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Russland: Frieden in der Ukraine? Putin schickt eine klare Botschaft


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Frieden in der Ukraine?
Putin sendet eine klare Botschaft


04.12.2024 - 19:04 UhrLesedauer: 5 Min.
Wladimir Putin: Bislang lässt der russische Präsident kaum Zweifel zu, dass er seinen Krieg in der Ukraine weiterführen möchte.Vergrößern des Bildes
ladimir Putin: Bislang lässt der russische Präsident kaum Zweifel zu, dass er seinen Krieg in der Ukraine weiterführen möchte. (Quelle: Valery Sharifulin/reuters)

In Deutschland gewinnt die Debatte über einen Frieden in der Ukraine an Fahrt, sogar über deutsche Friedenstruppen wird gestritten. Während der Westen diskutiert, bereitet Wladimir Putin einen noch längeren Krieg vor.

Es muss ein unvorstellbarer Schrecken für viele junge Russinnen und Russen gewesen sein. Sie wollten am Wochenende in einem Moskauer Nachtclub mit Freunden Spaß haben, trinken und tanzen. Doch plötzlich verstummte die Musik, die Polizei stürmte herein, alle Gäste mussten auf die Knie.

Videoaufnahmen zeigen, wie Sicherheitskräfte einige von ihnen anschreien. Die Behörden durchsuchten an diesem Abend insgesamt drei Diskotheken nach jungen Männern und sollen einige direkt in russische Rekrutierungsbüros gebracht haben.

Die Männer hatten einen Clubabend geplant, nun landen sie vielleicht im Krieg in der Ukraine oder in der russischen Provinz Kursk.

Video | "Es war furchtbar" – Russische Polizei stürmt Nachtclub
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Quelle: t-online

Eigentlich war es lange das Ziel des Kremls, den Krieg aus Moskau fernzuhalten. Denn in der russischen Hauptstadt lebt die Machtelite, die Geld und Einfluss hat. Sollte Russland die Söhne dieser Familien nun für den Kriegsdienst einziehen, wäre das ein Risiko für Putin.

Dass Kremlchef Wladimir Putin nun auch in der russischen Hauptstadt mit Gewalt rekrutieren lässt, ist ein Zeichen dafür, wie angespannt die Personallage in der russischen Armee ist. Dem russischen Präsidenten geht langsam sein Kanonenfutter aus, nach vielen Kriegsmonaten, in denen laut Nato-Angaben täglich mehr als 1.000 russische Soldaten verletzt oder getötet wurden.

Die Razzien in den Moskauer Clubs sind nur ein Indiz dafür, dass die russische Führung nicht mit einem schnellen Ende des Krieges rechnet. Doch während der Kreml sich auf einen noch längeren Konflikt in der Ukraine vorbereitet, wird in westlichen Ländern über Waffenstillstände und mögliche Friedenstruppen debattiert. Dabei machte Putin erneut kein Geheimnis daraus, dass er aktuell keinen Frieden möchte.

Deutsche Soldaten in der Ukraine?

Die Debatte über mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine ist nicht neu. Schon lange wird über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft oder über Friedenstruppen diskutiert, die nach einem möglichen Verhandlungserfolg zwischen Kiew und Moskau den Frieden sichern könnten.

Eines liegt auf der Hand: Ein Friedensschluss in der Ukraine sollte aus ukrainischer und westlicher Perspektive in jedem Fall beinhalten, dass Russland nicht in ein paar Jahren erneut angreifen kann, um sich weitere ukrainische Gebiete zu sichern.

Wie Putin von weiteren Angriffen abgehalten werden soll, wird im Westen seit dem Jahr 2022 diskutiert. Der französische Präsident Emmanuel Macron brachte Anfang 2024 Friedenstruppen aus Nato-Staaten ins Gespräch. Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) wollte beim Treffen der Nato-Außenminister am Mittwoch in Brüssel eine internationale Präsenz zur Absicherung eines Waffenstillstands nicht ausschließen. Auf die Frage nach einer möglichen Rolle Deutschlands sagte sie, man werde natürlich alles, was dem Frieden in der Zukunft diene, "von deutscher Seite mit allen Kräften unterstützen".

Spannend ist diese Aussage vor allem deshalb, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) deutsche Soldaten in der Ukraine ausgeschlossen hatte. "Um es klipp und klar zu sagen: Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer Bundeswehr in die Ukraine entsenden", erklärte er in einer Videobotschaft im Februar 2024. "Das gilt. Darauf können sich unsere Soldatinnen und Soldaten verlassen. Und darauf können Sie sich verlassen." Und auch am Mittwoch im Bundestag widersprach er seiner Außenministerin vehement: Es sei "ganz unangemessen", jetzt darüber zu spekulieren, was genau nach dem Ende des Krieges passiere.

