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Kriegsschiff "Vasa": Der Untergang von Schwedens Superwaffe


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"Vasa"-Katastrophe
Der Untergang von Schwedens Superwaffe


15.09.2019Lesedauer: 5 Min.
Stockhom: Im Museum bewundern heute zahlreiche Besucher die "Vasa".Vergrößern des Bildes
Stockhom: Im Museum bewundern heute zahlreiche Besucher die "Vasa". (Quelle: dpa)
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Sie sollte das gefährlichste Schiff der Welt werden – und überstand nicht einmal ihre Jungfernfahrt. Die schwedische "Vasa" ist ein Lehrstück dafür, was bei Großprojekten alles schiefgehen kann.

Sie hatte größere Feuerkraft als der gesamte Rest der schwedischen Flotte zusammen und war doppelt so schwer bewaffnet wie die größten Schiffe anderer europäischer Nationen. Doch trotz des Gewichts der vielen Kanonen an Bord wäre sie unter Segeln verdammt schnell gewesen.

Diese Kombination von Geschwindigkeit und Feuerkraft machte sie 20 Minuten lang zur tödlichsten Waffe der Welt. Dann sank die stolze "Vasa", das Flaggschiff des schwedischen Königs Gustav Adolf II. – nach gerade einmal 1.300 Metern ihrer Jungfernfahrt am 10. August 1628 vor dem Hafen von Stockholm.

Katastrophe vor zahlreichen Zuschauern

Es war ein PR-Desaster der Extraklasse. Tausende von geladenen Gästen und Schaulustigen sahen zu, als des Königs Flaggschiff vor ihren Augen versank, darunter auch Botschafter fremder Nationen. Sie hätten eigentlich ihren Vorgesetzten von dem tödlichen Kriegsgefährt berichten sollen, das der schwedische König auf die Weltmeere loslassen wollte. Stattdessen erzählten sie nun an den Höfen Europas davon, wie schnell die Wellen der Ostsee über dem Prestigeobjekt des schwedischen Herrschers zusammengeschlagen waren.

333 Jahre lang lag die "Vasa" in 32 Meter Tiefe, bis sie 1961 mit großem technischen Aufwand geborgen werden konnte – und die Forscher endlich in der Lage waren, die Schuldfrage zu klären. Wer war verantwortlich für den Untergang des Superschiffs? Eine erste Untersuchungskommission hatte kurz nach der Katastrophe den damals bereits verstorbenen Schiffsbaumeister Henrik Hybertsson zum Sündenbock gemacht.

Das war bequem, denn als die "Vasa" unterging, lag er bereits unter der Erde und alle brauchten nur noch mit dem Finger auf seinen Grabstein zu zeigen. Doch in Wahrheit scheiterte das Unternehmen am massiven Kommunikationsdesaster zwischen den am Bau beteiligten Parteien – und an den Ambitionen des Königs.

Wettrüsten an der Ostsee

Der hatte nämlich ein Problem. Und das war sein Cousin Sigismund III., König von Polen. Sigismund war katholisch und stand damit auf der anderen Seite des blutigen Kriegs, der dreißig Jahre (1618 1648) lang durch Europa toben sollte. Und Sigismund hatte sich gerade ein Schlachtschiff bauen lassen, das größer war als alles, was bisher in Skeppsholmen, der schwedischen königlichen Schiffswerft, vom Stapel gelaufen war. Gustav Adolf kam regelmäßig zu Besuch nach Skeppsholmen, wo zu der Zeit gerade an einem großen Schiff für ihn gebaut wurde.

Als er von Sigismunds neuem Supersegler erfuhr, schlug er seinem Schiffsbaumeister Henrik vor, das neue Kriegsschiff doch einfach um ein weiteres Deck aufzurüsten. Dann könne die "Vasa" nicht nur, wie eigentlich geplant, mit 36 Kanonen bestückt werden, sondern mit der doppelten Menge. Was der König nicht wusste: Die doppelstöckige Konstruktion mit den zusätzlichen schweren Bronzekanonen hob den Schwerpunkt nach oben und machte die "Vasa" topplastig. Gleichzeitig drückte das zusätzliche Gewicht den Rumpf tiefer ins Wasser und brachte die Kanonenluken näher an die Wasseroberfläche – eine ungesunde Kombination, wie sich später herausstellen sollte.

Die Mannschaft, die im Dienst von Meister Henrik den Wunsch des Königs umzusetzen hatte, war eine bunte Truppe. In den Wintermonaten arbeiteten rund 150 Männer aus Schweden, Finnland, Dänemark und weiteren Ostseeanrainerstaaten auf der Werft. Im Sommer aber kamen noch einmal so viele Saisonarbeiter dazu, die meisten von ihnen aus Deutschland und den Niederlanden. Kaum waren die Fremden da, begann der Ärger. Sie sprachen eine andere Sprache, waren von anderen Schiffsbaumeistern in anderen Schiffsbautraditionen ausgebildet worden – und bekamen zudem noch doppelt so viel Lohn wie die einheimischen Werftarbeiter.

Babylonische Verwirrung

Schlägereien waren an der Tagesordnung. Obwohl sie das Flaggschiff des schwedischen Königs werden sollte, war auch die "Vasa" ein internationales Projekt: Der Kanonengießer stammte aus der Schweiz, der Segelmachermeister war Schotte und der Oberaufseher über die königliche Schiffswerft, dem auch Meister Henrik unterstand, kam aus Dänemark. Die Crew, die am Rumpf arbeitete, stammte aus Schweden und aus den Niederlanden.

Archäologen fanden an Bord vier Messlatten, zwei für schwedische fot (Fuß) und zwei für amsterdamer voet (Fuß). Der Haken daran: Während ein fot zwölf tum (Daumen) misst, enthält ein voet nur elf duim (Daumen). In Folge der unterschiedlichen Maßsysteme wurde die Backbordseite der "Vasa" deutlich schwerer als die Steuerbordseite.

Die Probleme der "Vasa" waren nicht neu. Detaillierte Konstruktionspläne gab es im 17. Jahrhundert noch nicht. Üblicherweise beugten sich die Schiffsbaumeister immer zunächst den Wünschen ihrer Auftraggeber, um dann später nach den ersten Fahrten am Schiff nachzubessern. Eine zusätzliche Planke hier, ein schwererer Balken dort würden die Probleme schon richten. Als Vizeadmiral Klas Fleming im Sommer 1628 die Werft besuchte, wollte er gerne die "Vasa" in Aktion sehen.

30 Mann wurden an Deck geschickt und rannten auf Befehl als geschlossene Gruppe von einer Seite zur anderen und wieder zurück, um die Stabilität des Schiffes zu demonstrieren. Schon nach dem dritten Lauf aber ließ Fleming den Test eilig abbrechen – zu stark neigte die "Vasa" sich mit jeder Gewichtsverlagerung zur Seite. Egal, der König wollte sein Schiff schwimmen sehen. Für Nachbesserungen würde es schon noch genug Gelegenheit geben.

Blamage für Schweden

Der 10. August 1628 war ein sonniger Tag. Der Wind wehte als leichte Brise aus Südwest, als das stolze Schiff aus dem Hafen geschleppt wurde. Alle Kanonenluken waren geöffnet, um Salut für seine Majestät feuern zu können. Am Hafenausgang angekommen setzten die Matrosen die Segel. Doch kaum traf eine erste Böe das Tuch, neigte die "Vasa" sich bedenklich nach Backbord. Diesmal schaffte sie es noch und richtete sich ächzend wieder auf.

Doch nur wenige Hundert Meter weiter kam eine Lücke zwischen den Felsen, durch die der Wind wie durch einen Kanal hindurch fegte. Als er auf die "Vasa" traf, drückte er sie erneut nach Backbord – und diesmal so weit, dass Wasser in die tief liegenden offenen Kanonenluken eindrang. Der hohe Schwerpunkt zog das Schiff weiter nach unten und binnen Minuten ragte nur noch die oberste Mastspitze aus dem Wasser.

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Kreischend vor Panik hielten sich einige Besatzungsmitglieder daran fest, andere versuchten, zum nahen Ufer zu schwimmen. 30 von ihnen schafften es nicht und verloren an jenem Tag vor dem Stockholmer Hafen ihr Leben.
Immerhin war die "Vasa" so stabil gebaut, dass die Jahrhunderte auf dem Meeresgrund ihr kaum etwas anhaben konnten. Das kalte, sauerstoffarme Wasser sorgte dafür, dass die Schiffswände und Kanonen kaum unter Zersetzung litten, die Hafenverschmutzung verhinderte zusätzlich das Wachstum von Lebewesen, die dem Holz hätten schaden können.


Heute ist die "Vasa" in ihrem eigenen Museum eine der touristischen Hauptattraktionen Stockholms. Hätte König Gustav Adolf gewusst, dass jährlich mehr als eine Million Menschen kommen, um sein Traumschiff zu bewundern – er wäre vielleicht am Ende doch noch stolz auf seine "Vasa" gewesen.

Verwendete Quellen
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