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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kultur, Zusammenhalt, Wohnraum Das wünschen sich die Hannoveraner für 2022
Durch die Pandemie zeigt sich Hannover anders als früher: mehr Einschränkungen, weniger kulturelles Leben. Was die Bürger dennoch an ihrer Stadt schätzen und was sie sich für das neue Jahr wünschen, erzählen sie in ihrem ganz persönlichen Rückblick.
Zum Jahreswechsel gehören Vorsätze und Wünsche für das kommende Jahr bei vielen Bürgern einfach dazu. Im Gespräch mit t-online haben einige Hannoveraner über ihre Ideen für die Stadt und das neue Jahr gesprochen.
"Nachbarschaftshilfe hat mich besonders berührt"
Als Natalia Jankowska vergangenes Jahr mit ihren beiden Kindern zwei Wochen in Corona-Quarantäne war, war sie auf rasche und unkomplizierte Hilfe angewiesen. Die hat sie über ein Nachbarschaftsnetzwerk gefunden. Freiwillige sind in dieser Zeit für sie einkaufen gegangen und haben Medikamente besorgt.
"Das hat mich besonders berührt, denn gerade als Alleinerziehende hat man es in solch einer Situation nicht leicht", sagt die 33-Jährige. Trotz Pandemie habe ihr der Zusammenhalt in der Stadt gefallen – "auch, wenn es natürlich einigen Gegenwind gegen einzelne Maßnahmen oder die Impfungen gab", sagt sie. Ihr ganz persönliches Highlight sei die Geburt ihrer Tochter im April gewesen. "Ich hoffe, dass meine Kinder 2022 wieder mehr Möglichkeiten bekommen, mit Gleichaltrigen zu spielen."
Für Hannover wünscht sich Jankowska im neuen Jahr den Ausbau von barrierefreien Wegen und Angeboten. "Meine beste Freundin benötigt einen Rollstuhl und ist dringend auf funktionierende Fahrstühle angewiesen. Gerade am Hauptbahnhof sind diese immer wieder kaputt", sagt sie. "Da sollte auf jeden Fall nachgebessert werden."
"Mehr Aktionen wie die Experimentierräume"
Hannover hatte im vergangenen Jahr mit den sogenannten "Experimentierräumen" mehrere Straßen im Zentrum zeitweise für Autos gesperrt. Für Besucher gab es dort verschiedene Angebote, von Theater über Beachvolleyball und Spiele für Kinder. Bei Familie Wolters kam das gut an, erinnert sich Sebastian Wolters. "Uns hat das sehr gut gefallen, solche Aktionen dürfte es ruhig häufiger geben", sagt der 35-Jährige.
Obwohl die Familie sehr froh sei, bisher keinen eigenen Corona-Fall gehabt zu haben, habe es auch bei ihnen Diskussionen über die Pandemie gegeben. "Unsere kleine Tochter kennt es kaum anders, aber unsere Große empfindet es als extrem unfair, dass wir Erwachsene uns teilweise nicht richtig an die Regeln halten und sie und ihre Klassenkameraden das in der Schule ausbaden müssen", sagt Wolters.
Für das neue Jahr stehe der Familie ein Umzug bevor, sie sind aktuell auf Wohnungssuche. "Wie in vielen anderen Großstädten gestaltet sich das in Bezug auf das Angebot und den Preis relativ schwer", so der Familienvater. "Das wird deshalb unser großes Projekt für 2022."
"Vermisse die kulturelle Vielfalt"
Elke Heinrichs kam vor 16 Jahren nach Hannover, weil sie das kulturelle Angebot und die Interkulturalität überzeugten, sagt die heute 62-Jährige. Davon sei in den vergangenen beiden Jahren aufgrund der Pandemie nicht viel übrig geblieben.
Für Heinrichs bedeute das, nicht mehr zum Chor, spontan ins Kino oder Theater gehen zu können. "Selbst, wenn es zeitweise mal erlaubt war, erwäge ich das momentan gar nicht, weil ich mich schon so an diesen Zustand gewöhnt habe. Ich hoffe sehr, das ändert sich im neuen Jahr", sagt Heinrichs. Ihr fehle der Austausch mit anderen Leuten. "Aktuell verschwindet irgendwie alles hinter der Maske."
