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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Elisa Valerie TikTok-Star: "Es ist super, wenn der Mann eine Therapie gemacht hat"
Bei einem Kiezspaziergang mit der Künstlerin Elisa Valerie verrät die junge Musikerin, was ihr Lieblingscafé in Berlin mit ihrer Psychotherapie zu tun hat und warum sie so gerne über das Dating in der Hauptstadt singt.
Vor drei Jahren zog die gebürtige Hamburgerin Elisa Valerie nach Berlin. Eigentlich, um als Musikerin die Popwelt zu erobern. Doch während der Corona-Pandemie eroberte sie erstmal Social Media: Als digitale Entertainerin mit feministischem Unterton bringt sie auf TikTok über 100.000 Follower zum Schmunzeln – mit Postings über misslungene Tinder-Romanzen und mentale Gesundheit.
Parallel bastelte Elisa Valerie, die als Tochter einer Tanzlehrerin auch mit professionellen Choreografien glänzt, mit Sony Music an ihrer Debüt-EP. "Spaß und Probleme" erscheint Ende Mai. t-online traf die 25-Jährige für einen Frühlingsspaziergang in Prenzlauer Berg.
t-online: Wir sitzen in deinem Lieblingscafé "Greenfich". Warum bist du so oft hier?
Elisa Valerie: Der Besitzer dieses Cafés ist ein guter Freund von mir und ich komme gerne nach der Therapie hierher, um über das Besprochene nachzudenken.
In einem TikTok-Video sagst du: "Irgendwie lerne ich immer noch Menschen kennen, die noch keine richtige Krise in ihrem Leben durchgemacht haben. Und ich bin Mitte 20 und mach', seitdem ich 16 bin, Therapie. Ich habe bestimmt schon fünf Sinnkrisen durchgemacht. Da ist mit der Aufteilung irgendwas schiefgelaufen, ich würde gerne eine Sinnkrise abgeben." An welchen Problemen arbeitest du?
Ich habe eine klassische Angst- und Panikstörung. Ganz viele Freunde und Kollegen um mich herum haben ebenfalls schonmal eine Therapie gemacht oder sind gerade dabei. Es ist toll, dass das in meiner Lebensrealität kein Tabu mehr ist. Das würde ich mir für alle Menschen wünschen.
Wie gehst du mit diesen Angstzuständen um, wenn es um das Lampenfieber bei Live-Auftritten geht?
Die Situation kenne ich auch als Tänzerin, die mit einer Gruppe performt, gut. Kurz davor dachte ich mir jedes Mal: "Warum mache ich das, ich bin so dumm."
Es ist wie bei einer Achterbahn: Zuerst kauft man sich ein Ticket, wenn man denkt, dass das eine gute Idee ist. Aber beim Nach-oben-Fahren dämmert einem schon, was das für eine dämliche Idee war. Dann bleibt das Herz kurz stehen. Panik! Und man rast nach unten. Zwischendrin bemerkt man aber, dass es doch ein bisschen Spaß macht. Und sobald man ausgestiegen ist, denkt man sich: gleich noch mal!
Vor ein paar Wochen erschien dein erster Song "Baby". Der Text beschäftigt sich mit einer Frau, die gerne One-Night-Stands hat und die Männer davor darüber aufklärt, dass sie nicht ihr Baby werden will, sondern nur auf eine Nacht voller Spaß aus ist. Warum hast du dieses Thema für deinen allerersten Release gewählt?
Ich würde gar nicht unbedingt sagen, dass es in dem Song um One-Night-Stands geht. Ich möchte damit eher mit dem vorherrschenden Narrativ spielen, dass die Frau sich immer viel schneller verliebt. Während der Mann sagen muss: "Mach mal ganz ruhig Mäuschen, das ist hier nur zum Spaß." Das finde ich super nervig und auch nicht mehr zeitgemäß. Ob man nach Spaß oder Liebe sucht, ist geschlechtsunabhängig.
