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Ukraine-Krieg: Putin im Glück, China kommt aus der Deckung


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Krieg in der Ukraine
China atmet auf


18.09.2024Lesedauer: 5 Min.
Putin und XiVergrößern des Bildes
Wladimir Putin und Xi Jinping (Archivbild): China hält Russland im Ukraine-Krieg den Rücken frei. (Quelle: imago-images-bilder)

Russland erhöht den Kriegsdruck auf die Ukraine. Während Wolodymyr Selenskyj erfolglos im Westen um Waffen bittet, bekommt Wladimir Putin Hilfen aus China und dem Iran. Das könnte Folgen für mögliche Friedensverhandlungen haben.

Niemand möchte auf der Seite des Verlierers sein, das gilt insbesondere für Akteure in der internationalen Politik. Vor diesem Hintergrund löste Wladimir Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 auch bei seinen Verbündeten große Irritationen aus. In China wundert man sich bis heute, dass Russland seiner Selbstdarstellung als militärische Großmacht nicht gerecht wird und den Krieg nicht schnell gewinnen konnte. Ex-Sowjetrepubliken wie Kasachstan gingen auf Distanz zu Putin, auch um ihre eigene Souveränität zu unterstreichen.

Zu Beginn des russischen Angriffskrieges schien Putin weitestgehend international isoliert zu sein, erhielt nur öffentliche Unterstützung von Paria-Staaten wie Nordkorea oder dem Iran, die ohnehin nicht viel zu verlieren hatten. Doch das Blatt hat sich für Moskau mittlerweile gewendet.

Deutlich wurde das auch beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Kasachstan zu Wochenbeginn, bei dem Präsident Kassym-Schomart Tokajew zu schnellen Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg aufrief. "Eine weitere Eskalation des Kriegs führt zu irreparablen Folgen für die ganze Menschheit und in erster Linie für alle Länder, die direkt an dem russisch-ukrainischen Konflikt beteiligt sind", sagte er. "Es ist Fakt, dass Russland in militärischer Hinsicht unbesiegbar ist."

Tokajew hat Putin in den vergangenen zwei Jahren Putin gleich mehrfach vor den Kopf gestoßen, indem er bei bilateralen Gesprächen Kasachisch sprach oder weil er Russland die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk verweigerte.

Nun also die kasachische Kehrtwende – und sie steht sinnbildlich für die aktuelle Entwicklung im Ukraine-Krieg.

Einerseits gewinnt die russische Armee im Donbass immer mehr ukrainisches Land, drängt die Verteidiger immer weiter zurück. Andererseits erscheinen auch die mittelfristigen Aussichten für Putin in dem Abnutzungskrieg als gut. Der Westen zögert, während Russland von seinen Verbündeten Unterstützung erhält, wenn es sie braucht. Ein Zustand, der den Erfolg von möglichen Friedensverhandlungen erschweren könnte.

Westliche Kriegsziele sind in Gefahr

Irgendwann werden Russland und die Ukraine über einen möglichen Frieden verhandeln. Die Frage ist lediglich, unter welchen Bedingungen diese Gespräche stattfinden werden. Das Ziel der westlichen Unterstützer war stets, dass Kiew aus einer Position der Stärke verhandeln kann. Es sollte für die Ukraine kein Diktatfrieden werden, der es Putin in einigen Jahren ermöglichen wird, das Land erneut anzugreifen und womöglich ganz zu unterwerfen.

Doch ebendieses Ziel ist aktuell in Gefahr.

Es fehlt der Ukraine aktuell wieder an allem. Ausrüstung für die Soldaten, Munition, aber vor allem Panzer und anderes schweres Gerät. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte in einem Gespräch mit dem bekannten US-Journalisten Fareed Zakaria zu Wochenbeginn: "Wir müssten 14 Brigaden ausrüsten, können aber von den bisher gelieferten Waffen gerade einmal 4 Brigaden ausrüsten." Und weiter: "Wir haben alles gegeben, was wir in Reserve hatten, sowohl in Depots als auch bei Reserve-Einheiten."

Es geht nicht darum, dass Russland diesen Konflikt in diesem Jahr noch gewinnen könnte, sondern um die mittelfristige Verteidigungsfähigkeit der Ukraine. Experten rechnen damit, dass sich allein die Kämpfe um den Dombass noch bis zu zwei Jahre hinziehen könnten.

Aber es geht in diesem Abnutzungskrieg eben darum, welche Seite über einen größeren Zeitraum mehr Soldaten, militärisches Gerät und Munition bereitstellen kann – und hier liegt das Problem.

Verantwortung liegt in den Händen der USA

Die europäischen Unterstützer der Ukraine haben es in den vergangenen zwei Jahren versäumt, ihre Produktionskapazitäten zu erhöhen, während gleichzeitig kaum noch militärisches Gerät aus sowjetischer Produktion auf den Weltmärkten eingekauft werden kann. Hinzu kommt, dass die haushaltspolitische Entwicklung in Deutschland es der Bundesregierung immer schwieriger macht, Gelder für die Ukraine-Unterstützung bereitzustellen. Und die Bundesrepublik ist der größte Geldgeber in Europa.

Deshalb liegt die Verantwortung für die westliche Unterstützung der Ukraine nun umso mehr in den Händen der Amerikaner – und auch aus den USA kommen keine eindeutigen Signale. Die USA befinden sich mitten in einem Präsidentschaftswahlkampf, in dem der republikanische Herausforderer Donald Trump gegen die hohen Kosten der amerikanischen Unterstützung wettert und den Konflikt im Allgemeinen als europäisches Problem sieht. Auch deswegen äußern sich US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris zurückhaltend über weitere Hilfspakete.

Im September wird Selenskyj in Washington einen Siegesplan vorstellen. Dabei geht es darum, Putin irgendwie an den Verhandlungstisch zu zwingen. Das funktioniert jedoch nur, wenn vor allem die Amerikaner mehr militärische Güter liefern und es der ukrainischen Armee gleichzeitig erlauben, diese auf russischem Staatsgebiet einzusetzen, um Moskau unter Druck zu setzen.

Doch auch hier ist die Biden-Administration durchaus vorsichtig. Die Gründe dafür sind unklar. Eventuell haben die USA die Drohungen von Putin registriert, der darin eine direkte Kriegsbeteiligung der Nato sieht. Als wahrscheinlicher gilt jedoch, dass die US-Regierung sich zunächst einmal davon überzeugen möchte, ob weitere große Investments überhaupt lohnenswert sind.

Will Putin überhaupt verhandeln?

Der Westen lähmt sich mit Blick auf die Ukraine also erneut selbst, obwohl er als Kollektiv über größere finanzielle Möglichkeiten als Russland verfügt. Für Putin ist das ein immenses Kriegsglück.

Der Kremlchef betonte bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi am Donnerstag offenbar, dass er einen "Sechs-Punkte-Plan" unterstütze, den Brasilien und China für eine Beendigung des Ukraine-Krieges im Frühsommer vorgelegt hatten. Aber das war eigentlich keine Überraschung, denn Putin kann es sich nicht leisten, China öffentlich vor den Kopf zu stoßen. Deswegen betont er stets, wie sehr er die chinesischen Bemühungen begrüßt, ohne jedoch einen Kurs in Richtung Frieden zu setzen.

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Im Gegenteil, Russland rüstet weiter auf. Putin hob zum dritten Mal seit Beginn des von ihm befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Truppenstärke seiner Streitkräfte an. Die Zahl der beim Militär Beschäftigten solle ab Dezember bei 2,389 Millionen Menschen liegen, darunter 1,5 Millionen Soldaten, hieß es in einem Dekret des Präsidenten. Zu Kriegsbeginn 2022 lag die Zahl der Soldaten in Russland bei etwas mehr als einer Million.

Auch die Kapazität der russischen Kriegsproduktion hat der Kreml erhöht, und dort, wo es Probleme gibt, springen die Verbündeten China und der Iran ein. So liefert Teheran Raketen nach Russland und Peking stellt laut Berichten den Motor der neuen russischen Langstrecken-Angriffsdrohne Garpiya-A1 (Harpyie auf Englisch) her.

Das zeigt die chinesische Doppelstrategie. Der chinesisch-brasilianische Friedensplan verlangt Russland eigentlich kaum Zugeständnisse ab: China und Brasilien sprechen sich für eine Friedenskonferenz aus und rufen beide Seiten dazu auf, Angriffe auf Zivilisten zu vermeiden. Dabei ist es durchaus widersprüchlich, dass Peking die Herstellung von russischen Drohnen unterstützt, mit denen der Kreml gezielt zivile Infrastruktur in der Ukraine bombardieren lässt. Die chinesische Führung wagt sich damit lediglich aus der Deckung, weil auch in Peking zunehmend die Zuversicht wächst, dass Putin den Krieg gewinnen kann.

In diesem Fall kann die chinesische Führung aufatmen, weil sie um jeden Preis eine Destabilisierung Russlands durch eine Schwächung Putins verhindern möchte.

Ob Russland oder China derzeit ein ernsthaftes Interesse an einer erfolgreichen Friedenskonferenz haben, ist indes völlig unklar. Auf der Hand liegt lediglich, dass Russland wahrscheinlich nicht den diplomatischen Erfolg einer Friedensverhandlung westlichen Ländern wie Deutschland überlassen würde.

Putin könnte aber auch Vertreter zu einer Konferenz schicken und gleichzeitig die Kämpfe fortführen. Er könnte sich durch die gegenwärtigen Entwicklungen in dem Krieg dermaßen gestärkt fühlen, dass er sein Maximalziel – die Unterwerfung der Ukraine – erreichen kann. Fest steht: Putin geht es vorrangig um Macht, eben nicht um Frieden.

Somit könnte die erneute Schwächephase des Westens bei der Unterstützung der Ukraine auch die Chance auf einen erfolgreichen Friedensprozess verringern. Oder wie Putin es in einem Interview im März selbst formulierte: "Sollen wir verhandeln, nur weil denen jetzt die Munition ausgeht?" Für ihn wäre das "lächerlich".

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