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Berliner Tierpension: "Wenn ich schließen müsste, wäre mein Leben vorbei"


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Hundepension im Lockdown
"Wenn ich schließen müsste, wäre mein Leben vorbei"


Aktualisiert am 18.04.2021Lesedauer: 4 Min.
Laura Heppe inmitten ihrer Pensionshunde: Seit der Corona-Pandemie bringen weniger Hundehalter ihr Tier zum Spielen vorbei.Vergrößern des Bildes
Laura Heppe inmitten ihrer Pensionshunde: Seit der Corona-Pandemie bringen weniger Hundehalter ihr Tier zum Spielen vorbei. (Quelle: Viola Koegst/t-online)
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Laura Heppe führt ein Leben für die Hunde: Seit 14 Jahren kümmert sie sich in ihrem Berliner Hundehotel liebevoll um die Vierbeiner. Seit Corona kaufen sich die Deutschen immer mehr Hunde – trotzdem bangt Heppe um ihr Geschäft.

Dumbo ist heute besonders übermütig. Schon zum dritten Mal schubst dieses Kraftpaket von einer Bulldogge die winzige Desi um. "Nicht so dolle!", schreit Laura Heppe von der anderen Seite des Hofes. Dabei will Dumbo nur spielen – dafür ist er ja hier.

Die 34-jährige Heppe besitzt ein Hundehotel in Berlin-Schöneweide und lebt damit ihren Traum. Als Jugendliche hat sie die Nachbarshunde betreut, "dann wurde das zum Selbstläufer". Mit 20 hat sie eine Website gebaut und sich mit ihrer "Hundepangsion" – wie sie es berlinerisch ausspricht – selbstständig gemacht. Eine andere Option gab es für sie nie.

Heppe liebt Hunde – und die Hunde lieben sie. Man sieht ihnen den Spaß an, wenn sie durch den Parcours flitzen oder ins Planschbecken hüpfen. Sogar Terriermädchen Desi will mithalten und wagt sich mit ihren 15 Wochen heute zum ersten Mal hinein. Für die Tiere ist das Urlaub. Für Heppe liegen unbeschwerte Zeiten schon eine Weile zurück. "Läuft nicht gut", lautet ihr nüchternes Urteil. Statt bis zu 20 Gästen am Tag kommt seit Beginn der Pandemie nur noch maximal die Hälfte – und über Nacht bleibt kaum ein Hund. Dabei tut es auch den Vierbeinern gut, "mal rauszukommen". Denn auch ihnen fällt mitunter im Lockdown die Decke auf den Kopf. Heppe bemerkt, dass manche Hunde seitdem unruhiger geworden sind.

Schon wieder eine ausgefallene Saison

Das ausgefallene Ostergeschäft hat Heppe hart getroffen. Mit den Einnahmen hatte sie gerechnet. "Ich betreibe ein Saisongeschäft. Ein paar Monate Flaute sind da nicht schlimm. Aber wenn immer zur Ferienzeit Lockdown ist, wird es auch für mich irgendwann kritisch", erklärt sie. Vergangenes Jahr musste sie zwei von drei Mitarbeiterinnen kündigen, weil eine Zeit lang gar nichts mehr ging. Corona-Hilfen, Kurzarbeitergeld, das volle Programm. "Das war eine sehr schwierige Zeit. Auch für mich, emotional", erinnert sie sich.

Mittlerweile kommen wieder Stamm-Hunde. Deren Herrchen bräuchten auch mal eine Pause, meint Heppe. Und Dumbo, Desi und die anderen kommen gerne. Sie kennen sich untereinander, haben ihre Spielgefährten. Die Szene erinnert an eine Kindergartengruppe. Auf dem 900 Quadratmeter großen Grundstück dürfen sie sich nun austoben, bevor Mittagsruhe im Körbchen angesagt ist. Mitten in der Hundehorde steht Heppe und strahlt. Hier ist sie in ihrem Element. "Ich bin froh, so tolle Kunden zu haben, die ihren Hund trotzdem bringen. Da zahlt sich ein gutes Verhältnis mit den Kunden aus", sagt die gelernte Tierpflegerin.

Über ihren Hof springen weniger Hunde, aber in den Wohnungen und Häusern werden es immer mehr. Corona hat einen Hunde-Boom ausgelöst: Die Deutschen haben sich seitdem 20 Prozent mehr Hunde angeschafft als in den Jahren davor – allein in Berlin kamen rund 4.000 Tiere dazu.

Johanna Hofer hatte sich schon immer einen Hund gewünscht – nun war es einfach die richtige Zeit für sie. Seit Dezember lebt Labrador-Welpe Korbi bei der Studentin. "Das macht den Lockdown erträglicher", sagt sie. "Man hat immer eine Beschäftigung und auch ein wenig Ablenkung."

Tiere spenden Trost und Ruhe

Dr. Rainer Wohlfarth, Experte für tiergestützte Psychotherapie, erklärt das Phänomen so: "Die Pandemie löst bei vielen Menschen Angst und Stress aus. Intensive Kontakte zu Verwandten und Freunden würden helfen – doch in der Krise fällt dieser Stresspuffer weg. Haustiere sind soziale Wesen, die sehr sensibel auf uns reagieren. Der Kontakt zu ihnen kann vor allem in Krisensituationen eine Oase der Ruhe sein."

Auch fehlenden Körperkontakt kann man laut Wohlfarth mit einem Tier ausgleichen. "Wenn wir unseren Hund streicheln, werden Hormone ausgeschüttet, etwa Oxytocin. Die Herzfrequenz verlangsamt sich, die Muskulatur entspannt sich, das Stresshormon Cortisol wird gedämpft." Gleichzeitig würden Hirnareale aktiviert, die für Entspannung und Zufriedenheit zuständig sind. Die Effekte sind messbar: In einer Studie aus Großbritannien gaben 86,5 Prozent der Befragten an, dass ihnen ihr Haustier durch die Corona-Krise geholfen hat.

Und was passiert nach der Pandemie? Wohlfarth befürchtet, dass dann viele Tiere wieder abgegeben werden. Und auch Tierheime melden bereits solche Tendenzen. Johanna Hofer ist aber sicher, dass der Übergang in ein "normales" Leben mit Hund klappt, wenn man Prioritäten setzt. "Zeit finden hängt immer von einem selbst ab", sagt sie.

"Wenn ich schließen müsste, wäre mein Leben vorbei"

Für Laura Heppe könnte sich daraus sogar eine neue Chance für ihre Hundepension ergeben: Wenn der normale Alltag wieder einkehre, könnte das die Nachfrage an Tagesbetreuung steigern, hofft sie. Denn die Hunde seien das Alleinsein nicht gewöhnt. "Die Leute üben den normalen Tagesablauf mit dem Hund ja nicht."

Bis dahin versucht sie, durchzuhalten. Seit Corona ist sie noch eingespannter, steht selbst noch öfter auf dem Hof zwischen der Hundewippe und dem Pool. "Wenn ich nur zwei Hunde hier habe, brauche ich keine Mitarbeiterin. Das ist dann auch finanziell nicht drin", sagt sie und muss nochmal kurz bei Dumbo und Desi eingreifen. Mit aller Kraft hält Heppe an ihrem Lebenswerk fest: "Wenn ich schließen müsste, wäre mein Leben vorbei." Man glaubt es ihr. "Aber ich bin ein optimistischer Mensch und wir werden das schon schaffen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche und Eindrücke vor Ort
  • Gespräche mit Laura Heppe, Dr. Rainer Wohlfarth und Johanna Hofer
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