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Kinderhospiz Regenbogenland: Weihnachtswunder in Düsseldorf nach Autodiebstahl


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Tausende Spenden in zwei Tagen
Bestohlenes Kinderhospiz erlebt kleines Weihnachtswunder


Aktualisiert am 24.12.2023Lesedauer: 4 Min.
Geld im Minutentakt: Nachdem dem Kinderhospiz der Sprinter gestohlen wurde, posteten Nutzer auf pr0gramm Screenshots ihrer Spendenbelege.Vergrößern des Bildes
Geld im Minutentakt: Nachdem dem Kinderhospiz der Sprinter gestohlen worden war, posteten Nutzer auf "pr0gramm" Screenshots ihrer Spendenbelege. (Quelle: Screenshot pr0gram/Kinderhospiz Regenbogen, Montage: t-online)
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Kurz vor Weihnachten wird einem Düsseldorfer Kinderhospiz der Transporter für Ausflüge mit den Kindern gestohlen. Dann passiert in einer Ecke des Internets etwas Wunderbares.

Bis zum dritten Adventwochenende hatte das Kinderhospiz Regenbogenland einen fünf Jahre alten Mercedes Sprinter für Ausflüge mit den schwerkranken Kindern vor dem Haus stehen. Jetzt ist der Sprinter gestohlen – und das Düsseldorfer Hospiz kann sich nach der ersten Enttäuschung über Tausende Spenden freuen. Die dürften für mehr als einen neuen Transporter reichen. Dahinter steckt maßgeblich ein Phänomen, das den Beteiligten zunächst Rätsel aufgab: die "Kraft aus dem Keller". t-online erklärt, wie die Dynamik einer verschworenen Gemeinschaft eine Spendenlawine losgetreten hat.

Die Nachricht vom Diebstahl des Fahrzeugs der Einrichtung für Kinder, die nicht mehr lange zu leben haben, hatte schnell Wellen geschlagen und Empörung ausgelöst. Beispielsweise teilte der Traditionsclub Fortuna Düsseldorf am Freitag die Nachricht des "Regenbogenlands". Und in Reaktionen spiegelte sich wider, was auch Einrichtungsleiterin Anja Eschweiler t-online sagt: "Das hat uns absolut fassungslos und tieftraurig gemacht. Die Weihnachtszeit sollte eigentlich ganz anders sein."

Dieses Gefühl ist noch nicht verflogen, "ich kann so eine Tat nicht begreifen". Aber inzwischen gibt es noch ganz andere Emotionen: Die Einrichtung wird mit tröstenden Worten und Zuspruch überschwemmt, "diese Verbundenheit bewegt uns." Und es kam sehr schnell das Angebot finanzieller Hilfe. Die große Instagram-Seite "Duesselmeme" rief dazu auf, ein Verein "Race4Hospiz" sammelt, auch andere äußerten ähnliche Pläne.

"Die Menschen waren schneller als wir"

Doch das ist alles bereits in den Schatten gestellt, das Auto könnte bereits jetzt finanziert sein. Tausende Spenden hat das Hospiz seit Mittwoch erhalten. "Die Menschen waren schneller als wir", sagt Eschweiler. "Ich weiß noch gar nicht, wie viel Geld wir überhaupt benötigen. Ohne eine solche Summe zu kennen, hatten wir noch nicht aufrufen wollen."

Seit Mittwoch sind gesichert mindestens 90.000 Euro allein von Nutzern von "pr0gramm" gespendet worden. Dahinter steckt eine der 100 meistbesuchten deutschen Seiten, die dennoch kaum bekannt ist. Es ist ein vorwiegend von jungen Menschen genutztes Imageboard, eine Art Forum, in dem tägliche mehrere Tausend Bilder gepostet werden und darunter diskutiert wird.

Dort gilt die Regel: "Über das pr0 spricht man nicht." Dennoch hat die Seite große Mobilisierungskraft, wenn das Forum auf ein Thema anspringt. Dort wurde das Weihnachtswunder möglich.

Diese Hoffnung hatte auch ein "pr0gramm"-Nutzer mit dem Pseudonym "Wurst69", ein Düsseldorfer, der oft an dem Hospiz vorbeifährt und das Facebook-Posting mit der Nachricht vom Diebstahl bereits kurz nach Veröffentlichung sah. "Ich musste sofort ans pr0 denken und habe insgeheim auf den Spendenraid gehofft", schrieb er t-online. Er hoffte also, dass bei dem emotionalen Thema eine Spende eine Lawine lostritt, weil sich plötzlich ganz viele anschließen und eine gemeinsame Aktion daraus wird.