Bist du eine Herzensbrecherin?
Nein, ich glaube nicht.
In einem Social-Media-Clip machst du das Statement: "Ich hatte mehr Impfungen als feste Beziehungen." Stimmt das?
Ja. (lacht)
Welche Männer gefallen dir?
Ich finde es super, wenn derjenige schon mal eine Therapie gemacht hat. Zudem finde ich die Charaktereigenschaft, offen gegenüber diversen Perspektiven zu sein, sehr sexy.
Wie unterscheidet sich das Dating in Berlin von den Romanzen in deiner Heimatstadt Hamburg?
Ich komme aus einer kleinen Vorstadt von Hamburg. Die Männer dort empfinde ich als viel konservativer – und das zeigt sich auch im Dating-Verhalten. In Berlin sind die Menschen politisch sehr aufgeklärt, Gleichberechtigung ist ein großes Thema. Und es geht auch wilder zu. Die Hauptstadt ist sehr experimentell.
Darüber, dass Polyamorie zum Beispiel ein großes Thema in meinem Bekanntenkreis ist, habe ich den Song "Platz für 2" geschrieben. Obwohl ich mit dem Modell offener Beziehungen nicht aufgewachsen bin, kenne ich das Gefühl, in mehr als einen Menschen verliebt zu sein.
Warum bist du von der Hansestadt nach Berlin gezogen?
Ich bin vor drei Jahren hier gelandet. Eigentlich um Musik zu studieren – das habe ich jedoch nach zwei Semestern abgebrochen, weil ich lieber gleich mit der kreativen Arbeit loslegen wollte. In der Anfangszeit bin ich häufig umgezogen: Ich wohnte in Charlottenburg und in zwei verschiedenen Ecken von Friedrichshain – jetzt lebe ich in Mitte.
Wo war es am schönsten?
In Mitte. Ich habe mich immer nur verbessert. Seit Anfang des Jahres wohne ich alleine in meiner ersten eigenen Wohnung. Mittlerweile merke ich: Wenn ich von Reisen nach Berlin zurückkehre, fühlt es sich an, wie nach Hause zu kommen.
Wer ist deine Berliner Familie?
Ich bin besonders dankbar für die vielen tollen Frauenfreundschaften, die sich hier entwickelt haben. Dazu zählen auch meine Managerin Celina und Eve, meine Künstler-Betreuerin bei Sony.
Ist es Zufall, dass beide beruflichen Ankerpunkte weiblich sind?
Nein, das habe ich mir bewusst so ausgesucht. Auch meine Anwältin ist eine Frau. Ich fühle mich mit Frauen einfach am wohlsten – was auch an den starken weiblichen Figuren in meiner Familie liegen kann. Meine Mama ist Tanzlehrerin und meine Schwester Feuerwehrfrau. Wir drei waren immer das Wichtigste.
Wie sieht dein perfekter Tag in Berlin aus?
Ich stehe gerne früh auf, heute war ich zum Beispiel schon um sieben wach. So kann ich erst mal im Schlafanzug rumdödeln. Irgendwann genieße ich ein Frühstück. Und dann bewege ich mich so langsam zum Mittagessen.
Vielleicht fahren wir durch den Volkspark Friedrichshain oder bummeln durch Mitte. Kaffee und Kuchen dürfen auch nicht fehlen. Und vielleicht gibt es noch Sushi zum Abendessen. Am liebsten mit einer guten Freundin und dabei nett quatschen. Meistens gehe ich früh ins Bett. Ich trinke keinen Alkohol und nehme auch keine Drogen. Meine Managerin sagt, ich sei der langweiligste Popstar, den sie kennt.
In Berliner Clubs findet man dich also selten?
Genau. Wenn ich feiern gehe, dann bin ich stundenlang auf der Tanzfläche. Allerdings nicht wundern: Ich verabschiede mich nie und gehe einfach so.
- Interview mit Elisa Valerie