Angriffe aus der Ukraine Putins Luftwaffe tritt wohl den Rückzug an
Russland verlegt nach Attacken wohl seine Flugzeuge von grenznahen Flughäfen. Doch Putin verfolgt eine weitere Taktik.
Die russische Schwarzmeerflotte hatte den Anfang gemacht. Nach ukrainischen Angriffen auf das Hauptquartier auf der Krim und auf mehrere Kriegsschiffe verlegte das russische Militär die meisten Boote in sichere Häfen östlich der Krim. Jetzt zieht offenbar auch die Luftwaffe nach.
In den vergangenen Wochen waren immer wieder russische Militärflughäfen Ziel ukrainischer Drohnen- und Raketenangriffe gewesen. Einige der Flugplätze lagen weit im Hinterland. Zuletzt soll ein russischer Superbomber auf der Luftwaffenbasis Olenya in der Region Murmansk zerstört worden sein. In der Nacht zum Samstag brannten nach einem ukrainischen Drohnenangriff auf einem Flughafen in der russischen Region Rostow Öldepots und Lagerhallen.
Analysten: Russland agiert präventiv
Nach einem Bericht des britischen "Telegraph" hat der Kreml nun zum Rückzug geblasen. In den vergangenen Wochen habe die russische Luftwaffe viele ihrer Kampfflugzeuge von Stützpunkten in der Nähe der Ukraine abgezogen und diese auf Stützpunkte verlegt, die weiter von der Grenze entfernt sind, heißt es in dem Bericht.
Hintergrund sind nicht nur die bisher erfolgten ukrainischen Angriffe. "Anders als in der Vergangenheit agiert Russland jetzt eher präventiv als reaktiv", erklärte die ukrainische Analysegruppe "Frontelligence Insight" in ihrem Newsletter, auf den sich der "Telegraph" bezieht. Damit wird auf die mögliche Ausweitung von Raketenangriffen angesprochen. Bislang ist die Reichweite westlicher Waffen beschränkt. Aber offenbar rechnet man in Russland damit, dass diese Beschränkungen irgendwann aufgehoben werden.
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Satellitenaufnahmen zeigen Verlegungen
Die Analysten von "Frontelligence Insight" haben vor Kurzem kommerzielle Satellitenbilder ausgewertet und dabei große Veränderungen festgestellt – einschließlich der Verlegung von Kampfbombern der russischen Luftwaffe von Grenzflugplätzen. Besonders bemerkenswert: Der Luftwaffenstützpunkt Woronesch-Malschewo im Süden Russlands, etwa 209 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Dort standen noch im Juni Dutzende Su-34-Jets, die mit Gleitbomben ausgestattet waren. Sie befanden sich in Reichweite der amerikanischen ATACMS-Raketen. Doch offenbar durfte Kiew sie nicht gegen den Flughafen einsetzen.
Russland will offenbar nicht darauf warten, dass der Westen seine Meinung ändert und auch Attacken weiter im Hinterland zulässt. Die Sukhoi-Kampfjets seien jetzt zurückgezogen worden, auf Flugplätze außerhalb der Reichweite von ATACMS und den britisch-französischen Storm Shadow. Ganz sicher sind die russischen Jets aber nicht: Die Ukraine hat ein großes Arsenal an selbst entwickelten Drohnen, die eingesetzt werden können.
Neue Taktik soll Risiko verringern
Offenbar, so "Frontintelligence Insight", reagiert Russland aber auch darauf bereits: Statt die Bomber und Kampfjets an wenigen Flughäfen zu konzentrieren, werden sie auf kleinere Flugfelder verteilt. Das erhöht wiederum den Aufwand für die Ukraine, die nun mehrere Ziele anvisieren muss.
Die russische Verlegung birgt aber für Moskau ein Problem: War es bislang möglich, in kurzer Zeit Jets aufsteigen zu lassen, das Ziel zu bombardieren und dann schnell zurückzukehren, müssen jetzt längere Flugzeiten in Kauf genommen werden. Und jede Sekunde länger in der Luft bedeutet mehr Zeit für die ukrainische Luftabwehr, den Angriff zu erkennen.
Mit dem Rückzug dürften die russischen Flugzeuge zunächst auch außer Reichweite der F-16-Kampfjets sein, die sich bereits in der Ukraine befinden sollen. Doch sobald sie sich dem ukrainischen Territorium nähern, dürfte der Vorteil verloren sein. Der Kampf um die Lufthoheit im Ukrainekrieg ist somit noch lange nicht beendet.
- telegraph.co.uk: "Russian air forces pull back from Ukraine" (englisch)
- frontelligence.substack.com: "Russians Don’t Wait for Western Approval: Valuable Military Assets Shifted Deeper into Russia" (englisch, kostenpflichtig)