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Pistorius spricht Klartext in Sachen Ukraine: "Es gibt keine Blockade"


Pistorius wirft sich vor Scholz
Minister der Verteidigung

Von t-online, cc

Aktualisiert am 13.01.2025 - 02:13 UhrLesedauer: 4 Min.
Olaf Scholz (SPD, l.) mit dem Beinahe-Kanzlerkandidaten der SPD, Boris Pistorius.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz (SPD, l.) mit dem Beinahe-Kanzlerkandidaten der SPD, Boris Pistorius. (Quelle: Kay Nietfeld/picture alliance/dpa)
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Im Streit über zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine springt Boris Pistorius dem Kanzler bei. Unterdessen erinnert ein anderer die Nato-Staaten an nicht erfüllte Zusagen.

Im Streit über die Bewilligung zusätzlicher Mittel für die Ukraine hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einem Bericht widersprochen, wonach Olaf Scholz (SPD) ein neues militärisches Hilfspaket für das von Russland attackierte Land im Umfang von drei Milliarden Euro blockiere. "Es gibt keine Blockade", sagte Pistorius dem "Tagesspiegel". Allerdings sei die interne Abstimmung der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen. Der Minister wirft sich somit zumindest verbal vor seinen Regierungschef.

Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, dass das Paket bislang am Veto des Kanzleramts scheitere. Demnach hätten Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock, deren Ministerien für die Abstimmung der Militärhilfen federführend zuständig sind, sich bereits Mitte November auf eine "überplanmäßige Ausgabe" zur Stärkung der Ukrainehilfe verständigt. Diese müsste aus dem vorläufigen Haushalt für 2025 finanziert werden. Begründet wird die Notwendigkeit für das Paket mit dem schnellen Vorrücken der russischen Armee in der Ukraine und der teilweise prekären Lage der ukrainischen Truppen dort.

Grüne: "Scholz getrieben vom Wahlkampf"

Pistorius bestätigte, dass es den Plan für ein solches Hilfspaket gebe: "Wir haben im Verteidigungsministerium ein neues Hilfspaket für die Ukraine vorbereitet", sagte er dem "Tagesspiegel". Das weitere Vorgehen müsse jetzt politisch entschieden werden. "Sobald alle Fragen geklärt sind, rechne ich mit einem entsprechenden Beschluss", sagte Pistorius weiter. Das Problem ist, dass ohne die Zustimmung des Kanzleramts eine Verabschiedung der Hilfen nicht durchsetzbar ist. Dort stehe man dem Projekt jedoch kritisch gegenüber, wie der "Spiegel" berichtete. Demnach will der Kanzler den zusätzlichen Ausgaben in Milliardenhöhe noch vor der Bundestagswahl am 23. Februar nicht zustimmen.

Der Haushalts- und Verteidigungspolitiker Sebastian Schäfer von den Grünen kritisierte in der "Süddeutschen Zeitung", bei den neuen Militärhilfen auf Zeit zu spielen, sei angesichts der Lage in der Ukraine "schlicht verantwortungslos". Er warf Scholz vor, dieser blockiere "offenbar getrieben vom Wahlkampf" Geld, "das er im November selbst noch auf den Tisch gelegt hatte".

Aus der Union gebe es positive Signale hierzu, sagte Schäfer. "Insofern kann ich den Bundeskanzler nur auffordern, seine Blockadehaltung in dieser zentralen Frage zu überdenken." Deutschland müsse in dieser komplexen Lage in Europa Führung übernehmen, wenn es um einen Frieden in Freiheit für die Ukraine gehe.

Selenskyj: "Beschlüsse immer noch nicht umgesetzt"

Die "Süddeutsche Zeitung" listete unter Berufung auf ein internes Dokument aus dem Verteidigungsministerium auf, was konkret angeschafft werden soll: drei weitere Iris-Luftverteidigungssysteme, Lenkflugkörper dafür sowie für Patriot-Abwehrsysteme, drei Skyranger-Flugabwehrsysteme, 30.000 Schuss Artilleriemunition, 20 Schutzfahrzeuge, zehn Panzerhaubitzen und 50 Millionen Euro zusätzlich für Drohnen.

