t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalBerlin

Berlin: Wrestling-Event für Obdachlose bei der Stadtmission


Wrestling-Show für Obdachlose
"Das ist der Wahnsinn"


Aktualisiert am 09.03.2025 - 09:23 UhrLesedauer: 3 Min.
Es ging zur Sache: Das Event fand im Festsaal der Stadtmission Berlin statt.Vergrößern des Bildes
Es ging zur Sache: Das Event fand im Festsaal der Stadtmission Berlin statt. (Quelle: t-online/Nils Heidemann)
News folgen

Eine Wrestling-Show, bei der überwiegend Obdachlose zuschauen – das klingt zunächst skurril. Doch bei dem sportlichen Event geht es um Zugehörigkeit. Und darum, dem Leben auf der Straße kurz zu entfliehen.

Im Festsaal der Stadtmission Berlin nahe dem Hauptbahnhof sieht es am Freitagnachmittag anders aus als an normalen Tagen. Das ist nicht nur dem großen Ring geschuldet, der in der Mitte des Raumes steht. Sondern auch den zwölf muskelbepackten Männern, die sich hier anschreien, zu Boden werfen und in die Seile schleudern. Rund um die Kampfarena sitzen größtenteils obdach- und wohnungslose Menschen, die den Sportlern zujubeln.

Loading...

Bereits zum dritten Mal veranstaltet die Stadtmission die Wrestling-Veranstaltung an diesem Tag in Kooperation mit dem Unternehmen "Kleinanzeigen". Das Unternehmen stellt regelmäßig Mitarbeitende von der Arbeit frei, um in der Bahnhofsmission am Zoo ehrenamtlich zu helfen. Pascale Kuth, der bei "Kleinanzeigen" im Marketing arbeitet, ist seit 18 Jahren nebenbei Wrestler – und sogar mehrfacher Champion. Zusammen mit der Bahnhofsmission hatte "Pascal Spalter", wie er sich in der Wrestling-Welt nennt, vor einigen Jahren die Idee, das Event zu organisieren.

Es sei wichtig, so die Veranstalter, ausgegrenzten und in Armut lebenden Menschen die Teilhabe an einer solchen Show zu ermöglichen. Shows, für die die Mitte der Gesellschaft sonst hohe Eintrittsgelder zahlt, die Obdachlose nicht haben. Deshalb ist der Eintritt zu dem Wrestling-Event wie jedes Jahr kostenfrei. "Zudem fühlen sich obdachlose Menschen bei normalen sportlichen und kulturellen Events leider oft fehl am Platz", sagt Pascale Kuth im Gespräch mit t-online. "Doch hier ist heute jeder willkommen."

"Was die Wrestler da abliefern, ist der Wahnsinn"

Und das spricht sich unter den bedürftigen Menschen herum: Bereits vor Öffnung der Türen stehen mehrere Personen vor dem Festsaal und können es kaum erwarten, die Wrestling-Arena zu betreten. "Können wir endlich rein?", fragt ein Mann mittleren Alters.

Unter den Wartenden ist auch der 55-jährige Thorsten, der auf der Straße lebt. Er sei bereits bei der Show im vergangenen Jahr vor Ort gewesen. "Das war richtig geil", sagt er. "Die Show ist wirklich sehr intensiv. Was die Wrestler da abliefern, ist der Wahnsinn."

Neben ihm steht der 25-jährige Merlin. Er stammt aus Kiel, lebt aber mittlerweile in Berlin auf der Straße. Schon seit mehreren Jahren sei er riesiger Wrestling-Fan und habe den Sport früher im TV verfolgt. Im vergangenen Jahr wäre er gerne zum "WWE Live SmackDown"-Event in der Uber Arena gegangen. Die Superstars des Sports aus den USA traten hier gegeneinander an. Doch dafür habe Merlins Geld nicht ausgereicht.

Gefühl von Zugehörigkeit

"Ich finde es deshalb klasse, dass das hier angeboten wird", sagt er. "Es tut der Psyche sehr gut, für einen kurzen Moment weg von der Straße und seinen Sorgen zu sein." Der Nachmittag gebe ihm auch ein Gefühl von Zugehörigkeit, das er häufig vermisse.

Wrestler Pascale Kuth kann nachvollziehen, dass die Show dieses Gefühl erzeugt. Bei den inszenierten Kämpfen gehe es immer um das Gegenspiel von Gut und Böse. "Ganz egal, ob man nach der Veranstaltung nach Hause geht, in die Notunterkunft oder zurück auf die Straße: Am Ende finden alle den bösen Wrestler uncool und den netten Wrestler toll", sagt er. "Das schafft ein Gemeinschaftsgefühl."

Auch für die Wrestler sei der Nachmittag etwas Besonderes. "Im letzten Jahr stand ein Mann mit Wrestling-Heften aus den 90er-Jahren vor mir", sagt Kuth. "Er hatte nach Unterschriften gefragt und ein Glänzen in den Augen. Das war herrlich!"

Er könne auch menschlich viel aus der Veranstaltung ziehen. Die Menschen im Publikum hätten mit anderen Problemen zu tun als er. "Mein Leben ist weit weg von dem Kampf auf der Straße", so Kuth. Bei den Gesprächen im Anschluss an die Kämpfe werde er auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Wrestling-Show im Festsaal der Berliner Stadtmission
  • Gespräche mit Personen vor Ort

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom