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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozesse, Insolvenz und Villa-Räumung Das verrückte Jahr des Clanchefs
Clanchef Issa Remmo hat turbulente Monate hinter sich. Nach einem kurzen Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern kehrt er nun nach Berlin zurück. Doch was trieb ihn überhaupt in die Provinz?
Issa Remmo, Oberhaupt des Remmo-Clans, ist zurück in Berlin. Sein Clan aus Neukölln ist vor allem für Einbrüche mit millionenschwerer Beute bekannt, etwa in das Grüne Gewölbe in Dresden oder das Berliner Bode-Museum. Die Behörden rechnen dem Clan, der im Kern rund 100 Mitglieder haben soll, aber viele weitere Straftaten zu: Drogenhandel, Schmuggel, Geldwäsche und noch mehr Einbrüche. Er gilt als eine der einflussreichsten kriminellen Organisationen in Deutschland.
Der 57-jährige Clanchef Issa Remmo hat dieses Jahr vor allem damit Schlagzeilen gemacht, dass er von der Hauptstadt aufs Land nach Mecklenburg gezogen war, um dort nach eigenen Angaben sesshaft und deutscher Staatsbürger zu werden. Damit ist er gescheitert. Auch sonst war es bislang ein schlechtes Jahr für das Familienoberhaupt. Hier die Stationen seiner Niederlagen im Jahr 2024.
Villa-Räumung nach jahrelangem Gerichtsprozess
Bereits der Januar begann für ihn mit einem Fiasko: Die Remmos verloren einen Rechtsstreit um ihre Villa. Der Prozess hatte sich über sechs Jahre hingezogen. 2018 hatte die Berliner Staatsanwaltschaft 77 Immobilien beschlagnahmt, die sie dem Remmo-Clan zurechnet. Die Ermittler sind überzeugt, dass die Großfamilie die Häuser und Wohnungen mit Geld aus Straftaten erworben hat.
Eine dieser Immobilien war der Sitz der Remmo-Familie, ein Anwesen mit Villa und Garten im Neuköllner Ortsteil Buckow. Das Neuköllner Amtsgericht urteilte, dass die Familie das Haus zu räumen habe, doch sie weigerte sich. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit, der am 22. Januar dieses Jahres in das Urteil des Landgerichts Berlin mündete, dass die Räumung zu vollstrecken sei.
Die Räumung selbst machte ebenfalls Schlagzeilen, vor allem wegen des desolaten Zustands des Hauses. Das Innere war größtenteils zerstört; im Hof türmte sich Sperrmüll. Bezirkssprecher Christian Berg sagte: "Das Haus befindet sich nach der ersten Sichtung in einem sehr desolaten Zustand." Die Böden seien herausgerissen und die Geländer entfernt. "Das alles weist darauf hin, dass die Einrichtung des Hauses mutwillig zerstört worden ist", sagte er. Am Tor des Anwesens hatte die Familie zudem eine vermeintliche Luxusuhr gehängt, die sich später als Imitat herausstellte. Zur Räumung können Sie hier eine Kolumne von Ressortleiter Pascal Biedenweg nachlesen.
Umzug aufs Land
Kurz nach der Räumung berichtete das Onlineportal "Wir sind Müritzer", dass Clanchef Issa Remmo seinen Wohnsitz schon vor Längerem in Grabowhöfe gemeldet habe. Grabowhöfe ist eine kleine Gemeinde mit rund 1.000 Einwohnern im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.
Zwischenzeitig habe Remmo seine Meldebestätigung verloren, denn sein neues Wohnhaus liegt abseits des Ortskerns und hat weder Strom- noch Wasseranschluss; eigentlich könnte hier niemand leben. Der Clanchef war aber anderer Meinung und kam höchstpersönlich zum Amt Seenlandschaft Waren, um sich erneut anzumelden – und erhielt die Meldebestätigung zurück, da er einen gültigen Mietvertrag vorwies.
Remmo will Deutscher werden – nach Jahrzehnten im Land
In Grabowhöfe stellte Remmo einen Antrag auf die deutsche Staatsbürgerschaft. Um sein Bleiberecht dürfte es ihm dabei nicht gegangen sein, denn er besitzt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Stattdessen sagte er laut "Wir sind Müritzer" im April zum Bürgermeister von Grabowhöfe: "Meine Kinder sagen spaßeshalber immer zu mir: 'Papa, Du bist der einzige Ausländer in der Familie. Meine Kinder haben alle die deutsche Staatsbürgerschaft, meine Ex-Frau ist eine Deutsche.'" Issa Remmo ist offiziell staatenlos.
Doch ob die Behörden Remmo einbürgern würden, war von vornherein fraglich. Denn gegen ihn läuft ein Privatinsolvenzverfahren, nach "Bild"-Informationen vom April hat Remmo 125.000 Euro Schulden. Um Deutscher zu werden, muss er aber nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, was mit so einer Schuldenlast schwierig ist.
19-mal wurde er festgenommen
Obendrein ist für den deutschen Pass ein einwandfreies Vorstrafenregister nötig. Um Strafurteile ist Remmo laut "B.Z." bislang herumgekommen: Er sei zwar seit 38 Jahren der Polizei bekannt und 19-mal festgenommen worden, aber verurteilt wurde er noch nie. Allerdings: Anfang 2024 soll er vor seiner früheren Villa in Buckow einen Polizisten beleidigt und sich diesem in den Weg gestellt haben. Eine Gerichtssprecherin sagte Anfang Mai der "Bild", dass die Staatsanwaltschaft Remmo in der Anklageschrift Nötigung und Beleidigung des Beamten vorwerfe.
Die Einbürgerung scheiterte letztlich – aber weder an den Schulden noch am Strafregister. Wie der NDR berichtet, hatte Remmos Vermieter ihm im Sommer aus unbekannten Gründen gekündigt. Daraufhin entschied er sich, wieder nach Berlin zu gehen. Mit seinem Wegzug ist auch sein Einbürgerungsverfahren kein Thema mehr für die Gemeinde Grabowhöfe.
Wo genau er in Berlin wohnt, ist unbekannt. Benjamin Jendro, Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei GdP, sagte dazu der "Berliner Morgenpost": "Wir hoffen, dass er die ruhige Zeit im Norden genutzt hat, um mal die Richtlinien unseres Rechtsstaates zu verinnerlichen. Wenn er sich an die Regeln hält, ist uns relativ egal, wo er wohnt."
- bild.de: "Verhindert eine neue Anklage jetzt Remmos Einbürgerung?" (kostenpflichtig)
- bild.de: "Clan-Boss Remmo meldet Insolvenz an!" (kostenpflichtig)
- bz-berlin.de: "Clan-Boss seit 38 Jahren polizeibekannt, aber nie verurteilt"
- ostsee-zeitung.de: "Rechtsanwalt Diestel bietet Clan-Chef in MV Hilfe an: "Natürlich würde ich Issa Remmo vertreten"
- t-online.de
- ndr.de: "Kein Wohnsitz mehr an Seenplatte: Clan-Chef Remmo wieder in Berlin"
- morgenpost.de: "Clanchef Issa Remmo wohnt nicht mehr an der Müritz"