Insbesondere die zusätzliche Unterstützung für die Flugabwehr wird von der Ukraine dringend benötigt. In den vergangenen Monaten hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj seine westlichen Bündnispartner regelrecht angefleht, den Schutz des ukrainischen Luftraums voranzutreiben. Angesichts ununterbrochener Bombardierungen der russischen Armee, brauche sein Land dringend mehr Luftabwehrsysteme, so Selenskyj. Erst in der vergangenen Woche hatte das Regime von Wladimir Putin bei einem verheerenden Angriff mit Gleitbomben für Tod und Zerstörung in der Stadt Saporischschja gesorgt. Bei dem Angriff waren mindestens 13 Menschen gestorben und mehr als hundert verletzt worden.

Am Sonntag erinnerte der ukrainische Präsident die Bündnispartner an ihre Zusagen im Hinblick auf Militärhilfen. "Jede Woche geht der russische Krieg nur deshalb weiter, weil die russische Armee weiterhin in der Lage ist, die Ukraine zu terrorisieren und ihre Überlegenheit im Luftraum auszunutzen", sagte Selenskyj in der Messaging-App Telegram. Er forderte die Verbündeten der Ukraine auf, bereits getroffene Vereinbarungen zu erfüllen. "Die auf dem Nato-Gipfel in Washington gefassten Beschlüsse sowie die bei dem Treffen in Ramstein gefassten Beschlüsse über die Luftabwehr für die Ukraine sind noch immer nicht vollständig umgesetzt worden".

Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, das Kanzleramt vertrete die Meinung, es gebe bereits die laufende Hilfe für die Ukraine; das Land könne zudem über ein von den westlichen Partnern beschlossenes 50-Milliarden-Programm auch selbst Waffen einkaufen. Die weitere Hilfe sei außerdem Sache der nächsten Bundesregierung. Drittens sei zum Beispiel bei Iris-T die Produktion ohnehin so ausgelastet, dass kurzfristig gar nicht weitere Systeme zur Verfügung stünden.

Ukraine: Russland setzte mehr als 50.000 Gleitbomben ein

Von Seiten der Bundesregierung war der "Spiegel"-Bericht am Freitag nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert worden. Hilfen für die Ukraine seien "ein ständiges Thema in der Bundesregierung", sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann. Dies seien aber regierungsinterne Abstimmungen.

Bislang ist Deutschland nach den USA der zweitgrößte Unterstützer Kiews (zumindest was die absoluten Zahlen der militärischen Zuwendungen an die Ukraine betrifft). Mit ihrem Vorhaben für eine überplanmäßige Ausgabe aus dem bislang noch vorläufigen Bundeshaushalt würden Pistorius und Baerbock die starke Position Deutschlands an der Seite der Ukraine festigen und damit auch ein Signal an die Bündnispartner senden.

Wie dramatisch die Lage fast drei Jahre nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs für die Menschen in der Ukraine ist, zeigt auch ein Bericht der Vereinten Nationen (UN). So kamen alleine im vergangenen Jahr 2.064 Zivilisten durch russische Angriffe um (2023: 1.971 Tote), 9.089 weitere wurden verletzt (2023: 6.026 Verletzte). Der Anstieg der Opferzahl sei größtenteils auf den verstärkten Einsatz von russischen Gleitbomben zurückzuführen, hieß es in dem Bericht der UN-Beobachtermission weiter.

Nach ukrainischen Angaben setzte das Putin-Regime bereits mehr als 51.000 Gleitbomben seit Beginn des Krieges ein. Etwa 40.000 davon im vergangenen Jahr, hauptsächlich auf Stellungen der ukrainischen Armee und frontnahe Siedlungen, schrieb die ukrainische Luftwaffe bei Telegram.

Verwendete Quellen
  • Vorabmeldung des "Spiegel"
  • Vorabmeldung des "Tagesspiegel"
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters

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