Somit stellt sich also eine Frage: Sind die Debatten über deutsche Friedenstruppen lediglich spekulativ oder weitsichtig, mit Blick auf eine Zeit nach dem Krieg?

Baerbock verfolgt in jedem Fall mit ihrem Vorstoß eine Doppelstrategie: Einerseits geht es ihr um strategische Ambiguität. Putin soll eben nicht immer direkt erfahren, welche Optionen auf dem Tisch liegen und welche nicht. Außerdem sollen die Europäer mental darauf vorbereitet werden, dass auch sie zukünftig eine Rolle bei den Friedenssicherungen spielen müssen.

Doch ob diese Strategie aufgehen wird, ist zweifelhaft. Schon Macrons strategische Ambiguität war gescheitert, weil er sich aus dem Kanzleramt empörte Reaktionen einfing, nachdem er Nato-Truppen in der Ukraine nicht ausschließen wollte. Das zentrale Problem dieser Debatte: Sie führt nirgendwo hin, solange führende europäische Staaten sich nicht auf einen Kurs einigen können. Und solange sie nirgendwo hinführt, kostet der Streit darüber Energie.

Kreml lehnt Verhandlungen erneut ab

Außerdem suggeriert die Debatte über mögliche deutsche Soldaten zur Friedenssicherung in der Ukraine, dass Verhandlungen und ein Waffenstillstand in greifbare Nähe gerückt seien. Doch genau das ist nicht der Fall. Vielmehr adressiert der gegenwärtige Streit den vierten Schritt vor dem ersten.

Putin hat deutlich gemacht, wie er aktuell zu einem Friedensprozess steht. Seinem Sprecher Dmitri Peskow zufolge gibt es noch keinen Grund für Verhandlungen über die Beendigung des Krieges in der Ukraine. Das sagte er der Zeitung "Iswestija". "Viele Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, ihr Territorium (Anm. d. Red.: für Verhandlungen) zur Verfügung zu stellen. Und wir sind allen Ländern für diesen guten Willen dankbar, auch Katar."

Das zeigt zweierlei: Einerseits reagiert der Kreml schon auf die internationalen Diskussionen und die Forderungen nach Friedensverhandlungen, weil der Druck auf Putin mit jedem Land, das sich als Vermittler ins Gespräch bringt, natürlich wächst. Aber das ist nicht entscheidend, weil höchstens Länder wie China oder vielleicht noch Indien wirksamen Druck auf Russland erzeugen können – und weder Peking noch Delhi legen dem russischen Präsidenten mit Blick auf Frieden in der Ukraine die Daumenschrauben an.

Auch deshalb versucht Putin die russischen Gewinne in dem Krieg zu maximieren, bis Donald Trump im Januar zum US-Präsidenten vereidigt wird. Aber selbst dann wird Russland wahrscheinlich erst einmal auf Zeit spielen, Putin könnte mögliche Gespräche verzögern. Denn auch die russische Führung weiß bisher nicht, was sie von Trump zu erwarten hat. Zwar ist die aktuelle Lage auch für Russland schwierig, die Wirtschaft schwächelt, die Inflation steigt und Putin muss in der Bevölkerung immer mehr Menschen für den Krieg mobilisieren.

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Russland rüstet weiter auf

Doch Russland hat noch immer größere Reserven als die Ukraine, auch weil der Kreml mittlerweile Soldaten aus Ländern wie Nordkorea rekrutiert und ohnehin von anderen Diktaturen mit Waffen und Munition versorgt wird. Und das ist das zentrale Problem.

Im Westen besteht zum Teil die Hoffnung, dass die russische Führung sich aufgrund der eigenen Probleme und Trumps Unberechenbarkeit schon bald auf Verhandlungen einlassen wird. Doch dafür gibt es kaum Anzeichen, im Gegenteil: Im Jahr 2025 werden sich die russischen Militärausgaben auf 13,5 Billionen Rubel (mehr als 145 Milliarden US-Dollar) belaufen, eine enorme Summe. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 waren es noch 109 Milliarden US-Dollar. Putin verstärkt also noch einmal seine Anstrengungen, wahrscheinlich in der Hoffnung, doch noch einen Regimewechsel in Kiew herbeiführen zu können.

Das wird für die Ukraine zum Problem. Denn je größer das Ungleichgewicht im Krieg zwischen Verteidiger und Invasoren zugunsten Russlands wird, desto schwieriger wird es werden, Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen. Deutsche Friedenstruppen oder Soldaten zur Friedenssicherung aus anderen Ländern könnten zwar zu einem nachhaltigen Frieden beitragen, weil Putin hoffentlich nicht auf sie schießen lässt. Aber in diesem Szenario müsste es die Ukraine in ihrer jetzigen Form noch geben – und das ist mit Blick auf die aktuelle militärische Lage keinesfalls sicher.

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