Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Jüdischer Makkabi-Kapitän mahnt "Die Geschichte darf sich nicht wiederholen"
Der jüdische Fußballklub Makkabi Berlin hat am Sonntag wieder gespielt. Doch wie ist das, während des Krieges in Israel auf dem Platz zu stehen? Kapitän Bruck gibt tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt.
Fußballinteressierten fällt an diesem Sonntagnachmittag sofort auf, dass dieses Spiel eine besondere Brisanz in sich birgt. Vor dem Stadion in Berlin-Stralau stehen zwei Polizeistreifen. Sie sind vor allem zum Schutz des Auswärtsteams da. Denn mit Makkabi Berlin ist ein jüdischer Verein zu Gast.
Nach dem verheerenden Angriff der Hamas auf Israel hatte Makkabi das vergangene Spiel in der Oberliga gegen Neustrelitz abgesagt und auch auf das Training verzichtet. Die Partie gegen Stralau konnte Makkabi nun mit 4:1 für sich entscheiden. Kapitän Doron Bruck gab nach dem Spiel im Gespräch mit t-online tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt.
t-online: Doron Bruck, war das ein ganz normales Fußballspiel für Sie?
Doron Bruck: Nein, natürlich nicht. Die ganze Woche war ein einziger Albtraum. Wir alle versuchen, uns natürlich trotzdem auf den Fußball zu konzentrieren. Wir wollen uns nicht einschüchtern lassen und ein Zeichen nach Israel senden. Rassismus und Antisemitismus dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Ich hoffe, dass alle auch weiter dahinter stehen.
Finden Sie es gut, dass das Spiel ausgetragen wurde?
Am Ende geht es natürlich um die Fragen, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, ob das Spiel keine extra Gefährdung darstellt und auch keine Einsätze der Polizei bindet, die für andere Zwecke gebraucht werden. Grundsätzlich bin ich natürlich ein Fan davon, so ein Spiel stattfinden zu lassen. Wir sind Sportler und wollen trotzdem versuchen, das normale Leben weiterzuführen.
- Lesen Sie auch: Makkabi-Präsident Meyer prangert Missstände an
Wie ist das, wenn Sie am Stadion ankommen und zwei Polizeistreifen davorstehen?
Dass wir jetzt erst mal unter Polizeischutz spielen werden – das wird leider zur Normalität. Es mag traurig klingen, aber man gewöhnt sich da sehr schnell dran. Dennoch guckt man natürlich schon noch ein bisschen mehr um sich, weil es momentan eine andere Qualität hat. Nicht nur hier, sondern auch das, was in Israel passiert. Das, was man nicht für möglich hätte halten können. Aber es passiert, und deswegen ist man hier eben auch alarmiert.
In Berlin sind in den vergangenen Tagen unschöne Dinge passiert. Unter anderem sollen Davidsterne an Häuserfassaden von jüdischen Anwohnern geschmiert worden sein. Haben Sie mittlerweile Angst, in Berlin zu leben?
Angst ist der falsche Ratgeber. Aber man muss die Situation ernst nehmen. Die Videos, die man sieht, nicht nur aus Berlin, auch aus London, aus Paris oder anderen Städten, geben einem nicht unbedingt mehr Sicherheit. Wir müssen uns bewusst machen: Der Kampf, der geführt wird, ist nicht für Israel, sondern für unsere Menschheit. Es gibt überall auf der Welt Idioten und Menschen, die sich verleiten lassen, falsche Taten zu begehen. Krass ist es vielmehr, dass das nach Europa überschwappt. Ich hoffe, dass der Konflikt sachlich bleibt und wir unser friedliches Miteinander fortführen können.
Würden Sie sich ein Zeichen von der Regierung wünschen?
Die Politik muss das machen, was sie als richtig empfindet. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass sich Olaf Scholz und Kai Wegner so klar positioniert haben. Alles andere ist eben eine Frage der Priorisierung. Ich bin dankbar, dass uns Deutschland unterstützt.
Was hält Sie noch in Berlin?
Gute Frage. Ich war auf dem Weg nach Israel, als das Ganze passiert ist. Fest steht: Ich kann dort im Krieg nicht aktiv helfen. Und ich weiß auch nicht, ob es das Richtige wäre. Wir müssen einfach zeigen, dass auch unser Leben hier weitergeführt wird. Es ist schon mal vor 80 Jahren passiert, dass wir uns durch Antisemitismus haben verdrängen lassen. Wir sollten der Bevölkerung hier und auch der Bevölkerung in Israel zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen und sich die Geschichte nicht wiederholen darf.
Doron Bruck, vielen Dank für das Gespräch.
- Reporter vor Ort