EM-Spiel in Düsseldorf gegen die Slowakei Die Ukraine zwischen Gram und Glück
Mehr als tausend ukrainische Fans kommen zum EM-Spiel gegen die Slowakei nach Düsseldorf. Es wird deutlich: So leicht lassen sich Sport und Politik nicht trennen.
Am Freitagnachmittag verfolgen einige Hundert ukrainische Fans den Sieg ihrer Mannschaft vor der Großleinwand auf dem Düsseldorfer Burgplatz. In blau-gelbe Fahnen oder Landestracht gehüllt singen sie die Nationalhymne mit, rufen ihren Spielern "Ukrajina" zu.
So weit der fröhliche Teil dieses Fußballnachmittags. Doch viele Ukrainer sind auch am Freitag mit den Gedanken beim Krieg gegen ihre Heimat. Aus Dortmund war Familie Len auf den Burgplatz gekommen. Sie kämen aus Lugansk und seien gleich zweifach vor dem Krieg geflüchtet. "Lugansk liegt im Donbass, dort hat der Krieg schon vor zehn Jahren begonnen. Wir haben deswegen acht Jahre in der Nähe von Kiew gelebt", erzählt Mutter Svetlana. "Im März 2022 haben wir eine Woche überlegt, dann sind wir nach Deutschland geflüchtet", ergänzt ihr Sohn Maksym (16).
Fanmarsch erinnert an Kriegsopfer
Es ist gerade einmal zwölf Jahre her, dass die EM in der Ukraine stattfand. Gespielt wurde unter anderem im Stadion von Charkiw, die deutsche Mannschaft schlug damals die Niederlande mit 2:1. Im Mai 2022 wurde eines der Trainingsstadien in der Stadt von einer russischen Rakete getroffen und zerstört. Ein Teil der blau-gelben Sitzschalen aus Charkiw ist in einer Wanderausstellung in verschiedenen EM-Städten zu sehen, in Düsseldorf auf dem Platz vor dem Rathaus, rund 150 Meter vom Public Viewing am Burgplatz entfernt. Blumen erinnern hier an die Opfer des Kriegs.
Viele Fußballfans waren bereits am Mittag vom Rheinpark Golzheim zum Stadion gezogen. Dabei machten sie auf das Schicksal der von Russland entführten Kinder und ukrainischen Kriegsgefangenen aufmerksam. Der Polizei zufolge beteiligten sich etwa 1.000 Menschen an der Aktion. Da Russland dem Land die nationale Identität abspricht, setzten die Organisatoren ein besonderes Zeichen der Verbundenheit mit der Ukraine.
Mehrere ukrainische Künstlerinnen und Sänger traten vor den Fußballfans auf, auf dem Platz vor dem Rathaus konnten die Gäste traditionelles ukrainisches Essen probieren und einen Eindruck von der Kultur gewinnen. Ein Jugendchor sang das Lied "Stefania" des Kalush Orchestra, mit dem die Ukraine 2022 den Eurovision Songcontest gewonnen hatte.
Eine bedrückende Stimmung – manch einer hatte Tränen in den Augen. Doch Gram und Glück lagen an diesem Nachmittag nur 150 Meter auseinander – zwischen dem Sitzschalen-Mahnmal auf dem Rathausvorplatz und der Feierlaune auf dem Burgplatz. Gut gelaunt machen die ukrainischen Zuschauer Selfies vor dem Bildschirm, EM-Maskottchen Albärt hatte sich zu ihnen gesellt.
Sie erlebten, wie ihre Mannschaft im Spiel gegen die Slowakei gewann – und die Menschen aus der Ukraine schöpften neue Hoffnung. "Das gibt uns allen Mut, auch für unsere Armee. Wir hoffen, dass sich alles zum Guten wenden wird", sagt Maksym Len.
- Reporter vor Ort