Soldaten ans Kreuz gefesselt Schwere Vorwürfe gegen ukrainische Brigade
Ein ukrainischer Kommandeur wurde in Untersuchungshaft genommen. Ihm wird Amtsmissbrauch vorgeworfen, in seiner Einheit soll es auch Erpressungen gegeben haben.
Ein Skandal erschüttert derzeit die ukrainischen Streitkräfte. Es geht um mutmaßliche Folterungen, Korruption und Vetternwirtschaft. Im Zentrum steht die Führung der 211. Brückenbau-Brigade. Ihr Kommandant wurde festgenommen. Oberst Oleg Poberezhnyuk wird unter anderem Amtsmissbrauch vorgeworfen. Die Festnahme folgt nach einem Bericht der "Ukrainska Pravda", die zuerst über Missstände in der Brigade berichtet hatte.
In der Recherche wird unter anderem von einem Soldaten berichtet, der verstört nach Hause gekommen war. Als Kameraden ihn besuchten, sei er blass gewesen, ausgemergelt und verängstigt. Er habe geschrien, er werde nicht zurück zu seiner Einheit gehen, weil er dort den Tod fürchte. Den habe man ihm angedroht, wenn er nicht dem Sohn des Generalstabschefs Geld gebe.
Es soll sich bei dem Sohn um Wladyslaw Pastukh handeln. Der Missbrauch von Soldaten sei bei Routinechecks entdeckt worden, schreibt die ukrainische Nachrichtenseite. Doch statt Bestrafungen der Schuldigen seien alle Beteiligten versetzt worden.
Familienbande in der Brigade
Die "Ukrainska Pravda" begann vor zwei Monaten mit ihren Recherchen. Dabei befragten sie mehrere Opfer des Mobbings, die meisten wollten anonym bleiben. Ein Ergebnis: Die vermeintlichen Täter wurden sogar befördert, die Opfer zur Infanterie geschickt.
Die 211. Brückenbau-Brigade ist keine kämpfende Einheit, sondern errichtet Brücken und befestigt Verteidigungsstellungen. Viele Mitglieder sollen an einer Ingenieursschule einen Abschluss gemacht haben. Die Liste der Brigaden-Mitglieder hat aber offenbart, dass es auffällig viele Familienbindungen gibt. So soll die Frau eines Generals an der Ingenieurschule arbeiten. Sie seien aber in unterschiedlichen Abteilungen der Brigade untergebracht. Aus einer Familie ist der Chef des Generalstabs der Brigade gekommen, sein Sohn ist ein Bataillonskommandant.
Bei einer Routinekontrolle zum Alkoholkonsum der Soldaten kam dann zum Vorschein, dass einige Unterlagen fehlten. Chef der Einheit war zu diesem Zeitpunkt Walery Pastukh.
Soldaten sollen verprügelt worden sein
"Bei der Dienstüberprüfung sagten mir die Soldaten, dass man bis zu 20.0000 Hrywnja (500 Euro) an die Person zahlen müsse, die den Verstoß entdeckt habe, damit kein Bericht gegen einen erstellt werde", sagt Tymofiy Ostafiychuk, ein Offizier der Abteilung für psychologische Unterstützung des Personals, der damals in der 211. Brigade diente. "Ich habe auch viele illegale Vorfälle festgestellt, darunter das Verprügeln von Soldaten, wenn sie Alkohol tranken, aber kein Geld bezahlten. Die Hauptverantwortlichen für die Misshandlung der Soldaten waren Stabschefs Waleri Pastukh und sein Sohn Wladyslaw, Patensohn von Brigadegeneral Poberezhnyuk", sagte er.
Mehrere Soldaten haben in schriftlichen Erklärungen bestätigt, dass Wladyslaw Pastukh sie finanziell erpresst und körperlich misshandelt habe. Unter anderem seien sie an ein Holzkreuz gefesselt worden. Ein Foto zeigt sogar Pastukh vor einem solchen Kreuz mit einem Soldaten. Als der Vorfall ans Tageslicht kam, sei er versetzt worden, sein Vater habe dem Soldaten eine Entschädigung gezahlt. Darüber soll es sogar eine Quittung geben.
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Am 10. September 2024 befand das Bezirksgericht Husyatyn der Oblast Ternopil Pastukh Senior der Vernachlässigung seiner Pflichten für schuldig. Er zahlte die Höchststrafe von 34.000 Hrywnja (etwa 800 Euro). Und in der Phase der vorgerichtlichen Untersuchung entschädigte er den Staat für Schäden in Höhe von fast 140.000 Hrywnja (3.200 Euro).
In einem anderen Fall sollen Soldaten der Brigade abgezogen worden sein, um ein Haus für den Kommandanten Oleg Pobereschnyuk zu bauen. Sie hätten aber weiterhin auch ihre Gefahrenzulage für den Dienst an der Front erhalten.
Vier Tage nach den Veröffentlichungen gab die ukrainische Staatsanwaltschaft bekannt, dass Pobereschnyuk in Haft genommen worden sei. Das Gericht in Ternopil legte eine Kaution in Höhe von 21.000 Euro fest. Man wolle die Vorfälle in der Brigade untersuchen, hieß es. Bisher sind keine Ermittlungen gegen Wladyslaw Pastukh bekannt geworden
- pravda.com.ua: "Президентські вибори 2024: що зміниться після грудневого туру?" (ukrainisch)
- ukrinform.net: "Commander of 211th Pontoon Bridge Brigade to be held in custody" (englisch)