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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Spektakulärer Tresorraub in Berlin Diebe stehlen Uhren im Wert von über zehn Millionen Euro
In Berlin brechen Unbekannte in einen Tresor ein. Exklusive t-online-Recherchen zeigen: Es ist einer der wohl größten Raubzüge der vergangenen Jahre.
Bei dem Raub aus mehreren Schließfächern in einem Tresorraum in der Berliner Fasanenstraße am vergangenen Samstag sind laut t-online-Recherchen alleine von einem Mieter Gegenstände im Wert von mindestens zehn Millionen Euro gestohlen worden. Unter dem Diebesgut befanden sich auch 1.000 Uhren von Watchmaster – einem der größten Akteure Europas im Handel mit zertifizierten und gebrauchten Luxusuhren. Das Unternehmen bestätigte auf Nachfrage der Redaktion, dass die Uhren im Wert von über zehn Millionen Euro aus dem Tresor verschwunden seien. Insgesamt hätten zum Zeitpunkt des Einbruchs etwa 2.200 Exemplare des Händlers in dem Tresor gelagert.
Watchmaster hat neben Boutiquen in London und Paris auch eine Anlaufstelle in Berlin-Charlottenburg. Dort verkauft das Unternehmen gebrauchte Luxusuhren, etwa von Rolex, Omega oder Breitling. Seit mehreren Jahren nutzt das Unternehmen einen Teilbereich des Tresors der vom Raub betroffenen Sicherheitsfirma Vallog GmbH für die Lagerung seiner Uhren.
Brisant: Laut Aussagen von Watchmaster waren die Uhren wohl nicht das vorrangige Ziel der Diebe. Sie hatten es offenbar in erster Linie auf die Schließfächer abgesehen, die sich räumlich abgetrennt von dem Watchmaster-Tresorraum befinden. Was die Räuber hieraus stahlen, ist unklar. Die Beute der Unbekannten könnte also von weitaus höherem Wert als zehn Millionen Euro sein.
Diebe überwinden fast zwei Meter dicke Stahltür
Auch zum Vorgehen der Diebe ist wenig bekannt. Allein den Teilbereich des Tresorraums von Watchmaster aufzubrechen, ist den Angaben des Unternehmens zufolge sehr schwierig. Er sei durch eine 1,75 Meter dicke Stahltür, ein Nebelalarmsystem und mehrere Codes gesichert, so der Watchmaster-CEO Tim-Hendrick Meyer im Gespräch mit t-online. Trotzdem schafften es die Diebe hinein. Eine Tatsache, die zumindest auf ein professionelles Vorgehen der Diebe schließen lässt.
Ein Sprecher von Vallog GmbH wollte keine Angaben zum Ausmaß des Schadens und zu den Sicherheitsvorkehrungen machen. Er erklärte aber, das Unternehmen wolle offen mit dem Vorgang umgehen. Bislang ist Vallog zufolge der Tatort noch nicht freigegeben worden. Das Unternehmen müsse auch Informationen zurückhalten, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Watchmaster-Chef Meyer berichtet, dass die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen bisher sehr positiv verlaufe.
Uhren von 900 Personen gestohlen
Der Uhrenhändler meldete den Verlust am Sonntag bei der Polizei. Lediglich ein Teil der gestohlenen 1.000 Uhren verschiedener Modelle ist Eigentum des Unternehmens. Der Großteil gehöre Kommittenten, Kunden also, die ihre Uhren über Watchmaster verkaufen – mit einer Provision zwischen 15 und 20 Prozent, die an den Händler gehen.
Über 900 betroffene Personen wurden am Mittwoch von Watchmaster nach der Freigabe durch das Landeskriminalamt (LKA) über den Verlust der Uhren per Mail informiert. "Seither sind viele Anrufe eingegangen", so Meyer. "Unsere Kunden würden gerne eine Zahlungssicherung von Watchmaster erhalten. Leider können wir hierzu noch keine Details nennen", sagt er weiter.
Polizei wertet Videomaterial aus
Watchmaster hat nach seinen Angaben bei einer großen deutschen Versicherung einen Versicherungsschutz abgeschlossen, der die Auszahlung der Kommittenten laut Kommissionsvertrag und die Eigenware von Watchmaster schützen soll. Demnach sollte den Besitzern der Uhren kein unmittelbarer Schaden entstehen. Gewinne von Watchmaster seien nicht mitversichert. Dem Unternehmen seien damit Zukunftsumsätze und Marge genommen worden. "Sie können sich vorstellen, dass die letzten 92 Stunden für unser Team unvorstellbar emotional und nervenaufreibend waren", berichtet Meyer.
Auch bei der Vallog GmbH, die damit wirbt, "seriös, sicher und diskret" zu sein, sind es offenbar turbulente Tage. Auf der Homepage heißt es: "Die Versicherungsgesellschaft ist bereits mit der Schadensaufnahme tätig geworden", man werde die Kunden kontaktieren. In einem Vertrag von 2019 zur Vermietung der Schließfächer schriebt das Unternehmen: "Gegen Feuer (Brand, Blitzschlag, Explosion), Vandalismus, bei Einbruchsdiebstahl und Raub innerhalb der Geschäftsräume ist das Schließfach durch den Vermieter mit einer Summe von höchstens 30.000 Euro je Schließfach versichert." Schließfächer gibt es demnach in drei Größen.
Polizei ermittelt gegen tatverdächtige Gruppe
Bei einigen Mietern war die Unruhe und Ungewissheit groß. Am Montag kam es deshalb sogar zu einem Polizeieinsatz vor der ehemaligen Commerzbank, in der sich die Schließfächer und der Tresor befinden. Etwa 40 Personen forderten den Zugang zu ihren Schließfächern. Zwei Mitarbeitende riefen die Polizei, da die Leute aufgebracht gewesen seien. Die vallog GmbH dazu: "Mieter, die über den Vorfall gelesen hatten, wollten in Erfahrung bringen, ob ihr Fach betroffen ist." Am Montag sei der Firma eine Aussage darüber nicht möglich gewesen, der Tatort war durch die Ermittlungsbehörden noch nicht freigegeben.
Nach t-online-Informationen hat die Polizei bereits eine tatverdächtige Gruppe im Visier. Auf Nachfrage hält sie sich zu den Ermittlungen bedeckt. "Sie laufen auf Hochtouren. Wir arbeiten mit Videomaterial, um die Tatverdächtigen zu ermitteln", so eine Sprecherin zu t-online. Der genaue Tatablauf werde derzeit rekonstruiert und anhand der Spurenlage ausgewertet. Aus ermittlungstaktischen Gründen könnten derzeit keine weiteren Angaben gemacht werden, hieß es am Donnerstagmorgen.
- Eigene Recherchen
- Telefonat mit Tim-Hendrick Meyer, CEO von Watchmaster
- Telefonat mit einem Mitarbeiter der vallog GmbH
- Schriftliche Anfrage an die vallog GmbH
- Telefonat mit der Polizei Berlin
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa