Reporterin vor Ort
- Gespräch mit David Oßwald
- Nachfrage bei Presseamt der Stadt Nürnberg