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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Teil des Pergamonmuseums kurz geöffnet Die letzte Chance für mehr als ein Jahrzehnt

An diesem Wochenende ist der Südflügel des Pergamonmuseums letztmals geöffnet, bevor er bis 2037 saniert wird. Da die Bauarbeiten schon begonnen haben, ist es eine besondere Ausstellung.
Ob Angela Merkel derzeit gut schlafen kann? Vermutlich zumindest nicht besonders lange, denn die Altkanzlerin wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Pergamonmuseum in Berlin-Mitte. Und das altehrwürdige Haus wird seit Oktober 2023 aufwendig saniert, was in der Umgebung kaum zu überhören ist. An diesem Frühlingsvormittag wird das Vogelzwitschern auf der Museumsinsel vom Wummern eines Presslufthammers übertönt.
Trotz der laufenden Bauarbeiten haben Besucher an diesem Wochenende die Chance, zumindest einen Teil des Pergamonmuseums zu besichtigen. Von Freitag bis Sonntag ist der Südflügel geöffnet, jeweils von 10 bis 22 Uhr. Danach wird dieser Teil des Museums voraussichtlich erst wieder im Jahr 2037 zu besichtigen sein. Der Nordflügel soll dagegen bereits im Frühjahr 2027 wieder zugänglich sein.
Mit einem regulären Besuch des Pergamonmuseums hat der an diesem Wochenende wenig zu tun. Denn alle beweglichen Exponate, die dort sonst gezeigt werden, sind längst eingepackt und in Lager am Rande Berlins gebracht worden. Geblieben ist nur das, was nicht wegtransportiert werden kann, weil es fest mit dem Gebäude verbaut ist. Das babylonische Ischtar-Tor etwa, oder das Markttor von Milet.
Überall klaffen Löcher in Wänden und Böden. Trotzdem ist es mehr als ein Baustellenrundgang, den die Besucher hier geboten bekommen. Fotomontagen und ein Minimodell zeigen, wie es hier nach Fertigstellung der Sanierung aussehen soll. Auf Fotos ist dokumentiert, wie die Exponate abgebaut und verpackt wurden.
"Da könnte eine tragische Liebesgeschichte dahinterstecken"
In einer kleinen Vitrine sind Gegenstände ausgestellt, die die Arbeiter bei der letzten Sanierung im Jahr 1959 – absichtlich oder aus Versehen – im Museum hinterlassen haben und die jetzt wiedergefunden wurden. Darunter sind etwa kleine Schnapsfläschchen, ein US-Dollarschein und ein zerrissenes Schwarz-Weiß-Foto eines unbekannten Mannes. "Da könnte eine tragische Liebesgeschichte dahinterstecken", sagt eine Mitarbeiterin und lacht.
Experten des Hauses geben Führungen, denen sich jeder spontan anschließen kann. Darin geht es neben Informationen zu den verbliebenen Großexponaten vor allem darum, warum die Sanierung des Südflügels so lange dauert. Das Haus sei im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden, erzählt ein Mitarbeiter bei seiner Führung und zeigt Schäden am Markttor von Milet, die von Bomben verursacht wurden. Nach der Teilung der Stadt befand sich das Pergamonmuseum in Ost-Berlin. Es sei zwar beeindruckend, dass die DDR es geschafft habe, das Museum rasch wieder aufzubauen, sagt der Mitarbeiter. Rohstoffe und Geld hätten aber nicht ausgereicht, um alle Schäden im Gemäuer zu beseitigen. Das müsse jetzt nachgeholt werden.
Sonderöffnung im Südflügel des Pergamonmuseums
Der Südflügel des Pergamonmuseums ist von Freitag, 7. März, bis Sonntag, 9. März, jeweils von 10 bis 22 Uhr geöffnet. An der Tageskasse gibt es noch Resttickets, die jeweils im Zweistundentakt freigegeben werden. Ein Ticket kostet fünf Euro.
Eine weitere Herausforderung ist die Sanierung rund ums Ischtartor und das Markttor von Milet. Damit diese bei den Bauarbeiten nicht beschädigt werden, müssen aufwendige Schutzhüllen um sie herum gebaut werden, mitsamt eigener Klimaanlage, Treppen und Aufzügen, damit die antiken Exponate stets zugänglich bleiben und überprüft werden können.
Auf sumpfigem Untergrund gebaut
Probleme bereitet auch der sumpfige Untergrund, auf dem die Museumsinsel gebaut ist. Überall auf der Baustelle messen Sensoren kleinste Erschütterungen. Wenn die Ausschläge zu groß werden, müssen die Arbeiten gestoppt werden und es wird nach der Ursache geforscht. Als Grenzwert wurden die Schwingungen festgelegt, die im normalen Museumsbetrieb üblich waren.
Die Aussicht auf die letzte Chance für mehr als ein Jahrzehnt lockt viele Besucher ins Pergamonmuseum. Andreas Oesterley aus Hannover schlendert mit seiner Frau durch die Räume. "Es ist toll gemacht", sagt er. Er finde die Besichtigung leerer Museen besonders spannend und habe die Chance in der Vergangenheit schon im Jüdischen Museum genutzt, sagt er. "Die Dinge, die noch da sind, kommen ganz anders zur Geltung."
Die Berlinerin Sophia Sorg ist etwas überrascht davon, dass fast gar keine Exponate mehr da sind. "Aber es hat einen interessanten Baustellen-Vibe", sagt sie. Trotzdem freue sie sich vor allem darauf, wenn die Sanierung dann abgeschlossen und das Museum wieder in seiner ganzen Pracht zu sehen sei. "Ich hoffe, es bleibt wirklich bei der Eröffnung 2037", sagt sie und lacht.
- Reporter vor Ort