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Nach CIA-Entscheidung: Wie blind ist die Ukraine ohne US-Geheimdienste?


Trump-Anordnung zu Geheiminformationen
Dieser Beschluss könnte schwerer wiegen als ein Waffenstopp

Von t-online, wan

Aktualisiert am 06.03.2025 - 05:45 UhrLesedauer: 3 Min.
Ein ukrainischer Soldat an einem Laptop: Die USA verweigern Kiew nun wichtige Geheimdienstinformationen (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Ein ukrainischer Soldat an einem Laptop: Die USA verweigern Kiew nun wichtige Geheimdienstinformationen (Symbolbild) (Quelle: IMAGO/Smoliyenko Dmytro/Ukrinform/ABACA/imago)
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Die Ukraine bekommt derzeit keine Informationen von amerikanischen Geheimdiensten mehr. Diese warnten bislang vor Angriffen und halfen bei der Zielauswahl.

Die USA verweigern der Ukraine wichtige Geheiminformationen über russische Truppenbewegungen und Ziele. US-Präsident Donald Trump hat angewiesen, die Ukraine erst wieder mit Informationen von Geheimdiensten zu versorgen, wenn Friedensgespräche begonnen haben. Das hat schwerwiegende Folgen.

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Vor wenigen Tagen erst hatte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow sich darüber beklagt, dass die USA der Ukraine Informationen über Russland der Regierung in Kiew zur Verfügung stellen. "Wahrscheinlich in dem Versuch, dem Kreml die informatorischen Voraussetzungen für die Forderung zu schaffen, dass die Vereinigten Staaten die nachrichtendienstliche Unterstützung der Ukraine als Vorbedingung für eine künftige 'friedliche Lösung' einstellen", heißt es in einer Analyse des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW).

CIA-Direktor John Ratcliffe hatte die Entscheidung, den Informationsfluss zu stoppen, in einem Interview mit Fox Business Network am Mittwochmorgen bestätigt. Vier mit dem Vorgang vertraute Personen sagten der Zeitung, dass das Einfrieren der Informationen kurz nach der Unterbrechung der Waffenlieferungen durch die Trump-Administration am Montagabend begann. Nach einem Bericht der "New York Times" habe auch der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz dies bestätigt.

Wichtige Informationen über Ziele fehlen

In den Kriegsgebieten liefern US-Informationen aus Satellitenbildern, elektronischer Überwachung und abgefangener Kommunikation bislang den ukrainischen Kommandeuren aktuelle Informationen über die Bewegungen russischer Truppen. Die ukrainischen Streitkräfte können daher einschätzen, wie sie sich beispielsweise gegen eine russische Offensive verteidigen.

Drohnen der USA über dem Schwarzen Meer haben der Ukraine zum Beispiel wichtige Informationen geliefert, die die Basis für einen Angriff auf den russischen Kriegshafen in Krasnodar waren. Außerdem können die USA früh das Aufsteigen russischer Bomber melden, die sich in Richtung Ukraine aufmachen und deren mögliche Ziele vorherbestimmen.

Jetzt stellen US-Geheimdienste der Ukraine vorübergehend weder weitere Koordinaten möglicher Ziele noch über bevorstehende Drohnen- und Raketenangriffe zur Verfügung. "Alles ist eingestellt", sagte Waleri Kondratuik, ehemaliger Chef des ukrainischen Militärgeheimdiensts HUR der "New York Times". Am schlimmsten für die Ukraine sei, dass man keine Aufnahmen von Militärsatelliten mehr erhalte.

Auch Himars kaum noch einsetzbar

Europäische Partner könnten dies derzeit nicht kompensieren, so Kondratuik. Nach einem Bericht des britischen "Independent" seien zunächst nur Informationen über Ziele in Russland verweigert worden, nicht aber in russisch besetzten Gebieten der Ukraine. Doch später stellte sich heraus, dass der Informationsfluss komplett eingestellt wurde.

Auch die amerikanischen Himars-Raketensysteme sind jetzt kaum noch für weiterreichende Angriffe auf russische Einrichtungen einsetzbar. Sie sind nahe der Front aufgestellt. Ziele, die mehr als 60 Kilometer entfernt sind, werden meist aufgrund amerikanischer Informationen erkannt, berichtet das amerikanische Wirtschaftsmagazin "Forbes".

Dass die Ukraine bald nicht mehr in der Lage ist, ATACMS- und Himars-Schläge gegen russische Luftabwehrsysteme innerhalb Russlands und der besetzten Ukraine durchzuführen, wird sich wahrscheinlich darauf auswirken, wie nah an der Frontlinie russische Piloten zu operieren bereit sind, schätzt das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW). Russlands Fähigkeit zum wirksamen Einsatz von Gleitbomben sowohl gegen Frontgebiete als auch gegen Städte in der Nähe der ukrainischen Rückseite würde erweitert werden.

Außerdem könnte die Intensität russischer Raketen- und Drohnenangriffe zunehmen. Ukrainische Angriffe auf russische Raketen- und Munitionslager haben bisher den Druck auf die ukrainischen Streitkräfte an der gesamten Frontlinie verringert, indem sie die russischen Streitkräfte daran hinderten, ihren Artillerievorteil zu nutzen.

Weiter Druck auf Selenskyj

Die USA haben zahlreiche CIA-Beamte in der Ukraine, so die Zeitung, die der ukrainischen Armee bislang dabei geholfen haben, Satellitendaten auszuwerten und mögliche Ziele zu bestimmen. Dies ist ihnen nun untersagt. Nach Informationen aus politischen Kreisen in den USA soll die Maßnahme der USA weiteren Druck auf Präsident Selenskyj machen, schnelle Friedensverhandlungen anzustreben. Die USA hatten zuvor bereits die Militärhilfe für die Ukraine eingestellt.

Seitens der Demokraten gab es heftige Kritik. "Die Unterbrechung der Lieferung von Waffen an die Ukraine gegen Putins Aggression ist an sich schon unverzeihlich, aber die Vorstellung, dass wir jetzt lebensrettende Informationen von Ukrainern, die kämpfen und sterben, zurückhalten, ist unverzeihlich", sagte der US-Abgeordnete Jim Himes, der im Geheimdienstausschuss des US-Parlaments sitzt. "Jede Unterbrechung des Informationsaustauschs muss sofort beendet werden."

Können europäische Partner helfen?

Während die ukrainische Armee bislang noch auf bestehende Munition und Waffen aus den USA zurückgreifen kann, ist das Aus für Geheimdienstinformationen schwerwiegender. Zwar gibt es nach Informationen von "Politico" auch geheimes Material von europäischen Partnern, fraglich ist aber, ob das ausreicht. Etwa 80 Prozent der Informationen über russische Truppen kommen von ausländischen Partnern, der Großteil aus den USA, so eine Quelle aus der ukrainischen Armee.

Ganz blind ist die Ukraine aber dennoch nicht. So könne man die Daten von Satelliten europäischer Partner ebenso auswerten wie die kommerzieller Anbieter, schreibt der Militärexperte David Axe in "Forbes". Zumindest solange die ukrainische Armee noch Raketen hat.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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