Spendenaktionen seit Ärger über Sicherheitsforscher

Spendenaktionen haben in dem Forum Tradition, seit dort Wut auf einen amerikanischen Sicherheitsforscher in eine riesige Hilfsaktion für die Krebshilfe umgeschlagen ist. Der Amerikaner Brian Krebs hatte über "pr0gramm" negativ berichtet und Beteiligte öffentlich gemacht. In der Szene hatte das zunächst Wut und eine Welle mit Beiträgen ausgelöst, in denen der Sicherheitsforscher Krebs verächtlich gemacht wurde. Dann spendete aber jemand mit dem Betreff "Krebs ist scheiße" an die Krebshilfe – und Tausende nutzten anschließend Spenden für die gleiche Botschaft. Seither hat das Forum erneut für Krebsforschung gespendet, aber auch nach einer Einbruchserie für betroffene Tierheime.

Der Nutzer "Wurst69" behielt Recht: Um 18.28 Uhr am Mittwoch hatte er den Screenshot des Regenbogenland-Beitrags gepostet, um 18.54 Uhr erschien der erste Screenshot einer Spende. "Ich habe mit einer Spende nachgelegt, und da ist es am Abend und in der Nacht schon eskaliert." Am Donnerstagmorgen um 6 Uhr waren bereits Belege über Spenden in Höhe von 40.000 Euro gepostet, am Freitagabend nach 48 Stunden waren 85.000 Euro dokumentiert.

3.000 Nutzer spendeten

Inzwischen haben fast 3.000 Nutzer Bilder ihrer Spende gepostet. Unter den Spenden gab es auch vereinzelt seltsame Scherze, so hat ein Nutzer 1 russische Kopeke gespendet, 0,01 Rubel. Das sind 0,0098 Cent. Ein anderer hat aber auch 5.000 Euro gespendet, im Durchschnitt überwiesen die Nutzer 29,91 Euro. Das hat ein Nutzer ausgerechnet, insgesamt zwei führen Statistik. Die "Kellerkinder" haben also geliefert. So nennen sich die Nutzer selbstironisch – ein Spiel mit dem Vorurteil, dass dort nur junge Leute unterwegs sind, die im Keller ihrer Eltern bloß hinter dem Rechner hocken.

Einzelne Nutzer hatten Spaß daran, auf der Facebookseite des Hospizes Andeutungen zu machen. Wenn dort Menschen Spendenaktionen zur Beschaffung eines neuen Wagens ins Gespräch brachten, kamen Antworten wie "Keller hat geregelt" oder "Die Kraft kommt aus dem Keller". Irritierend für viele Düsseldorfer, heißt doch der Oberbürgermeister Stephan Keller.

"Die Kraft kommt aus dem Keller"

"Uns sind diese Botschaften auf Facebook und auf Spenden natürlich auch aufgefallen, und wir konnten uns auch keinen richtigen Reim darauf machen", sagt Hospizleiterin Eschweiler. Die Seite kannte sie bisher nicht. "Aber wir sind unfassbar dankbar dafür, dass wir jetzt von so vielen Menschen Spenden bekommen. Das ist ein weiteres bewegendes Zeichen der Verbundenheit."

Wie viel Geld das Hospital nach dem Diebstahl benötigt, ist noch unklar. Die Versicherung wird irgendwann etwas erstatten, das ist klar. Offen ist, was ein Ersatzfahrzeug kosten wird. "Der gestohlene Sprinter war ein Vorführwagen, der für 15.000 Euro umgebaut wurde, und das hat fünf Monate gedauert." So lang will das Hospiz nicht darauf verzichten, Ausflüge mit allen Kindern zu machen. Was ein bereits bedarfsgerecht umgebautes Fahrzeug kostet und ob das schnell verfügbar ist: noch unklar. In jedem Fall seien die Preise seit 2018 deutlich gestiegen.

"Wir haben eine Liste mit Herzenswünschen"

Deshalb will sich Eschweiler auch nicht äußern, wie viel Geld benötigt wird. "Jeder Spender kann sich aber sicher sein, dass das Geld sehr, sehr gut ankommt. Alles hilft, dass wir unseren Gästen ihre Zeit auf eine so erfüllte und gute Weise wie möglich gestalten können." Krankenkassen zahlen zwar die Pflegekosten. Therapien mit Tieren, Ausflüge, Begleitung trauernder Eltern oder viele Anschaffungen finanziere die Einrichtung aber aus Spenden. "Wir haben immer eine Liste mit großen und kleinen Herzenswünschen."

Der aktuell größte hatte aber nichts mit Geld zu tun: Das Kinderhospiz kann über Weihnachten geschlossen bleiben. "Das ist ganz toll, weil das heißt, dass unsere Kinder Weihnachten mit ihrer Familie verbringen können."

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Anja Eschweiler
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