Wahlchaos in der Hauptstadt Stimmabgabe in Berlin muss wiederholt werden, wenn ...
Riesenchaos bei den Wahlen in Berlin: Noch Stunden, nachdem erste Prognosen über die TV-Bildschirme flimmerten, gaben Wähler Stimmzettel ab. Laut Experten ist unter bestimmten Umständen eine Wahlwiederholung nötig.
Die Wahlen in Berlin müssen eventuell wiederholt werden. Die Landeswahlleiterin Petra Michaelis schließt das nicht aus. Es könne sein, dass die Pannen in der Hauptstadt so gravierend waren, dass es zu "mandatsrelevanten Fehlern" kam, sagte sie – also dass fehlende Stimmzettel sowie lange Schlangen vor den Wahllokalen und verspätete Stimmabgaben Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Parlament hatten.
Um das beurteilen zu können, wird derzeit noch genau nachgeprüft: Bis jetzt kann Michaelis nicht sagen, in wie vielen der 2.257 Berliner Wahllokale es überhaupt Probleme gab, wie lange die Wähler maximal in Schlangen anstehen mussten und wann der letzte Wahlberechtigte seine Stimme abgab.
Experte: Wahl in Berlin teilweise "irregulär"
Augenzeugen sprechen von Wartezeiten von bis zu zwei Stunden. Teilweise sei erst gegen 20.15 Uhr der letzte Stimmzettel in die Wahlurne eingeworfen worden, lange nachdem schon Prognosen und Hochrechnungen zum Wahlausgang bekannt waren.
Professor Timm Beichelt, Politikwissenschaftler an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), nannte die Wahl daher teilweise "irregulär". Dem Sender RBB sagte er, eine neutrale Stimmabgabe sei in so einem Fall nicht möglich. Falls es in erst spät geschlossenen Wahllokalen knappe Ergebnisse gegeben habe, sei eine Wahlwiederholung in diesen Lokalen wahrscheinlich.
Lange Schlangen laut Ex-Verfassungsrichter problematisch
Auch Professor Helge Sodan, ehemaliger Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofes, glaubt daran, dass eine Wiederholung möglicherweise nötig ist: Die Frage sei, ob die Fehler zu erheblichen Verzerrungen geführt hätten. "Bei Hunderten betroffenen Wählern könnte das so sein", sagte er der Zeitung "B.Z.".
Das lange Anstehen vor den Wahllokalen sei ebenfalls als problematisch zu werten. "Ist das eigentlich zumutbar?", fragte Sodan.
Aktueller Verfassungsgerichtspräsident: Man muss abwägen
Der aktuelle Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, sagte hingegen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", nicht jeder Mangel führe dazu, eine Wahl für ungültig erklären zu müssen: Selbst wenn möglicherweise die gesetzmäßige Zusammensetzung des Bundestags berührt sein sollte, müsse eine Wahl nicht notwendig wiederholt werden.
"Grundsätzlich gilt: Das Interesse an der Bestandserhaltung einer gewählten Volksvertretung ist gegen die Auswirkungen des Wahlfehlers abzuwägen", erläuterte Harbarth.
Fest steht jedenfalls: Bis es zu einer Entscheidung über eine eventuelle Wahlwiederholung kommt, wird es noch eine Weile dauern. Eine Anfechtung der Wahl ist laut Landeswahlleiterin erst nach Feststellung des amtlichen Endergebnisses am 14. Oktober möglich. Anschließend wird der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages tätig.
- gesetze-im-internet.de: Wahlprüfungsgesetz
- RBB: "Pannen in Wahllokalen: Ausmaß noch immer unklar"
- "B.Z.": "Muss die Berlin-Wahl wiederholt werden?"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa