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Wohnungsmangel in Berlin: Olaf Scholz und das Tempelhofer Fettnäpfchen


Wohnungsmangel in Berlin
Olaf Scholz und das Tempelhofer Fettnäpfchen

  • Autorenprofil Pascal Biedenweg
MeinungEine Kolumne von Pascal Biedenweg

08.12.2024Lesedauer: 2 Min.
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Olaf Scholz: Der Bundeskanzler hat sich für eine Bebauung des Tempelhofer Felds ausgesprochen. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)
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Berlins Tempelhofer Feld ist grün, riesig – und heiß umkämpft. Mit seiner Forderung nach einer Bebauung hat Olaf Scholz zwar sachlich recht, doch als Kanzler hätte er sich besser herausgehalten.

Das Tempelhofer Feld – Berlins flachste Sehenswürdigkeit und gleichzeitig der Ort, an dem man die Seele baumeln lassen kann, während die Stadt um einen herum tobt. Doch kaum hat Bundeskanzler Olaf Scholz das Wort "Bauen" und "Tempelhof" in einem Atemzug erwähnt, zieht das politische Thermometer der Hauptstadt wieder kräftig an.

Im Bundestag erklärte Scholz mit staatsmännischem Gewicht: "Ohne mehr Bauland, ohne die Erschließung neuer Stadtteile wird es nicht gelingen, den Wohnungsmangel zu bekämpfen." Und weiter: Man müsse auch über den ehemaligen Flughafen nachdenken, "der da gewissermaßen ungenutzt rumliegt".

Mit Anlauf ins Fettnäpfchen

Ach, Herr Scholz. Es ist, als hätten Sie mit Anlauf ins Fettnäpfchen springen wollen – und falls nicht, Sie sind dennoch mittendrin. Denn das Tempelhofer Feld liegt natürlich nicht "ungenutzt rum". Es ist Berlins riesige Outdoor-Wohnzimmerdecke, der grüne Escape-Room für Stressgeplagte. Eine solche Aussage allein reicht aus, um in Berlin die Pulsuhren kollektiv explodieren zu lassen.

 
 
 
 
 
 
 

Dabei hat Scholz durchaus einen Punkt – zumindest inhaltlich. Berlin leidet unter Wohnungsnot, und die Randbebauung des Tempelhofer Feldes könnte dazu beitragen, diesen Druck zu lindern. Mit einer Leerstandsquote von 0,3 bis 0,5 Prozent ist die Lage am Wohnungsmarkt längst kein Politikum mehr, sondern ein echtes Problem. Schließlich liegt die Leerstandsquote auf einem gesunden Wohnungsmarkt bei drei bis fünf Prozent. Und ja, die Idee, behutsam an den Rändern zu bauen, während die grüne Mitte erhalten bleibt, klingt auf dem Papier vernünftig.

Doch nun kommt das große "Aber": Scholz kann zwar Kanzler sein, aber Tempelhof gehört nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Und das wissen die Berlinerinnen und Berliner sehr genau. Diese Stadt hat ein ausgeprägtes Gespür dafür, wer hier Entscheidungen treffen soll – und wer sich besser raushält.

Scholz als Oberlehrer

Volksentscheide wie der von 2014 haben unmissverständlich klargemacht, dass die Bebauung des Feldes in den Händen der Bürger bleibt. Ein Kanzler, der sich ungefragt einmischt, wird da schnell als Oberlehrer wahrgenommen – und darauf reagiert Berlin bekanntlich allergisch.

Scholz hätte klüger sein und sich diplomatischer ausdrücken können, statt die Empfindlichkeiten der Hauptstadtbewohner zu kitzeln. Zum Beispiel: "Es wäre sinnvoll, wenn Berlin darüber nachdenkt, wie es seine freien Innenstadtflächen nutzt." Oder einfach: gar nichts sagen. Denn ob und wie das Feld bebaut wird, liegt schlicht nicht in seiner Hand.

Scholz hat mit seiner Bemerkung also eine sinnvolle Diskussion angestoßen – aber auf eine Weise, für die er garantiert noch Gegenwind bekommt. Vielleicht hätte der Kanzler das Tempelhofer Feld lieber schweigend genießen sollen. Mit einer Berliner Weißen in der Hand.

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