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Berlin: Mario Czaja – Bundestagswahl letzte Chance für Parteien der Mitte


CDU-Politiker über den Osten als Frühwarnsystem
Mario Czaja: Letzte Chance für die Parteien der Mitte


13.02.2025 - 18:49 UhrLesedauer: 4 Min.
CDU Deutschlands Gremiensitzungen im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin Pressekonferenz nach Gremiensitzungen Friedrich Merz, Parteivorsitzender, mit Mario Czaja, ehemaliger GeneralsekretärCDU Deutschlands Gremiensitzungen im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin Pressekonferenz nach Gremiensitzungen Friedrich Merz, Parteivorsitzender, mit Mario Czaja, ehemaliger Generalsekretär,Vergrößern des Bildes
Auge in Auge mit dem Chef (Archivbild): Mario Czaja (r.) im vergangenen Jahr mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der ihn als Generalsekretär entlassen hatte. (Quelle: IMAGO/Chris Emil Janssen)
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Im Osten Berlins kämpft Mario Czaja von der CDU gegen einen AfD-Mann um den Einzug in den Bundestag. Ein Gespräch über den Umgang mit der AfD, den Wahlkampf vor der eigenen Haustür und Kritik an der SPD.

Um bei der Bundestagswahl wieder ein Mandat zu gewinnen, muss CDU-Politiker Mario Czaja in seinem Wahlkreis im Bezirk Marzahn-Hellersdorf direkt gewählt werden. Auf der Landesliste seiner Partei ist er nicht aufgestellt. Während der frühere Generalsekretär seiner Partei die gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag verteidigt, ist sein härtester Gegner in Berlin ausgerechnet ein AfD-Politiker.

t-online.de: Herr Czaja, vor welchen Herausforderungen stehen Sie im Rennen um ein Bundestagsmandat gegen Gottfried Curio von der AfD?

Mario Czaja: Der Wahlkampf gegen die AfD ist ein Wahlkampf gegen ein Phantom, denn der AfD-Kandidat ist weder in unserem Bezirk vor Ort präsent noch spricht er mit den Bürgern. Trotzdem hat er – glaubt man den Prognosen – gute Chancen, am Ende gewählt zu werden. Nicht, weil er sich vor Ort für die Menschen einsetzt und konkrete Probleme löst, sondern weil wir eine Proteststimmung im Land vor allem gegen die Politik der "Ampel" haben, die dazu führen wird, dass am Wahltag überdurchschnittlich viele Wähler ihre Kreuze bei der AfD machen werden, ohne wirklich deren Programmatik zu unterstützen.

Um welche Themen geht es in Ihrem Wahlkampf?

Den Bürgern in meinem Wahlkreis sind einerseits lokale Themen, wie die Verbesserung der ärztlichen Versorgung oder die Schulsituation, wichtig. Dazu kommen große bundespolitische Fragen: Wie lösen wir die Fragen der Migration? Und wie kann endlich Frieden in der Ukraine geschaffen werden?

Wie kann es denn Frieden in der Ukraine geben?

Die Ukraine wurde unbestritten von Russland überfallen und hat für ihren Freiheitskampf jede Unterstützung verdient. Deutschland hat sich hier in den letzten drei Jahren enorm engagiert. Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass die Nato und Deutschland nicht in den Krieg hineingezogen werden. Deshalb habe ich als einer der wenigen in der Unionsfraktion gegen die Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers gestimmt. Es muss alles unternommen werden, um Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. Ich hoffe sehr, dass die ersten Signale seitens der neuen US-Administration geeignet sein werden, den gordischen Knoten zu zerschlagen und einen Weg zu dauerhaftem Frieden in der Region zu ebnen.

Sagen Sie das, weil Sie damit potenzielle AfD-Wähler für sich gewinnen wollen?

