Sachsens Ministerpräsident bedroht Rechtsextreme ziehen vor Kretschmers Privatwohnung
Hunderte demonstrierten in Dresden-Klotzsche gegen eine Flüchtlingsunterkunft. Vor der Wohnung des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer inszenierten sie eine Drohkulisse.
Mehr als 300 Teilnehmende einer Demonstration der rechtsextremen Kleinstpartei "Freie Sachsen" zogen am Sonntagmittag vor die Privatwohnung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU). "Politiker dürfen sich zu Hause nicht mehr wohlfühlen", verkündete der Rechtsextremist Max Schreiber bei der Zwischenkundgebung in Hörweite zu Kretschmers Wohnung.
Um elf Uhr hatten sich die Demonstranten vor einer Flüchtlingsunterkunft im Neubaugebiet in Dresden-Klotsche versammelt, um gegen die Unterbringung von 65 Geflüchteten zu protestieren. Anschließend zogen sie zum Wohnsitz des Ministerpräsidenten. Von den etwa 370 Teilnehmern wurden auch verbotene Fahnen geschwenkt, sagte ein Sprecher des Lagezentrums der Polizei t-online. Dennoch sei es friedlich geblieben.
- Rechtsextreme Demos in Dresden: "Für die meisten Menschen, die montags demonstrieren, sind die Organisationen, die an der Spitze marschieren, austauschbar."
Ein Reporter vor Ort berichtete von vereinzelten polizeilichen Maßnahmen gegen Teilnehmer, unter anderem wegen des Vorzeigens von "Reichsbürger"-Ausweisen, wie der Polizeisprecher bestätigte.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Laut des Leipziger Soziologen Johannes Kiess besteht die Partei "Freie Sachsen" aus bekannten Neonazis, Mitgliedern der NPD und "Pro Chemnitz" sowie Personen "aus rechtsextremen Verbünden". Der Bundesverfassungsschutz führt die Partei bereits seit dem vergangenen Jahr als Verdachtsfall.
80 Menschen "schützen" Asylunterkunft in Dresden-Klotzsche
Der rechten Demo stellte sich ein Gegenprotest von etwa 80 Personen in der Alexander-Herzen-Straße entgegen. "Es ist gefährlich für die Bewohner, wenn wir uns hier nicht engagieren", sagte Anmelderin Rita Kunert (Linkspartei). Laut Kunert würden die Rechtsextremen "versuchen, den Menschen einzureden, dass diese 65 Menschen unseren Frieden hier im Viertel stören." Einige linke Demonstrierende malten mit bunter Kreide Botschaften wie "Toleranz" oder "Refugees Welcome!" auf den Asphalt vor der Flüchtlingsunterkunft.
Im ehemaligen Schulgebäude in Klotzsche sollen 65 Plätze für Geflüchtete entstehen, sowie 17 weitere Plätze als Reservekapazität im Bedarfsfall. Der Widerstand dagegen ist nicht nur laut: In den letzten Wochen kam es immer wieder zu Vandalismus an der künftigen Flüchtlingsunterkunft. Der Ende September gipfelte die Ausschreitungen in einem Brandschlag.
"Schändlicher Angriff auf unsere Demokratie"
Eine pöbelnde Menge sei in Kretschmers privates Lebensumfeld "eingedrungen", postete Justizministerin Katja Meier (Grüne) am Nachmittag auf X. Solche "Heimsuchungen" seien kein Ausdruck legitimer politischer Auseinandersetzung, sondern "ein schändlicher Angriff auf unsere Demokratie".
Vize-Ministerpräsident und Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) sprach laut Mitteilung von einer "inakzeptablen Missachtung der Demokratie".
- Reporter vor Ort
- Telefonat mit Lagezentrum der Polizei Dresden
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa