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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wachleute an der Philharmonie Das ist Kölns kurioseste Posse – und richtig teuer
In Köln verscheuchen Wachleute Passanten von einem öffentlichen Platz – seit Jahrzehnten. Das kostet eine Stange Geld. Der Bund der Steuerzahler ist empört.
Die Kölner Philharmonie ist nicht nur durch ihre Musik, sondern vor allem durch eine kuriose Maßnahme deutschlandweit bekannt geworden: Bei Proben und Konzerten wird der Platz über dem Saal von Wachleuten für Passanten gesperrt – weil ihre Tritte unten zu hören sind. 2025 wird das noch einmal teurer.
Rund 304.400 Euro netto werden für das kommende Jahr fällig, heißt es in einer aktuellen Beschlussvorlage der Stadtverwaltung für den zuständigen Betriebsausschuss. Das ist noch mal mehr als zuletzt, weil ein neuer Tarifvertrag ansteht und das Wachpersonal mehr Geld bekommen soll.
Philharmonie in Köln: Darum gibt es Wachleute
"Skandalös und nicht nachvollziehbar", nennt der Steuerzahlerbund die dauerhafte Posse. Die neue Kalkulation sei ein Rekord bei den Kosten, die nun schon seit mehr als 25 Jahren "bei den Bürgern hängen bleiben", so eine Sprecherin des Verbands.
Seit 1999 bewachen Beschäftigte der Kölner Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung (KGAB) bis zu dreimal am Tag den Heinrich-Böll-Platz nahe dem Dom, damit keiner über den betroffenen Bereich geht. Man kann keine festen Sperren aufbauen, weil die Wege für Feuerwehr oder Krankenwagen frei bleiben müssen.
"Alle Bemühungen sind bisher gescheitert"
"Alle Bemühungen, durch bauliche Maßnahmen einen ausreichenden Schallschutz und die Befahrbarkeit der Platzfläche durch Rettungsfahrzeuge sicherzustellen, sind bisher gescheitert", heißt es in der Beschlussvorlage für den Betriebsausschuss des Stadtrats. Noch komplizierter wird es dadurch, dass der Platz Teil eines Kunstwerks ist und die Erben des Bildhauers Dany Karavan Änderungen mittragen müssten.
Daher verscheuchen seitdem Wachleute die Passanten. Inzwischen ist die Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung eine hundertprozentige städtische Tochter, sodass das Geld für das Security-Personal quasi von einer Tasche in die andere wandert. Die Verwaltung nennt das "Inhouse-Geschäft".
Die stadteigene Gesellschaft bringt zwar Langzeitarbeitslose in Beschäftigung – was für den Steuerzahlerbund die Sache aber nicht viel besser macht: "Die betroffenen Personen könnten in der gleichen Zeit doch wesentlich sinnvollere Aufgaben übernehmen", so die Sprecherin: "Zum Beispiel Parks säubern."
Kölner Philharmonie soll in Zukunft saniert werden
Die erste Fortschreibung der Bewachung hat sogar das Rechnungsprüfungsamt auf den Plan gerufen. Das bemängelte, dass die Stadt mit einem Stundenlohn kalkuliert, der gut zehn Euro über dem Mindestlohn liegt. Die Stadtkämmerin hat inzwischen entgegnet, dass man durch die Beschäftigung der Langzeitarbeitslosen unter anderem Bürgergeld einspare.
In ein paar Jahren soll die Philharmonie übrigens generalsaniert werden. Dann wäre der Zeitpunkt gekommen, dass man auch den Schallschutz überarbeitet. Die Bewachung des Platzes könnte dann endlich überflüssig werden.
- ratsinformation.stadt-koeln.de: Eigenbetriebsähnliche Einrichtung Veranstaltungszentrum der Stadt Köln – Bewachung des Heinrich-Böll-Platzes
- Anfrage beim Steuerzahlerbund NRW