Nein. Ich entscheide nach meinem Gewissen und vertrete diese Einstellung schon seit vielen Jahren. Ich spüre, dass viele Ostdeutsche die Meinung vertreten, dass sich Deutschland hier stärker mit diplomatischen Aktivitäten einbringen und nach knapp drei Jahren Vernichtungskrieg nicht ausschließlich auf Waffenlieferungen setzen sollte. Ich teile diese Auffassung und habe mir mit dieser Position der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion nicht nur Freunde gemacht.

Im Wahlkreis ist die AfD Ihr politischer Gegner. Im Bundestag hat Ihr Parteichef Friedrich Merz zuletzt die AfD zur gemeinsamen Abstimmung über eine verschärfte Migrationspolitik – man könnte sagen: – eingeladen. Wie passt das zusammen?

Das war keine Einladung an die AfD, sondern ein klares Signal an die Bevölkerung: Wir haben das Problem erkannt und wir werden es schnellstmöglich beseitigen, denn wir haben einen soliden Plan dafür. Das Ganze war ja keine Hauruckaktion. Wir hatten den Entwurf über das Zuwanderungsbegrenzungsgesetz bereits im September in den Bundestag eingebracht. Damals fehlte die erforderliche Mehrheit. Das Problem, das so viele Menschen aktuell umtreibt, wurde aber auch danach nicht von der Ampelkoalition gelöst. Wenn die politische Mitte unseres Landes die Migrationsprobleme nicht löst, machen das irgendwann die Falschen. Das wäre fatal!

Jetzt hat Ihre Fraktion die nach Ihren Worten "Falschen" zumindest mit abstimmen lassen.

Wir ändern unsere Positionen und Pläne, die absolut richtig sind, doch nicht, nur damit die AfD ja nicht zustimmt. Im Gegenteil: Die Themen, die die Menschen bewegen, müssen auf den Tisch kommen und gelöst werden. Sonst überlassen wir diese Themen gerade der AfD.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat noch vor der finalen Abstimmung über Merz' Migrationspläne gesagt, er würde ein entsprechendes Gesetz im Bundesrat ablehnen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich bin mir sicher, dass auch Kai Wegner eine Wende in der Migrationspolitik für notwendig hält. Das ergibt sich schon aus der besonders dramatischen Lage in Berlin und den Herausforderungen, die die Zuwanderung von Flüchtlingen dort mit sich bringt. Trotzdem verstehe ich Wegners Zwänge, weil er sich mit seinem Berliner Koalitionspartner SPD in der Migrationsfrage uneinig ist. Und in einem solchen Fall enthalten sich Bundesländer für gewöhnlich bei Abstimmungen im Bundesrat.

Ihre Kritik gilt also der Berliner SPD?

Ich wünsche mir von der Berliner SPD, dass sie die Realitäten in unserem Land anerkennt. Viele pragmatische Köpfe in der Partei wissen genau, dass wir eine Veränderung brauchen. Die Mehrheit der SPD-Mitglieder hat bei der Wahl des Landesvorstands gezeigt, dass sie nicht die linken Parteifunktionäre unterstützen, sondern dass sie für einen sozialdemokratischen Kurs der Mitte stehen.

Sie werden also den eingeschlagenen Migrationskurs auch nach der Wahl weitergehen?

Wir werden dafür streiten, unsere Positionen in einem Koalitionsvertrag durchzusetzen. Ich sage es ganz offen, die Parteien der Mitte in Deutschland haben vermutlich nur noch diese eine Chance, dieses für viele Menschen zentrale Problem zu lösen. Die aktuellen Wahlprognosen sehen – mit wenigen Ausnahmen – alle ostdeutschen Wahlkreise in AfD-Blau. Ostdeutschland ist aus meiner Sicht auch in dieser Frage ein Frühwarnsystem. Wenn wir es nicht schaffen, dieses Problem in der nächsten Legislaturperiode zu lösen, wird aus dem "blauen" Osten möglicherweise bei der nächsten Wahl 2029 ein braunes Deutschland. Diesen Albtraum sollten wir entschlossen abschütteln.

Herr Czaja, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Mario Czaja
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