Senat reicht Beschwerde ein Streit um Berliner Pop-up-Radwege geht in nächste Instanz
Das Berliner Verwaltungsgericht hat einem Eilantrag gegen Pop-up-Radwege stattgegeben. Die Voraussetzung für deren Einrichtung habe nicht vorgelegen. Nun legt der Senat Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht ein.
Die Berliner Senatsverwaltung legt vor dem Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts ein, einem Eilantrag gegen sogenannte Pop-up-Radwege in der Hauptstadt stattzugeben. Zugleich werde man die aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde beantragen, teilte die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mit.
Wegen "ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit" für die acht temporären Radwege verpflichtete das Berliner Verwaltungsgericht die Verkehrssenatsverwaltung laut Mitteilung vom Montag, die entsprechende Beschilderung zu entfernen. Die Voraussetzungen für die Einrichtung der Radwege in der Corona-Pandemie hätten nicht vorgelegen.
Zwei AfD-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus, Frank Scholtysek und Fraktionsvize Marc Vallendar, hatten Mitte Juni gegen die temporären Radwege geklagt. Das berichtet die "Berliner Morgenpost".
Temporäre Radwege bedürfen einer konkreten Gefahrenlage
Die Senatsverwaltung von Senatorin Regine Günther (Grüne) hatte die Radwege in der Corona-Krise eingerichtet. Laut Gericht gab sie zur Begründung im Wesentlichen an, in der Pandemie sei es erforderlich, die systemrelevante Mobilität zu gewährleisten. Dass ein Großteil der Berliner kein Auto habe und der Mindestabstand in öffentlichen Verkehrsmitteln kaum einzuhalten sei, rechtfertige die Einrichtung der Radwege.
Diese Radwege müssen weichen:
- Gitschiner Straße/Skalitzer Straße zwischen Halleschem Tor und Kottbusser Straße
- Hallesches Ufer zwischen Halleschem Tor und Köthener Straße
- Kottbusser Damm/Kottbusser Straße zwischen Kottbusser Tor und Hermannplatz
- Lichtenberger Straße zwischen Holzmarktstraße und Straußberger Platz
- Petersburger Straße zwischen Bersarinplatz und Landsberger Allee
- Tempelhofer Ufer zwischen Schöneberger Straße und Halleschem Tor
- Schöneberger Ufer zwischen Potsdamer Brücke und Köthener Straße
- Kantstraße und Neue Kantstraße zwischen Messedamm und Budapester Straße
Das Gericht beschied, zwar könne die Senatsverwaltung befristete Radwege einrichten. Allerdings dürften Radwege nur dort angeordnet werden, wo die Sicherheit und Belastung des Verkehrs "ganz konkret auf eine Gefahrenlage" hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Eine solche Gefahrenlage habe die Senatsverwaltung nicht dargelegt. Auch könne die Pandemie nicht zum Anlass der Anordnungen genommen werden, da es sich dabei nicht um "verkehrsbezogene Erwägungen" handle.
"Grundsätzliche Fragestellungen" nicht hinreichend gewürdigt
Lisa Feitsch, ADFC-Pressesprecherin, erklärte hierzu auf Anfrage von t-online: "Berlin verzeichnet derzeit, im Vergleich zum Vorjahr, einen enormen Anstieg des Radverkehrs um 25 Prozent. Klar ist, es braucht mehr breite und sichere Radwege. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat bestätigt, dass man die Sicherheit im Verkehr für Radfahrende schnell auch durch Pop-up-Radwege verbessern kann – und das ist auch unsere Rechtsauffassung. Das Berliner Verwaltungsgericht stößt sich an der Corona-bezogenen Begründung. Hier muss die Verkehrssicherheit im Vordergrund stehen".
Laut Auffassung des Senats hätten die Richter die "grundsätzlichen Fragestellungen" nicht hinreichend gewürdigt. Die Pop-up-Radwege seien "rechtmäßig angeordnet" und begründet worden. "Sie dienen insbesondere der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs." Die Senatsverkehrsverwaltung kündigte an, die neuen, bisher nur provisorischen Radwege "auf möglichst allen Strecken in dauerhafte Anordnungen zu überführen".
- Nachrichtenagentur AFP
- Nachrichtenagentur dpa
- Anfrage beim ADFC
- Anfrage bei der Pressestelle des Berliner Verwaltungsgerichts
- Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Mitteilung vom 7. September
- "Berliner Morgenpost": "Verwaltungsgericht kippt Pop-up-Radwege in Berlin"