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Waldbesetzung bei Dresden: "Uns wird unser Wohnzimmer weggenommen"


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Räumung der Waldbesetzung bei Dresden
"Uns wird gerade unser Wohnzimmer weggenommen"

InterviewVon Marvin Graewert

Aktualisiert am 16.02.2023Lesedauer: 2 Min.
Der Waldbesetzer lebt seit einer Woche im Camp: In den ersten Tagen musste er sein Trinkwasser noch über dem Lagerfeuer auftauen.Vergrößern des Bildes
Der Waldbesetzer lebt seit einer Woche im Camp: In den ersten Tagen musste er sein Trinkwasser noch über dem Lagerfeuer auftauen. (Quelle: Marvin Graewert)

Seit anderthalb Jahren lebt eine kleine Gruppe von Klimaaktivisten im "Heibo" eine Utopie. Ein Aktivist erzählt vom Leben im Baumhausdorf.

Nach Tag eins der Räumung befinden sich noch zwischen 30 und 40 Waldbesetzer im Protestcamp im Heidebogen nördlich von Dresden, kurz "Heibo". Sie verteidigen einen strukturreichen Wald und damit die Heimat des Rauhfuß- und des Sperlingskauzes. Die beiden Kleineulen gelten in Sachsen als gefährdet und sind in der EG-Vogelschutzrichtlinie als europäisches Schutzgut verzeichnet. Seit August 2021 leben auch Klimaaktivisten in der Lausitzer Heide und fühlen sich mittlerweile auch sehr heimisch. Ein Waldbesetzer berichtet von seinem Zuhause im Wald.

t-online: Seit wann lebst du im Protestcamp?

Waldbesetzer: Ich bin seit einer Woche hier. Es gibt Menschen, die sind schon viel länger da, andere sind erst kurz vor der Räumung angekommen.

In der vergangenen Woche sind die Temperaturen im Wald wieder weit unter null Grad gefallen.

Wir wissen, was auf uns zukommt und sind auf kalte Nächte vorbereitet, mit vielen Schlafsäcken und Klamottenschichten. Zum Glück haben wir jetzt während der Räumung keine Temperaturen unter null Grad mehr: Vergangene Woche mussten wir unser Trinkwasser noch über dem Lagerfeuer auftauen. Trotzdem finde ich das Leben hier sehr schön – es ist natürlich total sehr anders und für viele wird es ein krasser Bruch nach der Besetzung wieder in den normalen Alltag zurückzukehren. Mir wird vor allem der Zusammenhalt der Gruppe fehlen.

Es gibt Personen im Protestcamp, die nach der Räumung von Lützerath in den Heibo gezogen sind. Neben allen politischen Zielen klingt das ein bisschen nach Realitätsflucht.

Ich weiß nicht, ob Menschen aus Lützerath hierher flüchten. Ich glaube eher, dass Lützerath vielen Aktivisten gezeigt hat, dass so ein Leben möglich ist: Wir haben einen Gegenentwurf zu einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft geschaffen, die in unseren Augen keine Zukunft mehr hat. Gerade für Personen, die länger hier leben, ist das gerade ein Heimatverlust. Hier wird Menschen gerade ihr Wohnzimmer weggenommen.

Wie sieht das bei dir aus? Du bist schließlich erst seit einer Woche hier.

Ich finde es erstaunlich, wie krass ich mich in dieser kurzen Zeit an diesen Ort gebunden habe. Ich glaube, das liegt auch daran, dass dieser Ort nie fertig war. Vom ersten Tag an war ich in alles eingebunden. Deshalb tut es auch so weh, mitanzusehen, wie gerade Strukturen zerstört werden, die ich selbst mit aufgebaut habe und dann auch noch für so einen niederen Grund: die Profitinteressen eines Kieskonzerns.

Verwendete Quellen
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