Doch gerade dort, wo viele in der derzeitigen Situation Stress und Einsilbigkeit erwarten würden, machte Heinrichs im vergangenen Jahr eine überraschend positive Erfahrung: "Ich wurde am Handgelenk operiert und mir hat unheimlich imponiert, wie freundlich es auf der Station zuging, obwohl dort natürlich aktuell viel mehr los ist als sonst. Da habe ich wieder gedacht, das ist mein Hannover", sagt sie.
"Ich hoffe auf einen guten Studienabschluss"
Die gute Stimmung, die Elke Heinrichs beschreibt, versuchen die Krankenschwester Ronja Katzorke und ihre Kollegen auch auf ihrer Station aufrechtzuerhalten. "Und das ist uns trotz Pandemie 2021 gut gelungen", sagt die 24-Jährige.
Kritik übt sie indes an einer Corona-Maßnahme, die mittlerweile nicht mehr gilt. "Ich fand es nicht gut, dass die Tests zeitweise kostenpflichtig waren. Jeder sollte ein Anrecht auf kostenlose Tests haben, denn je mehr getestet wird, desto sicherer wird es am Ende. Ich bin deshalb über die Änderung sehr froh und hoffe, es bleibt erst mal dabei", sagt sie.
Im neuen Jahr steht für die Krankenschwester ein wichtiges berufliches Ereignis an: Ihr Studienabschluss. "Ich studiere nebenbei Pflegemanagement und hoffe sehr, einen guten Abschluss zu schaffen", sagt sie. Auch, wenn sie insgesamt sehr zufrieden in Hannover sei, habe sie auch einen Wunsch für die Stadt: "Es wäre schön, wenn es etwas grüner werden würde, gerade im Innenstadtbereich."
"Wünsche mir mehr Angebote für wohnungslose Menschen"
Die Pandemie dauert mittlerweile so lange, dass es eine Generation gibt, die gar nicht richtig weiß, was sie verpasst. So geht es auch Luka Flebbe. Der 18-Jährige habe sich inzwischen daran gewöhnt, nicht so unbefangen wie Jahrgänge vor ihm seine Schulzeit genießen zu können.
"Ich glaube, die Auswirkungen werden sich erst in ein paar Jahren zeigen. Mitunter werden einem viele Chancen genommen", sagt er. Die ersten Monate des neuen Jahres wird Flebbe voraussichtlich vor allem am Schreibtisch verbringen, denn im Frühjahr stehen ihm die Abiturprüfungen bevor.
Danach will der 18-Jährige Medizin studieren, am liebsten in Hannover. "Aber ich muss gucken, an welcher Universität ich angenommen werde", sagt er. Was sich laut Flebbe ansonsten in der Stadt verbessern ließe? "Ich finde, wir brauchen mehr Angebote für wohnungslose Menschen."
"Endlich wieder mehr Festivals"
Sinah Römermann und Johanna Reckler haben 2021 besonders Festivals und Stadtfeste wie das Maschseefest oder das Tanzfestival "Der Sonne entgegen" vermisst. Die Freundinnen wollen im neuen Jahr endlich wieder ausgelassen tanzen.
"Auch mit Corona-Regeln, wenn es noch nötig ist, aber man sehnt sich schon nach mehr Abwechslung", sagen sie. "Es wäre zudem hilfreich, wenn die Regeln etwas übersichtlicher wären und es nicht alle paar Tage ein Hin und Her geben würde. Das hat zuletzt für viel Verwirrung gesorgt", sagt Reckler und nennt als Beispiel den Streit um die inzwischen gekippte 2G-Regel im niedersächsischen Einzelhandel.
Die 31-Jährige Römermann blickt derweil mit Spannung auf ihre beruflichen Aussichten: "Ich arbeite als Lehrerin und mir stehen noch einige Prüfungen bevor", sagt sie. Für ihre Schüler wünsche sie sich, dass die Schulen nicht wieder schließen müssen.
- Eigene Recherchen