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Waldbesetzung bei Dresden: Klimaaktivisten des "Heibo"-Camps in Polizeigewahrsam


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Rund 40 Besetzer noch in den Baumhäusern
Waldbesetzer des "Heibo"-Camps in Polizeigewahrsam


Aktualisiert am 15.02.2023Lesedauer: 7 Min.
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Ein Aktivist steht auf einem schwebenden Dixi-Klo und zündet eine Rauchpatrone. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa)
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Die Polizei geht davon aus, dass es mindestens fünf Tage dauert, um das Protestcamp "Heibo" nördlich von Dresden zu räumen. Alles, was an Tag eins der Räumung wichtig war

16.30 Uhr: Die Einsatzkräfte haben einen Waldbesetzer auf der schwebenden Dixi-Toilette mitten im Camp festgesetzt. Während des Klogangs haben Polizisten den Kletterkarabiner vom Sicherungsseil des Aktivisten entfernt, der nun ungesichert am Dixiklo festsitzt: Die schwebende Toilette wird von einem Sicherungsseil gehalten, das sich durchs ganze Camp zieht. Reißt dieses Seil, stürzt er samt schwebender Toilette über fünf Meter in die Tiefe. Die Polizei hatte dem Besetzer angeboten, ihn von der Kletterpolizei auf den Boden holen zu lassen, um das Sicherheitsrisiko zu beenden – doch der junge Mann entschied sich dagegen.

Vielleicht ist es der Versuch der Einsatzkräfte, einen weiteren Aktivisten zum Aufgeben zu zwingen – bevor der Einsatz mit dem Einbruch der Dunkelheit (gegen 17.30 Uhr) endet: Im Laufe des Tages haben die Einsatzkräfte sechs Baumhäuser, und einen Tripod beräumt. Insgesamt 17 Personen wurden aus dem Camp gebracht und zehn Ermittlungsverfahren eingeleitet. Vor allem wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wie die Polizei am Mittwochabend mitteilten. Hinzu kamen Anzeigen unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Sprengstoffgesetz. Zudem gab es drei Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten aufgrund des Aufenthalts- und Betretungsverbot.

14.30 Uhr: Auch bei der Waldbesetzung im "Heibo" setzen die Klimaaktivisten auf Sekundenkleber. Bei einer Baumhausräumung konnte ein Notarzt eine Person mit ganz viel Geduld und noch mehr Aceton aus dem Baumhaus lösen, ein weiterer Aktivist konnte nur samt Plastikrohr aus dem Baumhaus geschnitten werden – es sieht so aus, als hätte sich seine Hand mit Beton und Plastik verbunden. Die Person wird medizinisch behandelt.

Wie viele Tage der Polizeieinsatz andauern wird, hängt von solchen Aktionen ab, welche die Räumung verzögern. Bei der Pressekonferenz am Donnerstag hatte die Polizei erklärt, sich das Sondereinsatzkommando in der Hinterhand zu halten, sollten die Waldbesetzer mehr als passiven Widerstand leisten.

14.00 Uhr: Seit vier Stunden läuft die Räumung bereits – die Polizei zieht ein erstes Fazit: Mehrere Identitäten der Waldbesetzer konnten festgestellt werden, eine Person wurde aufgrund des Verdachts auf Widerstand in Gewahrsam genommen, teilte eine Polizeisprecherin t-online mit.

An der Mahnwache sammeln sich derweil die ersten freigelassenen Aktivisten; für besonders viel Kritik sorgt dort, dass Demo-Sanitäter erst nach langen Diskussionen mit der Polizei ins Camp gelassen wurden. Die Solidarität reicht über den Waldrand hinaus: Für 17 Uhr ist im Dresdner Alaunplatz eine spontane Solidaritätsdemonstration angemeldet worden.

12.30 Uhr: Der erste Tripod ist geräumt. Nur an einer Person, die sich mit einem Schloss festgekettet hat, beißen sich die Beamten seit etwa einer halben Stunde die Zähne aus. "Wir sind fast durch, es fehlt nur noch ein letztes Stück. Das müssen wir jetzt wie beim Dosenöffnen nach oben drücken", kommuniziert einer der Kletterpolizisten den Einsatzkräften am Boden.

Die Räumung des zweiten Baumhauses entwickelte sich hingegen zu einem Katz- und Mausspiel. Wann immer die Polizei mit der Hebebühne versuchte, die besetzende Person zu fassen, schwang sich diese immer weiter nach oben.

Innerhalb weniger Tage werden hier Strukturen zerstört, die innerhalb von anderthalb Jahren – von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt – aufgebaut wurden. Im Interview mit t-online berichtet ein Waldbesetzer, was diesen Ort so besonders macht: "Ich glaube, das liegt auch daran, dass dieser Ort nie fertig war. Deshalb tut es auch so weh, mitanzusehen, wie gerade Strukturen zerstört werden, die ich selbst mit aufgebaut habe und dann auch noch für so einen niederen Grund: die Profitinteressen eines Kieskonzerns." Das komplette Interview können Sie hier nachlesen.

11.30 Uhr: Die Räumung des Protestcamps hat begonnen. Zwei Besetzer wurden mithilfe eines Krans von einem Tripod (einem Baumhaus auf drei Stelzen) geholt – die ersten Aktivisten werden abgeführt. Vonseiten der Polizeisprecherin gibt es weiterhin keine weiteren Informationen, ob die Polizei daran festhält, dass Journalisten das Gelände verlassen müssen – die Presseschaffenden sind einfach dageblieben.

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Berichterstattung nur eingeschränkt möglich

10.30 Uhr: Ob die Berichterstattung fortgesetzt werden kann, ist fraglich, die Polizei fordert alle Pressevertreter auf, das Gelände zu verlassen. Man solle auf die nächste Pressetour warten, erklärt die Polizeisprecherin vor Ort.

10.00 Uhr: Der erste Besetzer folgt der Aufforderung der Polizei und verlässt in Begleitung von zwei Beamten das Gelände. Die Polizeisprecherin erklärt, dass er nach einer ID-Behandlung das Gelände verlassen kann.

9.25 Uhr: Der Sachsenforst hatte eine 30-minütige Frist gesetzt, um die gesperrte Waldfläche zu verlassen; ansonsten würde unmittelbarer Zwang angewendet. Diese Frist ist nun verstrichen: Das Kommunikationsteam der Polizei beginnt mit ersten Ansprachen der Besetzer. Das stellt sich als relativ schwierig heraus: Eine Person, die sich auf der schwebenden Dixi-Toilette verschanzt hat, reagiert gar nicht. Ein anderer Besetzer spreche nur Französisch. Unweit des Camps werden die ersten Bäume gefällt. Bis zum 28. Februar muss Sachsen das 7,5 Hektar große Waldgebiet in der Laußnitzer Heide roden und holzfrei an das Kiesbergwerk Ottendorf-Okrilla übergeben.

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8.20 Uhr: Die Versammlung wurde durch das zuständige Landratsamt mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

7.58 Uhr: Die Polizei wendet sich mit einer ersten Durchsage an die Versammlungsteilnehmer, da die Besetzer mit ihrem Aufenthalt in den Baumhäusern gegen die Versammlungsauflagen verstoßen: "Die damit verbundenen Sicherheitsbedenken können nicht weiter hingenommen werden", tönt es aus den Polizeilautsprechern. Den Aktivisten werden 15 Minuten Zeit eingeräumt, die Baumhäuser zu verlassen, da diese als Kundgebungsmittel nicht erlaubt sind.

Die Besetzer zeigen sich davon unbeeindruckt. Eine vermummte Person kletter auf das Dach eines Baumhauses und stimmt auf einer Mundharmonika das Arbeiterlied "Bella Ciao" an. Mittlerweile ist das Protestcamp mit blau-weißem Absperrband gesperrt.

Die Folgen der Rodung fürs Grundwasser

7.15 Uhr: Ein Helikopter kreist über die Grube. Die Polizei geht von 50 bis 60 Aktivisten im Camp aus; für den Einsatz wurden acht bis zehn Hundertschaften angefordert.

Einige wenige Aktivisten sind bereits seit August 2021 im Protestcamp. Was sie so lange ausharren lässt, sei vor allem die Angst, dass die angrenzenden Moore austrocknen könnten. Einige Aktivisten befürchten sogar, dass in der Region bald kein Wasser mehr aus dem Hahn kommen könnte. Holger Oertel vom Nabu-Landesvorstand hält das für eine Übertreibung: "Definitiv ist es aber so, dass wir schon jetzt Probleme mit der Trinkwasserversorgung in der Region haben. Die Grundwasserstände sind enorm zurückgegangen, bis dahingehend, dass erste Brunnen völlig trocken sind", so Oertel. "Sobald der Wald gerodet wird, wird sich die Situation weiter verschärfen, zumal dort grundwassernah wieder aufgeforstet wird, was bedeutet, dass die Bäume später direkt ins Grundwasser hinein wurzeln und dann auch mehr Wasser verbrauchen."

6.45 Uhr: Erste Polizisten sind im Camp eingetroffen. Für Mittwochmorgen ist eine Begehung des geplant, die überprüfen soll, ob die die Auflagen des Protestcamps eingehalten werden. Dann entscheidet sich, ob es zur Räumung kommt.

6.15 Uhr: Ein Autofahrer drückt zweimal auf die Hupe, zwei Menschen in Schlafsäcken drehen sich unruhig hin und her. Nichts Besonderes für den jungen Mann, der heute an der Mahnwache an der Straße vor dem "Heibo"-Protestcamp Nachtwache gehalten hat. Immer wieder führen Autofahrer mit ausgestrecktem Mittelfinger vorbei. Auch nächtliche Besuche sind nicht ausgeblieben. Vor allem, während der Nazi-Demos in Dresden hätten viele nächtliche Vorfälle gegeben.

Wie die Polizei bei einer Pressekonferenz am Dienstag berichtete, sei auch eine zersägte Holztoilette zur Anzeige gebracht worden. Die Beamten prüften die Vorfälle. "Die unangenehmsten Erfahrungen haben wir aber mit der Polizei gemacht", erzählt der Aktivist, der heute Nachtwache gehalten hat. Die Beamten hätten in den vergangenen Tagen an die Fensterscheiben der Baumhäuser geklopft und ihr Pfefferspray gezeigt – der Aktivist spricht von Einschüchterungsversuchen. Seit mehreren Wochen unterstütze er bereits die Besetzung im "Heibo". Er habe sich nach der Räumung von Lützerath in den "Heibo geflüchtet", weil er es einfach nicht wahrhaben wollte, dass der Kampf gescheitert sei.

Fünftägiger Einsatz erwartet

Die Polizei rechnet bei einer Räumung des Protestcamps im Waldstück Heidebogen nördlich von Dresden mindestens mit einem fünftägigen Einsatz – je nachdem, wie hartnäckig die Aktivisten den Einsatz stören würden. Am Mittwochmorgen soll bei einer Begehung des Geländes geprüft werden, ob die Auflagen des Protestcamps eingehalten werden.

Rein formal gibt es drei Möglichkeiten: Entweder das Protestcamp darf bestehen bleiben, die Versammlung kann an einem anderen Ort stattfinden oder die Versammlung wird geräumt. "Wir sind auf alle drei Szenarien vorbereitet", erklärte Einsatzleiter Dirk Linczmajer bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag.

Die angeforderten acht bis zehn Hundertschaften aus mehreren Bundesländern sprechen eine eigene Sprache. Außerdem muss das besetzte Waldstück bis Ende des Monats gerodet ans Kieswerk übergeben werden – von einer Räumung am Mittwoch ist auszugehen. Am Dienstagabend haben Aktivisten deshalb das Grünen-Büro im Dresdner Stadtteil Löbtau besetzt – sie fordern Gespräche mit Sachsens Umweltminister.

"Heibo bei Dresden": 60 Menschen im Protestcamp

Im Waldcamp vermutet die Polizei derzeit 50 bis 60 Menschen. Vor allem in den vergangenen Wochen ist das Camp stark gewachsen. Das fällt zwar zeitlich mit der Lützerath-Räumung zusammen, liege aber viel mehr daran, dass der Zeitpunkt der Räumung durch die Medien bekannt worden sei, so Polizeisprecher André Schäfer. Was dazu geführt hätte, dass viele Unterstützer nicht mehr nur am Wochenende ins Camp gekommen wären, sondern aktuell im Camp seinen, um die Räumung zu verhindern.

Bei einem Großteil von ihnen werde keine aktive Gegenwehr vermutet, sollte es zur Räumung kommen, schätzte Linczmajer die Lage ein. Bei Bedarf sollten auch sogenannte Höheninterventionskräfte eingesetzt werden – das sind Spezialisten, etwa wenn Baumhäuser abgebaut oder Demonstranten von Bäumen geholt werden müssen. Auch soll mit Hebebühnen gearbeitet werden, um die Aktivisten von den Bäumen zu holen.

Warum hat sich die Räumung so lange hingezogen?

Seit August 2021 gibt es das Protestcamp im "Heibo". Bis Mai 2022 habe René Burk vom Ordnungsamt Bautzen darauf hingewirkt, dass ein Versammlungsleiter benannt wird – erfolglos. "Es sind immer mehr erhebliche Verstöße gegen die öffentliche Sicherheitsordnung festgestellt worden. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, die Versammlung per Allgemeinverfügung entsprechend zu registrieren und gleichzeitig bestimmte Auflagen festzulegen." Dagegen wurde Einspruch eingelegt, doch das Verwaltungsgericht Dresden hat Auflagen, die der Landkreis dem Waldcamp Würschnitz auferlegt hat, weitgehend bestätigt.

Der Zeitplan ist eng: Bis zum 28. Februar muss Sachsen das 7,5 Hektar große Waldgebiet in der Laußnitzer Heide roden und holzfrei an das Kiesbergwerk Ottendorf-Okrilla übergeben.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Pressebriefing der Polizeidirektion Görlitz vom 14. Februar 2023
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