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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Einblick in Fastenmonat "Ramadan ist ein Trainingscamp für den Rest des Jahres"
Während des muslimischen Fastenmonats Ramadan geben Kölner Musliminnen und Muslime Einblick, wie sie diese Zeit erleben. Diesmal: Imam Mahmood Ahmad Malhi.
Einen Monat Verzicht: Bis zum 12. Mai fasten gläubige Muslime. Wir haben Fastende aus Köln gebeten, uns an ihrem Ramadan teilhaben zu lassen. In Teil vier erzählt Mahmood Ahmad Malhi. Der 31-Jährige ist seit Dezember 2016 als Imam der Bait-un-Nasr-Moschee Ansprechpartner für die 450 Mitglieder der Kölner Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jammat. Außerdem betreut er mehrere Gemeinden in umliegenden Städten. Insgesamt ist er für etwa 1.200 Muslime und Musliminnen zuständig. Um die Gemeinschaft auch während des Lockdown-Ramadans zusammenzuhalten, arbeitet er jetzt noch mehr als sonst.
Mahmood Ahmad Malhi: "Soziales Miteinander fehlt"
Unter normalen Umständen, also vor der Pandemie, war während des Ramadans in der Moschee viel los, besonders zum Abend hin. Viele Gläubige kommen dann zum Tarawih-Gebet zusammen. Das ist ein freiwilliges Gebet, das nach dem fünften Pflichtgebet verrichtet wird. Auch zum Fastenbrechen kommen normalerweise Menschen in der Moschee zusammen, das ist das Lebendige an der Geschichte: Man umarmt sich, redet miteinander, fragt sich gegenseitig, wie das Fasten läuft. Dieses soziale Miteinander ist ein wichtiger Faktor, den es momentan so nicht geben kann. Das fehlt natürlich.
Aufgrund der Pandemie gibt es derzeit nur tagsüber die Möglichkeit, zu den Pflichtgebeten in die Gemeinde zu kommen. Das nehmen aber nur wenige wahr, da wir darum gebeten haben, um die Risikogruppen zu schützen. Wer kommt, muss eine Maske tragen, wir lüften selbstverständlich und jeder muss seinen eigenen Gebetsteppich mitbringen, damit wir die Abstände einhalten können.
Vorher haben wir alle gemeinsam einen großen Teppich genutzt, der Muster hat, anhand derer man sieht, wer wo steht. Im Islam gilt eigentlich das Gebot, "Schulter an Schulter" zu beten, also sehr eng beieinander. Aber auch die Loyalität zum Heimatland ist ein Teil des Glaubens. Deswegen achten wir auf die Einhaltung der Corona-Regeln.
Gesundheit hat höchste Priorität
Für uns Muslime hat die Gesundheit höchste Priorität. Fast alle Gebote sind dafür da, die Gesundheit zu achten. Es war ein Schock für uns, als im ersten Lockdown gar keine gemeinsamen Gebete in der Moschee mehr stattfinden konnten, aber wenn es der Gesundheit dient, halten wir uns an die Regeln. Soweit ich es empfinde, ist man da im Kreis der Moscheegemeinden einer Meinung. Da wir momentan nicht wie sonst zusammenkommen können, halte ich den Kontakt auf andere Weise: Ich versuche, jeden Tag 20 bis 25 Menschen anzurufen. Ich frage nach ihrem Wohlbefinden, wie es ihnen geht, ob sie etwas brauchen. Außerdem gibt es täglich um 13 Uhr eine Predigt auf unserem YouTube-Kanal MTA Germany, mit jeder Gemeinde außerdem ein wöchentliches Onlinetreffen per Zoom.
Durch alle diese Besonderheiten habe ich momentan mehr zu tun als sonst, aber für das Wohl der Menschen mache ich es gerne. Man freut sich ja auch, wenn man Freude bereiten kann. Ein wenig Sorgen mache ich mir schon um den Zusammenhalt der Gemeinde in dieser besonderen Zeit. Viele vermissen das spirituelle Leben, und wenn es einmal Begegnungen gibt, und seien es nur die zwei, drei Minuten nach dem Gebet, dann ist das schon etwas ganz anderes. Treffen vor Ort sind nicht wirklich zu ersetzen, aber das Telefon ist zumindest eine Alternative.
Manchmal fällt das viele Sprechen schwer
Ob mir das Fasten auch manchmal schwerfällt? Im Grunde genommen ist es mir bisher in all meinen Jahren sowohl privat als auch beruflich nie schwergefallen. Da aber jetzt die Umstände andere sind, aufgrund der aktuellen Situation und ich auch mehr zu tun habe als vorher, ist das viele Sprechen am Tag anstrengend, aber nicht das Fasten selbst. Sonst haben die Gemeinden, für die ich zuständig bin, mehr berücksichtigt, dass ich auch selbst faste.
Da ich zum Teil weite Strecken zu ihnen zurücklegen muss, hatten sie Verständnis, wenn ich nicht zu jeder Veranstaltung kommen konnte. Aber jetzt denkt man: Jeder ist sowieso zu Hause, da ist besonders viel Programm, und ich muss den Tag über viel sprechen, das kostet viel Kraft. Das kennen die Professoren an den Universitäten und auch die Lehrer an Schulen unter uns bestimmt.
Das Wort "Ramadan" bedeutet übrigens "Hitze". Gemeint ist damit die Hitze, die die Sünden verbrennt. Der Heilige Prophet sagt: Wenn jemand bewusst fastet, werden ihm die Sünden verziehen. Das ist ein wichtiger Punkt, denn tagtäglich verletzen wir andere und tun auch Dinge, die falsch sind. Ich sehe den Ramadan als eine Art "Trainingscamp" für die anderen Monate des Jahres.
Es ist eine Zeit, sich selbst zu reformieren und mehr Gefühl für die Mitmenschen zu entwickeln, gleich welcher Religion und Hautfarbe sie sind. Eine Zeit der Dankbarkeit, in der wir uns bewusst werden, wie gut wir es haben, welche Segnungen wir erfahren: Wir können einfach zum Kühlschrank gehen. Aber wie geht es denen, die dort leben, wo das nicht so ist?
- Gesprächsprotokoll: Johanna Tüntsch